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Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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Schädel einschlagen können.
    Ihr Gesicht hatte keine Emotion gezeigt. Sie war wie ein Sack in sich zusammengesunken und zu Boden gefallen. Die Spindel zwischen die noch warmen Finger geschoben und das war‘s gewesen. Einfach so.
    Sein Lächeln erlosch.
    Einfach. Genau. Es war zu einfach gewesen. Keine Herausforderung. Kein Adrenalin. Keine Befriedigung.
    Eigentlich hatte er bereits geahnt, dass sie nicht einmal als Opfer taugte. Aber ihr Tod war notwendig gewesen.
    Unzufriedenheit tobte in ihm.
    Jetzt nur nicht die Konzentration verlieren. Sonst wäre alles umsonst gewesen.
    Ruhe bewahren.
    Der Nächste würde besser werden.
    Hoffentlich.
     
     

Strang 1 / Kapitel 17
     
    „Das hat man euch als Warnung vor Faulheit erzählt? Man hat euch gesagt, seid bloss fleissig, sonst werdet ihr von der Jungfrau Maria erschlagen? Oder wie darf ich mir das vorstellen?“ Emma gab sich die grösste Mühe nicht zu lachen.
    Ben funkelte sie böse an. „Nein, natürlich nicht. Zumindest nicht ganz.“ Er versuchte Emmas amüsiert leuchtende Augen zu ignorieren und senkte den Blick wieder auf die Akte in seiner Hand. „Hier im Bericht steht, dass Silina Knecht von einer Marienstatue erschlagen worden sei. Die Position, in der man die Tote fand, liess darauf schliessen, dass sie unter dem kleinen, steinernen Pavillon gesessen hatte, als die eh schon wackelige Statue herunterstürzte und die Schlafende unglücklich an der Schläfe traf.“ Er klappte die Akte zu. „Fall geschlossen.“
     
    „Ist das dein Ernst? Man hat es dabei belassen, dass quasi Maria vom Sockel stieg und Silina erschlagen hat?“ Emma konnte es nicht fassen. „Man kam nicht auf die Idee, dass eventuell fremde Hilfe im Spiel war?“
    Ben schaute mit einem Ruck auf. Er starrte Emma an, als hätte sie eine tödliche Formel gesprochen.
    Emma zuckte unter Bens Blick leicht zurück. „Was ist? Ist das so abwegig?“
    Ben schüttelte den Kopf. Um zu verneinen und um wieder klar denken zu können. „Nein, ist es nicht. Aber du kannst dir nicht vorstellen, was hier los war, wenn man solche Vermutungen äusserte. Uns wurde eingebläut, niemals, nie im Leben, die offiziellen Erzählungen, die über die Reichs und deren Schicksal im Umlauf waren anzuzweifeln.“
    „Ergo, es wurden Stimmen laut, die nicht an Zufall glaubten?“
    „Sicher. Es war ja auch zu seltsam. Ist dir schon aufgefallen, wie schnell alles ging?“
    „Nun, nein. Die einzige Akte, die wir bisher herausgezogen haben, hast du in den Händen. Sonst kenne ich nur einige unabhängige Erzählungen ohne Datumsangabe.“
    Ben hockte sich neben Emma, die sich zwischenzeitlich vor die Kiste gesetzt hatte. „Eineinhalb Jahre. Die gesamte Familie war innert anderthalb Jahren ausgelöscht. Und mit ihnen der ganze Wohlstand.“
    „Das ist schrecklich. Aber das Verbot einen Verdacht zu äussern, legt doch nahe, dass etwas an der Vermutung dran ist, dass das alles nicht mit rechten Dingen zuging.“
    „Das habe ich meiner Mutter auch gesagt. Sie meinte aber, es lief alles so plausibel ab, dass Hinterfragen zu keinem Resultat geführt hatte. Abgesehen davon hätten die Menschen hier eine Heidenangst gehabt.“
    „Wovor?“
    „Klingt für uns vielleicht lächerlich, aber damals war‘s ziemlich real.“
    In Emmas Augen fehlten nur noch aufblickende Fragezeichen.
    „Gott und Teufel sind zwei Geschöpfe, die vor allem in schwerer erreichbaren Regionen zum täglichen Leben gehörten. Ob Glaube oder Aberglaube, solange sich die Todesfälle einigermassen plausibel erklären liessen, wagten die Menschen nicht, weiter zu fragen. Sie fürchteten, dieses Etwas, das sich die Reichs holte, würde auch sie holen, wenn sie sich mit dem Etwas anlegten.“
    „Der Fluch kommt über den, der sich einmischt?“
    „So in etwa. Sie waren, und die älteren hier sind es heute noch, der Meinung, unaussprechliches Übel erfahren nur die, die Gott oder von mir aus die Elemente erzürnen, indem sie das Schicksal herausfordern, ein liederliches Leben führen oder sonst einem sündigen Lebenswandel frönen.“
    „Als Strafe für die Sünde. Ich wusste schon immer, dass ich die Kirche echt erfrischend finde.“
    „Eine Ungläubige? Dann sieh dich vor und nimm dir ein Beispiel am Inhalt dieser Akten. Vielleicht besinnst du dich dann auf den Glauben zurück.“
    „Ja, ein bisschen eingeschüchtert bin ich schon. Aber fürchten tu ich mich nicht. Schliesslich ist das mit dem Glauben so eine Sache. Ich bin nicht gänzlich ungläubig,

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