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Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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ich zweifle eher am Menschen.“
    „Ein interessanter Ansatz. Mit dem kommst du hier aber nicht weit. Ausserdem haben die Menschen damals viele Ereignisse noch nicht verstanden. Um nicht verrückt zu werden und den Mut zu verlieren musste eine Erklärung her. Etwas, dem man die Schuld geben konnte. Dann brauchte es noch etwas, mit dem man glaubte, das Übel, also das Unverständnis, beheben zu können. Und schon waren Gott, Teufel und Opfer geboren.“ Ben verlagerte sein Gewicht. „Über dieser spannenden Diskussion ist doch glatt mein Bein eingeschlafen.“
    Emma schmunzelte. Doch bei einem Blick auf die Truhe wurde sie wieder ernst. „Du sagst, damals war die Geschichte mit dem Glauben noch realer als jetzt. Wann war denn damals ?“
    „Kurz bevor ich geboren wurde. Mitte der siebziger Jahre, soweit ich weiss. Aber in den Akten müsste doch eigentlich ein Datum stehen.“ Ben klappte das Dokument erneut auf und überflog den Polizeirapport. „Genau. Hier. Silina starb 1975.“
    Emma griff in die Truhe und holte sich ebenfalls eine Akte heraus. Diese trug die Aufschrift „Bernard und Käthe Knecht“.
    „Du, warum heissen die eigentlich alle Knecht, wenn‘s doch um die Reichs geht?“
    „Der Vater war ein Reich und er hatte eine Knecht geheiratet.“
    Das ergab Sinn.
    Emma schlug die Akte auf und ein paar lose Fotos rutschten heraus. Emma hob sie auf und betrachtete sie neugierig.
    Die Schwarzweissaufnahmen zeigten einen Unfallort. Ein Auto, das in eine Felswand gekracht war. Sogar die leblosen Körper, die beim Aufprall aus dem Auto katapultiert worden waren, waren abgebildet. Der Unfallort, wie ihn die Polizei angetroffen hatte. Es gab noch Aufnahmen, nachdem die Leichen abtransportiert worden waren. Um anzuzeigen, wo sie gelegen hatten, waren die Stellen mit heller Kreide markiert worden. Es lagen auch ein paar Nahaufnahmen vom Autowrack, von Einzelteilen des Autos und vom Leichenfundort bei. Emma legte die Bilder nach deren Betrachtung wieder in das Register zurück. Bis auf eines. Es war unter die Truhe gerutscht. Nur eine Ecke lugte noch hervor. Emma zog daran.
    Wieder dieselbe Szenerie, nur von einem anderen Winkel. Sie wollte es schon zu den anderen legen, als ihr Augenmerk auf etwas fiel, das aus der Perspektive der anderen Bilder vom Auto verdeckt gewesen war.
    „Ben?“, sie zupfte ihn am Ärmel, „was ist das?“ Mit dem Nagel ihres kleinen Fingers deutete sie auf einen grossen und einen kleinen Gegenstand.
    Ben nahm ihr das Foto aus der Hand um es näher betrachten zu können. Falten gruben sich in seine Stirn, während er die Aufnahme eingehend studierte.
    „Ich weiss nicht… Sieht irgendwie aus wie ein Holzbalken. Und daneben liegt ein… ein…“ Ben sah auf. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, daneben liegt ein Korken.“
    Entgeistert musterte Emma ihr Gegenüber.
    „Ein Korken?“
    „Irgendwie schon. Aber was mich weit mehr irritiert ist der Ort an dem der Unfall geschah.“ Ben gab Emma das Bild zurück. Das Unbehagen stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    Emma sah sich das Foto noch einmal genau an. Da dämmerte ihr. „Oh, mein Gott, ist das dieselbe Stelle, an der es meinem Mini an den Kragen ging?“
    Weiter kam sie nicht. Ein lautes Scheppern, gefolgt von einem noch lauteren Fluch unterbrach ihre Gedanken.
    „Das ist Jens.“ Bens dunkle Stimme war nur noch ein Flüstern.
    „Bist du sicher?“
    „Ich war drei Jahre mit seiner Tochter zusammen, ich kenne dieses Fluchen. Ausserdem befinden wir uns in seinem Haus. Ich bin sicher.“
    „Gute Argumente. Was jetzt?“
    „Der Balkon. Komm.“
    Hastig räumten Ben und Emma die Dokumente zurück und schlossen die Kiste. Dann öffneten sie vorsichtig die Tür des Raumes. Die schlecht geölten Angeln quietschten, aber Ben bezweifelte, dass dieses Geräusch unter dem Dach den tobenden Mann im Erdgeschoss aufschreckte. Er wies Emma an, ihm zu folgen, während er den Raum verliess. Ben trat an den Treppenaufgang und lauschte. Jens schien sich beruhigt zu haben. Zumindest hörte Ben keine Stimme mehr. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals, als er die ersten Stufen überwand. Er steckte den Kopf aus der Verbindungstür zwischen Estrich und oberstem Stockwerk, konnte aber nichts Verdächtiges erkennen. Er winkte Emma, die auf dem Dachboden gewartet hatte, zu sich. Sofort schloss sie sich ihm an.
    Ben war dankbar, dass zumindest im obersten Stock der alte Teppichboden noch verlegt war. Der Belag dämpfte ihre Schritte.
    Da kam

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