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Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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Gesicht. „Es sei denn…“, sie stockte, ordnete ihre Gedanken, schluckte ihre plötzliche Aufregung hinunter. „Es sei denn, er war gar nicht der Letzte.“
    Emma schauderte unvermittelt. Selbst Ben wurde unbehaglich zumute. Nur fasste er sich am schnellsten wieder. „Und er wusste es. Oder er meinte es zu wissen und wollte auf Nummer sicher gehen. Jedes Risiko vermeiden.“
    „Ja, gut, aber Himmel Herrgott, warum erst jetzt?“, rief Emma ungeduldig aus.
    „Weil er vielleicht erst jetzt Gewissheit hatte“, gab Ben zur Antwort.
    Emma reichte das nicht aus. In ihr regte sich ein alter Gedanke, der realistischer schien, denn je. Von den Spielchen hatte sie die Nase gestrichen voll. Sie wollte Antworten. Endlich Klarheit. Und wenn sie jetzt die Gelegenheit nicht am Schopf packte, wann sollte sie es dann tun? „Alice? Es ist Zeit für die Wahrheit. Keine Ausflüchte mehr.“ Emma sah Alice fest in die Augen. „Wer ist Bens Vater? Ist er es? Ist es Martin Reich?“
    Einen kurzen Moment lang sahen sich die beiden Frauen schweigend an. Emma konnte Alices inneren Kampf förmlich spüren. Und sie fühlte noch etwas anderes. Alices Widerstand liess nach. Bis sie schliesslich aufgab. „Nein. Er ist es nicht. Ganz sicher nicht.“
    „Wer ist es dann?“, hakte Emma nach.
    Resigniert wanderte Alice Blick von Emma zu Ben. „Ruben.“
    Wäre ihr Mund nicht so ausgetrocknet gewesen, hätte sich Emma wohl verschluckt. „Wie bitte?“
    „Du hast richtig gehört. Der Schürzenjäger Ruben.“
    Ben zeigte keine Reaktion. Also übernahm Emma das Fragen.
    „Miriams Ehemann?“
    „Nein. Miriams Lebenspartner.“ Der Damm war gebrochen. Auf einmal quollen die Worte nur so aus Alice heraus. „Sie waren nicht verheiratet. Aber zusammenleben ohne Eheschein in der damalig konservativen Welt lag nicht drin. Also machten sie alle glauben, sie wären die Ehe eingegangen. Es gab nur eine, die das wusste. Rubens frühere Freundin. Die Frau, die eigentlich seine Ehefrau hätte werden wollen. Sie war so unsterblich verliebt, dass sie nicht einmal mit ihm brach, als er sich Miriam zuwandte. Er tat es des Geldes wegen. Obwohl er ohne Hochzeit nicht erben würde, lebte er in der Zeit doch in Saus und Braus und bekam mit Erwins Vieh und mit dessen Alp eine gute Basis sich selbst ein anständiges Vermögen zu erarbeiten. Seiner Verflossenen sagte er immer, wenn er erst genug habe, würde er Miriam in den Wind schiessen und sie ehelichen. So hielt er die Unglückliche warm. Aber soweit kam es nie. In einer ziemlich einsamen Nacht endeten Ruben und ich alleine in der Küche des Reichhofs. Wir waren beide aus unterschiedlichen Gründen verdammt frustriert und ertränkten unseren Frust gemeinsam in einer Flasche Schnaps. Den Rest muss ich wohl nicht erörtern. Jedenfalls wurde ich schwanger. Als ich das bemerkte, brauchte ich jemanden zum Reden. Ich dachte, sie wäre ihm nicht mehr zugetan, also wandte ich mich an sie. Meine damals beste Freundin. Ich sagte anfangs nicht, wer mich geschwängert hatte, aber sie ahnte es bereits. Im Gegenzug weihte sie mich in ihr Geheimnis ein. Und in seins.“
    „Sie hat dir von ihrer Affäre mit Ruben erzählt und davon, dass er überhaupt nicht verheiratet ist? Das hat sie dir anvertraut, obwohl sie von dir erfahren hatte, dass er sie nicht nur mit Miriam betrog, sondern auch mit dir und du auch noch schwanger von ihm warst?“ Emma war ergriffen und entrüstet zugleich.
    „Es hat sie fertig gemacht. Ihre Traumwelt explodierte. Der Vorteil war, dass sie zum ersten Mal seit langer Zeit endlich klar sah. Die Illusion, der sie nacheiferte, hatte sich in Luft aufgelöst. Dafür war sie mir sogar dankbar, wie sie mir Jahre später gestand. Jedenfalls schworen wir uns damals, es niemandem jemals zu sagen. Nicht einmal meinem ungeborenen Kind. Daran hielten wir uns. Bis heute.“
    „Wer war diese Frau?“ Im selben Augenblick, in dem sie die Frage stellte, stand ihr die Antwort deutlich vor Augen. „Oh mein Gott. Es ist Mara. Nicht wahr?"
    Alice nickte langsam.
    "Und ich habe ihr tatsächlich geglaubt, als sie mir sagte, sie hätte keine Ahnung, wer Bens Vater ist.“
    „Wir lebten die Lüge. Das machte uns mit den Jahren ziemlich überzeugend.“ Wehmütig lächelte Alice.
    „Also war Ruben offiziell kein Reich.“ Ben hörte sich an, als wäre nichts geschehen. Das grösste Geheimnis seines Lebens war gelüftet, aber ihn schien das nicht zu tangieren.
    Während Emma sich wunderte, stand in Alices Blick

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