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Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können

Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können

Titel: Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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Situationen nehmen wir den Konflikt gar nicht mehr wahr, scheint es. Wir verlieren das hehre Ziel vollkommen aus den Augen und folgen allein dem Impuls. Jedoch können Willensakte, so zeigte neuere Forschung, durch Routinen unterstützt werden, die uns ohne viel Energieaufwand helfen, hehre Ziele zu verfolgen. So dass man nicht mehr von reinen »Willensakten« sprechen kann.
    Sex, Drugs, and Bible-Belt
    Ayelet Fishbach, Ron Friedman und Arie Kruglanski argumentierten, dass manche Menschen unbewusst höhere Ziele aktivieren können, sobald sie in Versuchung geraten. Stellen wir uns einen Menschen vor, der alles, was mit Sex außerhalb der Ehe zu tun hat, ganz abscheulich findet, weil ihm ein Priester, ein Rabbi oder ein Mullah eingehämmert hat, dass man deswegen in der Hölle braten muss. Und zwar auf ewig.
    Stellen Sie sich vor, dieser Mensch schaut eigentlich sehr gerne schweinische Bilder an, die per Internet schnell und gratis zu haben sind. Aber da er jemand mit einem hohen »moralischen« Anspruch ist, weiß er, dass er das nicht tun darf. Er würde Höllenqualen zu erleiden haben, wenn er nicht irgendwelche Strategien entwickelte, die den Willensakt wenigstens ein bisschen erleichterten. Denn auch dem Training der Selbstkontrolle sind natürlich Grenzen gesetzt.
    Was also macht ein überzeugter Antisexist, um sich zu schützen? Er kann den Internetanschluss bei sich zu Hause ab- oder einen entsprechenden Filter anschaffen. Er kann Zeitschriftenkioske und Bahnhofsviertel meiden. Er kann sich für seine sündigen Gedanken bestrafen oder beichten gehen, genauso wie er sich belohnen kann, wenn er wieder einmal der Versuchung widerstanden hat. Und er kann die Konsequenzen des Sündenfalls schlimmer machen, als sie sind, ebenso wie er sich die langfristige Belohnung größer ausmalen kann. Die Religionsführer werden ihn dabei unterstützen, indem sie den Kontrast zwischen den zukünftigen Belohnungen (z. B. Paradies mit vielen Jungfrauen) und den zukünftigen (ewige Verdammnis, Menschengrills, hässliche Teufel) oder jetzigen Bestrafungen (Schuldgefühle, zerrüttete Ehe, …) besonders stark hervorheben. 63
    Mit diesen Techniken kommt man durchaus erfolgreich durchs Leben. Sie verändern die Wertestruktur der beiden im Widerstreit stehenden Ziele – wir haben ja in Prinzip 7 gesehen, dass der Autopilot in diesem Falle auf dasjenige Ziel zusteuert, dass den größten Wert besitzt. Aber Fishbach und Kollegen haben noch einen anderen, überaus wirksamen Mechanismus entdeckt. Unser Antisexist kann nämlich eine Gedankenverbindung von der Versuchung direkt zu seinem hehren Ziel legen. In dem Sinne: Sobald du an Sex denkst, denke an Gott. In Experimenten, die auf einer ähnlichen Logik beruhen wie die von Shah, fanden die Autoren exakt dies heraus: Menschen – in dem Fall amerikanische gläubige Christen – denken bei sexuellen Reizen automatisch an Gott, Bibel und Paradies. Dasselbe taten sie bei Drogen. Kaum steigt ihnen der Duft einer Haschzigarette an die Nüstern, haben sie die Bibel im Kopf. Dies ist natürlich ein wunderbarer Mechanismus, um sich ohne viel Mühen zu beherrschen. Allerdings bedarf es bestimmter Voraussetzungen dafür; in diesem Falle der, dass man tief gläubig ist und die gedankliche Routine: »Sex – denk stattdessen an Bibel«, entsprechend gut geübt hat. Bei nicht gläubigen Menschen funktionierte der Mechanismus entsprechend nicht.
    Dieselben Prozesse wirken auch bei anderen Zielen, etwa bei Menschen, denen es sehr wichtig ist, ihr Gewicht zu halten. Sie denken bei Schokolade, Cola und Kuchen sofort, und ohne ihren Willen einschalten zu müssen, an Sport, Diät und Fitnessstudio. So auch die ehrgeizige Studentin, die, wenn sie länger fernsieht, telefoniert oder im Internet surft, schnell wieder an ihr Studium denkt.
    Diese selbstregulatorische Pipeline, die gelegt werden kann, fließt aber nur in eine Richtung. Das heißt, tief gläubige Christen denken nicht an Sex, wenn sie an Gott denken, Figurbewusste denken nicht an Torte, wenn sie an Diät denken, und Streber denken nicht an Internet, wenn sie an Studium denken. Die übergeordneten Standards werden bei Menschen, denen hehre Ziele wichtig sind, gewissermaßen vom Gedächtnis selbst aktiviert, sobald die lispelnde Zunge der Versuchung hinterm Baum hervorlugt. Und es hemmt gleichzeitig Versuchungen, wenn man sich mit dem hehren Ziel intensiv beschäftigt. Selbstkontrolle wird also, zu einem gewissen Anteil, durch automatisch

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