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Unser geraubtes Leben - Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte

Unser geraubtes Leben - Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte

Titel: Unser geraubtes Leben - Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Froehling
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abgeordnet, die wegen der neuen Pfarrstelle von Salzgitter nach Gronau gezogen ist. Hier begegnet Ida bald Gudrun Wagner wieder und lernt Lilli kennen. Und Schäfer kann, unter dem Vorwand, nach Ida zu schauen, jederzeit auftauchen und Hugo Baar überwachen.
    Nun nimmt das Unternehmen Schäfer Fahrt auf. Paul Schäfer ist ständig auf Achse. Zwei Monate später folgt die Karlsruher Erweckung durch Branham, und mit neuer Munition geht es weiter nach Graz, wo er sich die Familien Wagner und Wöhri eingemeindet.
    Im folgenden Jahr zeigen sich die Früchte seiner Bemühungen. Der Rundbrief Nr. 13 vom April 1956 verkündet:
    Eine freudige Nachricht können wir unseren Freunden mitteilen. Durch ein größeres Geldgeschenk einer Schwester ist es uns möglich geworden den lang ersehnten kleineren Wagen zu kaufen. Wir freuen uns, daß unser Reise-Besuchsdienst jetzt regelmäßiger durchgeführt werden kann.
    Wie schön. Nun muss Paul Schäfer nicht mehr als Anhalter am Straßenrand stehen. Sondern kann im dunkelgrünen Mercedes vorfahren.
    Im Mai 1956 kündigt ein weiterer Rundbrief die Sommerfreizeit im August in Groß Schwülper an. Gleichzeitig wird zur »Brüderkonferenz« in München Gladbach eingeladen, zu der sich alle »Brüder« am 9. Juni in der dortigen Jugendherberge einfinden sollen. Die ledigen Schwestern auch, fügt ein Nachsatz hinzu. Das Treffen ist wichtig, die Aufforderung wird mehrfach wiederholt. Worum es geht, wird nicht verraten.
    Es gibt ein unterschiedliches Programm für Mädchen und Frauen, genannt »Schwestern«, und für Männer, genannt »Herren«.
    Die Mädchen bekommen ein Fünfer-Zimmer; auch Ida und ihre Schwester Gertrud sind dabei. Am Nachmittag reisen sie an und bleiben unter sich. Was bei den Männern vor sich geht, erfahren sie nicht. Denen teilt Schäfer einige seiner Pläne mit. Er redet von zwei Uhr nachmittags bis abends um acht. Er redet sie müde und mürbe. Zuerst spricht er einige Stunden lang über den Sinn biblischer Lebensgemeinschaften, wie er sie versteht. Dann kommt er zur Sache:
    Alle, die dazu bereit sind, ihr persönliches Leben aufzugeben und ihre Arbeitskraft und ihr verdientes Geld der Gemeinschaft zu überlassen, sollen »Kreuzler« genannt werden und sind die tragende Gruppe der ganzen Gemeinde. Bekleidung, Essen und Schlafen sind frei. Die Mädchen sollen bei einer eventuellen Hochzeit mit einer guten Aussteuer bedacht werden. Gemeinsames Ziel ist das Haus in Heide und der Bau einer gemeinsamen Wohnsiedlung mit einzelnen Familienhäusern. Späterhin Krankenhaus und Altersheimbau. Von Auswanderung wird gesprochen, aber die Durchführung liegt in weiter Ferne. 38
    Hiervon erfahren »die Schwestern« tags darauf nur wenig. Am Morgen fahren alle gemeinsam in den Wald. Am Waldrand veranstaltet Schäfer einen Gottesdienst. Wieder wird sehr viel gebetet, gemeinsam und nacheinander. Alle beten laut und tragen vor, was sie bewegt. Man beschwört die Gemeinschaft und Jesus Christus. Und zwischendurch ertönt immer wieder Schäfers Stimme, wie ein Refrain, mit den Worten Jesu: »Niemand kommt zum Vater, denn durch mich.«
    Diese Szene kann Ida Gatz noch fünfzig Jahre später genau beschreiben. Dem Schulfreund Schäfers, Willi Georg, der ebenfalls dabei ist, fällt auf, dass Schäfer zu diesem Zeitpunkt schon eine andere Formulierung verwendet: »Der Herr Jesus bin ich.« Schon damals sagt Schäfer also, dass der Weg zu Gott nur durch ihn, Paul Schäfer, führt.
    Nach dem Gebet hält Schäfer wieder eine kleine Rede. Er spricht davon, wie traurig es sei, dass sie sich nur so selten sehen, weil alle zerstreut in verschiedenen Gegenden Deutschlands leben. »Es wäre doch schön, eine gemeinsame Bleibe zu haben, wo wir uns immer treffen können. Ein Zentrum«, sagt Schäfer und beschwört den Zusammenhalt in der Gruppe, die eingeschworene Gemeinschaft. Gemeinsam etwas zu schaffen, das sei ein wunderbares Ziel, das sie erreichen könnten, wenn jeder ein Jahreseinkommen abgebe.
    Seine Worte berühren Ida. Wieder denkt sie daran, wie zerrissen ihre Familie lebt, wie unvorstellbar groß ihre Not war. Man kommt aus einer Großfamilie und ist doch so einsam, Gefühle kann man sich nicht leisten. Es ist ein täglicher Kampf. Ihr kommen die Tränen.
    Auch heute noch.
    Sogleich packt Schäfer ein Schreiben aus. Alles am Vorabend mit den Brüdern ausgearbeitet, sagt er, und alle erklären sich sofort bereit, den Vertrag zu unterschreiben. Obwohl – oder weil? – sie nicht vorbereitet

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