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Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können

Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können

Titel: Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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einen sogenannten Rückschlageffekt. Mit anderen Worten: Nach Unterdrückung der Emotionen steigt die Gewaltbereitschaft, wie Markus Denzler, Nira Liberman und ich in einem Experiment zeigen konnten. Wir hatten Versuchsteilnehmer gebeten, sich vorzustellen, wie ihr Freund oder ihre Freundin sie mit der besten Freundin oder dem besten Freund betrügt. Mit einer Geschichte halfen wir der Phantasie der Probanden auf die Sprünge. Sie sollten sich vorstellen, wie sie nach Hause kämen, um für ihren Liebsten lecker zu kochen – und plötzlich Geräusche aus dem Schlafzimmer wahrnähmen. Sie sollten sich ausmalen, wie sie vorsichtig die Tür öffneten und durch den Schlitz den Partner mit der besten Freundin sähen! Nackt! Und nicht nur das. Die beiden stammelten sich auch noch Liebesbekundungen zu! Unsere Probanden kochten vor Wut, und während einige ihren aggressiven Gedanken freien Lauf lassen durften, bekamen andere die Aufgabe, ihre Gedanken und Gefühle zu unterdrücken.
    Aggression lässt sich nur schwer im Labor messen. Schließlich können wir, aus ethischen Gründen, unsere Versuchsteilnehmer nicht dazu auffordern, die Versuchsleiter zu verkloppen oder den Kopf gegen die Wand zu wummern. Also wählten wir eine andere Methode, um ihren Aggressionsgrad zu messen. Nachdem sie ihre Gedanken und Aggressionen unterdrückt bzw. ihnen freien Lauf gelassen hatten, baten wie sie, für einen anderen Versuchsteilnehmer aus einem Konvolut von dreißig Bildern, von denen jeweils zehn vollkommen eklig, sehr schön und relativ neutral waren, zehn auszusuchen. Die Auswahl der Bilder spiegelte wider, wie aggressiv sie waren: Versuchspersonen, die vorher ihre Wut unterdrückt hatten, suchten tatsächlich mehr Ekelbilder aus, als die, die ihre Aggression vorher ausgelebt hatten.
    Kann man auf der Grundlage dieser Experimente schließen, dass Hitchcock doch Recht hatte mit seiner Aussage, dass gerne die zu Mördern werden, die – im Alltagsleben grausam unterdrückt (meist von der Mutter, der Ehefrau oder dem Boss) – einmal losgelassen werden? Es scheint eher folgendermaßen zu sein: Muss ein extrem starker aggressiver Impuls, der plötzlich auftritt (wie in der In-flagranti-Situation), kurzzeitig im Zaum gehalten werden, kann das gewalttätige Folgen haben. Dr. Roys Forschung dagegen zeigt auch, dass diese Gefahr, wenn man tagtäglich Selbstkontrolle übt, reduziert werden kann – zumindest wenn es sich bei den Aggression auslösenden Situationen nicht um Extreme handelt. Das mag einer der Gründe dafür sein, warum so viele nervige Kinder noch am Leben sind. Ihre Eltern sind schlichtweg gut im Training. Was Hitchcocks Mörder betrifft, sollten wir uns zudem daran erinnern, dass die Sozialpsychologie sich mit dem Verhalten normaler Menschen befasst; seine Kriminellen haben vermutlich eine besonders seltene Art des Muskelschwunds.
    Werfen wir noch einen Blick auf Dr. Roy, wie er auf dem Baum sitzt und lacht, und widmen uns der Rolle des Autopiloten bei der Selbstkontrolle.
    Jenseits der hemmenden Mutter
    Wie bereits mehrfach erklärt, haben wir Ziele im Gedächtnis abgespeichert, die aktiviert oder gehemmt werden können. Wenn ich zum Beispiel Salbeinudeln kochen will, dann wird dieser Gedächtnisknoten aufgeladen und mit ihm die Mittel zur Zielerreichung wie »Schere nehmen«, »Salbei abschneiden«, »Eier und Mehl mischen«, »Nudelteig kneten« etc. In dem Moment, wo ich ein Ziel anvisiert habe, treten andere Ziele – »schreiben«, »Raoul füttern« und »Blumen gießen« – in den Hintergrund. Den Gedanken an Gießkanne (zum Blumengießen) und Druckerpatrone nachfüllen (zum Schreiben) wird kurzzeitig der Saft entzogen, sodass ich mich eine Zeitlang auf das Kochen konzentrieren kann. Klar, wenn der Salbei, den ich für meine Nudeln brauche, auf dem Balkon steht und daneben die Gießkanne und mein Amselkind Raoul währenddessen um Müsli bettelt, können schon mal andere Ziele beim Nudelmachen dazwischenkommen. So rigide ist unser Gedächtnis nicht, dass es uns mit dem Kopf durch die Wand laufen lässt. Allerdings müssen die alternativen Ziele sehr stark sein, um einen wichtigen Zielablauf zu unterbrechen.
    James Shah, dessen Mutter-Studien ich in Prinzip 4 vorgestellt habe, konnte diesen Zielschutz mehrfach belegen. Er hatte in seinen Experimenten Versuchspersonen an ihre Mutter erinnert und, wenn deren Mutter mit Leistungszielen assoziiert war, eine Hemmung von ablenkenden Gedanken wie geselligen Saufgelagen im

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