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Unser geraubtes Leben - Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte

Unser geraubtes Leben - Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte

Titel: Unser geraubtes Leben - Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Froehling
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fahrlässiger Tötung verurteilt.
Im Kino: Die Zehn Gebote; Es geschah am helllichten Tag (Gert Fröbe).
Schlager: Great Balls of Fire (Jerry Lee Lewis).
Literatur: Nobelpreis für Boris Pasternak (Doktor Schiwago ).
Spruch des Jahres: Macht das Tor auf!
    Als Alfred Matthusen im Sommer 1957 aus Graz nach Deutschland zurückgerufen wird, vermisst Gudrun ihn sehr. Wo er ist, da will auch sie sein. Ja natürlich, gute Werke will sie auch tun. Das steht im Vordergrund, als sie mit ihren Eltern verhandelt. Da trifft es sich gut, dass Paul Schäfer gerade jetzt viele helfende Hände beim Aufbau des Jugendheims in Heide braucht. Gudruns Wunsch führt zu einem Konflikt zwischen ihren Eltern. Der Vater, begeisterter Schäfer-Anhänger, gibt die Erlaubnis, doch die Mutter verweigert ihr Einverständnis.
    »Du gehst wegen Alfred dahin, nicht wahr?«, sagt ihre kleine Schwester Hedi traurig. Sie ist fünf. Aber auch das ändert nichts.
Füreinander einstehen
    Gudrun geht trotzdem. Am 15. Mai 1958 bricht sie ihre Lehre ab und fährt per Anhalter nach Heide bei Birk, um das Jugendheim von Paul Schäfer mit aufzubauen. Und um ein neues Leben zu beginnen. Mit Alfred. Einen Monat später folgt ihre ältere Schwester Hilde. Im Jahr darauf der Vater mit den Zwillingen Else 45 und Martha; die beiden sind nun dreizehn.
    Eine christliche Gemeinschaft, in der alle füreinander einstehen, einander helfen und gute Werke tun: Das ist Gudruns Erwartung, als sie nach Heide fährt. Unterwegs sieht sie Mädchen auf der Straße, die bunte Hula-Hoop-Reifen um die Hüften kreisen lassen. Die haben Hurengeister im Bauch , sagt Paul Schäfer dann in Gudruns Kopf. Manchmal hört sie auch Musik aus einem offenen Fenster. »Wenn Teenager träumen«, singt einer. Gudrun ist sechzehn, sie ist ein Teenager, aber davon weiß sie nichts. Mit ihrem straffen Kranz auf dem Kopf, den flachen Schuhen und dem gesenkten Blick unterscheidet sie sich deutlich von den meisten Mädchen, die jetzt ihre Weiblichkeit ausprobieren, ihre Petticoats mit Wäschestärke einreiben, damit sie schwingen beim Tanzen, die mit Lippenstift und Wimperntusche ihre jugendlichen Reize unterstreichen. Die sind des Teufels, schau weg , sagt Paul. Gudrun weiß, dass sie selbst gottgefällig lebt, sie wird nicht verloren gehen.
    Füreinander einstehen. Auch Ida Ritz will das. Beim gemeinsamen Abendessen in Heide sagt sie es: »Wenn Hugo« – Idas jüngerer Bruder – »in der Gemeinschaft bleiben will, gehe ich wieder nach Hause und unterstütze die Eltern. Die können wir nicht im Stich lassen beim Hausbau.«
    Da brüllt Schäfer los: »Wo gibt es denn so was, dass Eltern auf Kosten ihrer Kinder Häuser bauen! Sag deinen Eltern, sie sollen uns das Haus geben, dem Alfred Schaak und mir, und wir werden sie unterhalten.«
    Tatsächlich übermittelt Ida diese Botschaft den Eltern. Erst der Wutanfall ihres Vater zeigt ihr, dass etwas nicht stimmt mit Schäfers Vorschlag. »Ihr doofen Kühe«, beschimpft der Vater seine Töchter, »bringt dem faulen Strick euer Geld! Ich brauche doch keinen Schäfer, der mich ernährt! Ich habe immer noch meinen Verstand.«
    Viele treffen zu diesem Zeitpunkt in Heide ein. Aus allen Himmelsrichtungen. Schäfer und seine engeren Vertrauten können gutorganisieren. Die Gläubigen sind beseelt von ähnlichen Hoffnungen und Wünschen wie Gudrun Wagner. Andere werden von ihren Müttern und Vätern abgeliefert wie Ernst-Wolfgang Kneese und Wolfgang Müller. Alle sollen nach Kräften beim Aufbau einer gemeinsamen Zukunft helfen. Urchristlich soll die sein. Was das für sie bedeutet, dazu wird ihnen Paul schon das Nötige erklären. Beizeiten. Wie er ihnen auch das Nötige geben wird. Das Allernötigste, wie sich herausstellen soll.
    Und alle, die gläubig geworden waren, bildeten eine Gemeinschaft und hatten alles gemeinsam. Sie verkauften Hab und Gut und gaben davon allen, jedem so viel, wie er nötig hatte. 46
    So beschreibt die Apostelgeschichte die christliche Urgemeinde . Sie hatten alles gemeinsam. Ein schöner Traum. Viele Sekten, die sich als urchristlich bezeichnen, haben sich das auf die Fahnen geschrieben. Doch bei manchen bereichert sich nur eine kleine Führungsschicht, die keinerlei Rechenschaft über ihr Tun ablegt, sondern selbstherrlich darüber entscheidet, wie viel die anderen nötig haben.
Den Teufel blamieren
    Sie hatten alles gemeinsam. Diese Worte sprechen auch Johannes Bechtloff an, einen jungen Hamburger Baptistenprediger mit großer Sehnsucht

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