Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können
Freundeskreis vorgefunden. James Shah und Arie Kruglanski haben diesen Schutzmechanismus noch näher unter die Lupe genommen und dabei in zahlreichen Experimenten Erstaunliches zu Tage gefördert: Sie baten Versuchsteilnehmer, drei sehr wichtige Ziele aufzuschreiben und ein positives Ziel, das ihnen nicht so wichtig war. Nehmen wir an, Versuchsteilnehmer Nummer 12 heißt Ole und nennt »viel Computerspielen«, »erfolgreich im Studium sein« und »viele Freundinnen« als seine primären Lebensziele, und »gut aussehen« als Ziel, das er, obwohl er es als positiv wahrnimmt, nicht persönlich verfolgt. Diese Ziele und andere Wörter, die die Versuchsteilnehmer nicht genannt hatten, wurden dann am Computerbildschirm dargeboten und die Probanden gebeten, per Tastendruck so schnell wie möglich zu entscheiden, ob es sich dabei um eines ihrer persönlichen Ziele handelte oder nicht. Der Trick war folgender: Kurz vor dem Erscheinen der Worte (z. B. »viele Freundinnen«) blitzte, unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, entweder ein anderes persönliches Ziel (z. B. »viele Computerspiele«) auf dem Bildschirm auf oder aber das Ziel, das der Versuchsteilnehmer zwar positiv bewertete, aber nicht aktiv in seinem Leben verfolgte (»gut aussehen«). Die Reaktionszeiten zeigten einen Hemmungseffekt bei persönlichen Zielen, wenn vorher ein anderes wichtiges persönliches Ziel eingeblendet worden war. Also: Wurde »Computerspielen« eingeblendet, konnte Ole danach schlechter angeben, dass »viele Freundinnen« ein persönliches Ziel für ihn ist als »gut aussehen«. War ein wichtiges Ziel wie »Computerspielen« aktiviert, so schienen andere, wichtige Ziele erst einmal gehemmt.
Dieser Zielschutz ist umso stärker, je wichtiger uns ein Ziel ist. Das ist durchaus nicht trivial, wenn man bedenkt, dass Ole im wirklichen Leben sicherlich viel über seine Liebschaften nachdenkt, dieses Ziel aber in den Hintergrund rückt, in dem Moment, wo er ein anderes wichtiges Ziel aktiviert hat, etwa »erfolgreich im Studium sein«. Der Hemmungsmechanismus hilft ihm dann, sich auf dieses Ziel zu konzentrieren und weniger an seine Mädels zu denken – trotz der vielen Lebkuchenherzen von Susanne, Chantal und Gabi-Desirée an der Wand. Unser Gedächtnis »weiß« also, was uns potentiell ablenken könnte, und »hilft« uns, uns nicht davon beirren zu lassen.
Interessant ist auch, dass die Hemmung stärker wird, wenn man Ziele als Pflichten auffasst. Und da sind wir wieder bei Mark-Rüdiger. Ein Mensch im Prevention-Fokus, der Ziele im Allgemeinen als Notwendigkeiten begreift und zudem noch ein Spezialist im Vermeiden negativer Einflüsse ist, kann sich besonders gut auf seine Aufgaben konzentrieren. »Wat mut, dat mut« bedeutet ja auch, dass man etwas machen muss, und was man machen muss , erfordert eine besonders wirksame Hemmung ablenkender Gedanken – alles andere muss hinter der Notwendigkeit zurückstehen. Nehmen wir ein krasses Beispiel: Wenn Ihr Partner nach einer Partynacht in eine Gracht fällt, springen Sie hinterher – die Notwendigkeit, ihn zu retten, hemmt konfligierende wichtige Ziele wie »es warm und sicher zu haben«.
Es ist faszinierend zu sehen, was unser Autopilot, sprich unser Gedächtnissystem in solchen Fällen alles übernehmen kann. Er kann so individuell programmiert werden, dass er »erkennt«, wann uns etwas eine Pflicht ist oder wann etwas wichtig für uns ist. Er erkennt, was uns besonders ablenken könnte und hemmt die störenden Gedanken ohne unser Zutun. Allerdings hat dieses wirkungsvolle System auch seine Grenzen. Ich hatte in meinem Büro mal ein Bild von Francis Bacon hängen, und, so fantastisch es war, es erinnerte mich doch dauernd an Tod, Folter und Verwesung und aktivierte bei mir das Ziel, mich mit dem eigenen Dasein auseinanderzusetzen, anstatt meine Arbeit zu tun. Deshalb sollte man auch Schlaf- oder Arbeitsbereich voneinander trennen. Arbeitsmaterialen aktivieren unmittelbar Ziele, motivieren dazu, sie bald anzugehen oder sich zumindest Gedanken darüber zu machen. Das kann ungesund werden und einem den Schlaf rauben. 62
Wenn man arbeitssüchtig ist und dazu neigt, darüber andere wichtige Dinge zu vergessen, empfiehlt es sich, Erinnerungen an wichtige soziale Ziele zu installieren. Schon wieder vergessen, dass zu Hause eine Familie wartet? Einem solchen Familienvater, der dauernd zu spät nach Hause kommt, sollte man ein großes Familienfoto auf den Schreibtisch schrauben. Aber seien wir gnädig mit
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