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Unser geraubtes Leben - Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte

Unser geraubtes Leben - Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte

Titel: Unser geraubtes Leben - Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Froehling
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Geisterhaus (Isabel Allende);
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Wenn Frauen zu sehr lieben (Robin Norwood).
Wörter des Jahres: AIDS . Glasnost. Ozonloch.
    Gudrun schaut sich um: Die Luft ist rein. Sie ist aufgeregt, denn nach langer Zeit kann sie sich endlich wieder mit Wolfgang treffen. Mit ihrer Schwester Hilde, die 1973 nach Chile beordert wurde, arbeitet sie in der Käserei. Aber heute ist sie allein; da fährt Hilde ins zweihundert Kilometer entfernte Talca, um eine Ausstellung von Kunsthandwerk anzuschauen, Geschirr, Möbel, Kleidung und Speisen. Hilde gehört zu den Privilegierten, ihr werden solche Touren genehmigt. Sie gehorcht Schäfer aufs Wort, daher vertraut er ihr auch den Wachtposten am Tor an. Vertrauen ist das falsche Wort; »der General«, wie Schäfer sich nach dem Militärputsch 1973 auch gerne nennen lässt, denn auch die chilenische Polizei hört auf sein Wort, »der General« vertraut niemandem. Auf Schäfers Anweisung hin kontrolliert Hilde, wer durch das Eingangstor herein- und wer hinausdarf.
    In Talca soll Hilde sich Anregungen für eigene Produkte holen, die sie dann im Casino familiar anbieten können. Das Restaurant C asino familiar , Aushängeschild und gute Einnahmequelle der Colonia Dignidad, liegt fünfzehn Kilometer entfernt, in der Nähe der Kleinstadt Bulnes. Die deutsche Küche ist sehr beliebt bei den Chilenen, so wie man in Deutschland gern chinesisch essen geht. Eisbein mit Sauerkraut, Wiener Würstchen, Bier- und Räucherwurst, Enten-, Gänse- und Hirschbraten, Schwarzbrot mit Schinken, Gänseschmalz, Schokoladen-, Sahnetorten und Kuchen, Stollen, Spekulatius, Honigkuchen, alles selbst hergestellt. Für chilenische Familien und Touristen ist das Casino familiar ein beliebter Ausflugsort. Auch Pinochet und besonders Geheimdienstchef Manuel Contreras, »der Mamo«, schauen gern mal rein und genießen außer Speisen auch deutschen Service, deutsche Sauberkeit, deutschen Gehorsam und deutsche Perfektion. Kündigt Walter Rauff seinen Besuch im Casino an, sagt Schäfer: »Heute rauf ich mir die Haare.« Dann wissen die, die es verstehen sollen, der Gaswagen-Erfinder ist gemeint, der sich im tiefen Süden Chiles zur Ruhe gesetzt hat.
    Als Gudrun und Wolfgang das erste Mal voneinander getrennt wurden, ließ Schäfer auch Gudrun im Fundo arbeiten, um sie zügig und so weit wie möglich aus Wolfgangs Blickfeld zu entfernen. Nicht Eifersucht ist der Grund; Schäfer will vor allem verhindern, dass seine sexuellen Übergriffe auf die Jungen auch bei den Frauen bekannt werden. In der Intimität einer nahen Beziehung sieht er das größte Risiko. Zu Recht.
    Kellnern darf Gudrun allerdings nicht im Casino familiar , zu viel Freiheit, zu viel Risiko bedeutet der Kontakt mit den fremden Gästen, unter denen auch Deutsche sind. Nur manchmal darf sie die Tische abwischen. Zwar dürfen die Kellner und Kellnerinnen über die Bestellung hinaus nicht mit den Gästen sprechen, auch tragen sie falsche Namen am Revers, »Fritzl« oder »Gustl«, bayerisch klingt hier immer gut, aber Schäfer lässt Gudrun trotzdem lieber nur in der Küche arbeiten. Doch durch die Fenster sieht sie die chilenischen Paare draußen spazieren gehen, sieht, wie sie sich in den Arm nehmen. Da denkt sie an Wolfgang und spürt wieder Sehnsucht.
    »Mir bricht es das Herz, wenn ich die Pärchen im Park spazieren gehen sehe, weil es mir nicht vergönnt ist, zu lieben«, sagt sie. Ausgerechnet zu Schäfer sagt sie das, denn der ist ja der Seelsorger hier und der Einzige, bei dem man sich aussprechen darf.
    Innerhalb von einer halben Stunde muss sie ihre Sachen packen, kommt wieder weg vom Casino familiar und muss zurück ins Fundo. Kurt Schnellenkamp fährt den Wagen, ihre älteste Schwester ist Beifahrerin. Die beiden bedrängen Gudrun, zu reden, aber die schweigt. Die Angst, dass sie wieder ins Krankenhaus muss, »behandelt« wird, raubt ihr die Sprache. Und so kommt es dann auch.
    Nun arbeitet sie also in der Käserei zusammen mit ihrer Schwester Hilde. Doch heute ist Hilde weg, und das ist Gudruns Chance. Es ist sehr aufregend: Sie muss es schaffen, dass Wolfgang sie sieht, um ihm ein Zeichen zu geben. Aber kein anderer darf es sehen. Dann muss sie den Schlüssel vom Keller kriegen und unauffällig in den Keller gehen. Wolfgang muss auf einem anderen Weg in Keller. Es reicht gerade für eine Umarmung, ein paar Worte, ein paar Küsse, ein wenig Zärtlichkeit. Dann treibt die Angst vor Entdeckung

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