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Unser geraubtes Leben - Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte

Unser geraubtes Leben - Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte

Titel: Unser geraubtes Leben - Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Froehling
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nichts. Wir haben nur miteinander geredet.«
    Klatsch! Wieder schlägt Schnellenkamp zu. Wolfgangs Nase blutet, die Augen schwellen zu.
    »Schreib auf, was da passiert ist.«
    »Es ist doch helllichter Tag, kann ich das nicht heute Abend machen, wenn es zu dunkel ist fürs Sandstrahlen?«
    »Nein, du schreibst jetzt!«
    Wolfgang geht in sein Zimmer. Er kann kaum noch aus den Augen sehen. Da Schnellenkamp mitkommt, ahnt Wolfgang, dass es noch nicht vorbei ist. Schnellenkamp schließt die Tür ab.
    Wolfgangs Bett wird weggeräumt, damit er sich nicht hinlegt. Das andere Bett wird hochkant vor das Fenster geschoben. Dann muss er aufschreiben, wie alles war. Als er fertig ist mit der Strafarbeit, nimmt Schnellenkamp ihm das Blatt weg.
    Es klopft. Schnellenkamp schließt die Tür auf, geht hinaus. Wolfgang erkennt die Stimme von Walter Laube.
    Genauso ein Schläger, denkt Wolfgang, und gleich geht es drüber her.
    »Dann geht es drüber her« – die Kurzfassung, wenn jemand zusammengeschlagen wird. »Klatsch« – die einleitenden Ohrfeigen, auf die kaum ein Folterer verzichtet.
    Nachdem auch Laube ihn geprügelt hat, muss Wolfgang weiter in seinem verbarrikadierten Zimmer warten. Schnellenkamp telefoniert. Dann wartet auch er. Nach dreißig Minuten, in denen nichts geschieht, kommt ein Anruf von Schäfer: »Kurt, du sollst die Hagebutten wegbringen. Wen willst du mitnehmen?« – »Ja, meinen Kollegen hier.« – Er meint Wolfgang.
    Nun ist Wolfgang unvermittelt Beifahrer bei einer Hagebuttentour. Zusammen mit Schnellenkamp werden bei Sammelstationen Hagebutten eingesammelt zum Verkauf. Wer die meisten Hagebutten beschafft hat, erhält eine Torte als Geschenk.
    Inszenierter Irrsinn.
Angst vor Entdeckung
    In den Achtzigerjahren wird das Sicherheitssystem der Kolonie modernisiert, Holzzäune werden abgerissen und durch kilometerlange Stacheldrahtzäune, über 2,20 Meter hoch mit nach innen gerichteten Spitzen, ersetzt. Betonpfeiler mit eingebauten Kameras und Sensoren dienen als Stützen. Ein Hochsicherheitsgefängnis entsteht. Jeder Winkel, Brückendurchlass, jede Rohrleitung ist abgesichert. Einheimische werden mit Polizeigewalt aus der Umgebung vertrieben, denn der öffentliche Nachbarschaftsweg in das Umland verläuft am Sicherheitszaun entlang. Eine große Staffel Suchhunde wird abgerichtet, nach deutscher Literatur über die Ausbildung von Polizeihunden. Schäfer fürchtet sich vor Eindringlingen, vor Spezialtrupps, die kommen könnten, aber noch mehr fürchtet er sich davor, dass seine Leute aus der Kolonie entkommen. Jede Woche gibt es einen politischen Vortrag von Schäfer über die Kommunisten, von denen sie bedroht werden und vor denen sie sich schützen müssen. Stundenlang redet der ausgeruhte Schäfer die von Arbeit, Schlafmangel und Terror ausgelaugten Kolonisten in Trance. Manche schlafen schließlich ein. Dann werden sie geweckt, beschimpft, bespuckt. Manchmal schläft auch Schäfer ein. Dann warten sie stumm, bis er wieder erwacht.
    Jeder wird von jedem bespitzelt. Fast alle tun es. In jedem Zimmer sind ein Lautsprecher und ein Abhörgerät. So hört jeder, was zu den anderen gesagt wird. Wer gerufen wird und wo er hinmuss.
    Einmal treffen Gudrun und Wolfgang sich im Wald. Am »Mausweg«, der vom Fundo zum Eingang hochführt. Auch Bernd hat dabei mitgearbeitet, die sehr dünnen Kupferdrähte zu spannen. Stolperdraht, der sehr leicht reißt. Dann wissen sie im Kontrollraum, dass jemand sich auf dem Weg zum Ausgang bewegt. Aber auch Gudrun und Wolfgang wissen um den Stolperdraht und passen auf. Doch ein Draht reißt trotz aller Vorsicht. Nun weiß die Überwachungszentrale Bescheid und kommt mit Hunden hinter ihnen her. Einer hatte Wolfgang schon gesehen, als der den Mausweg betrat, und sofort macht es die Runde, dass Gudrunnicht weit sein kann. Sie hetzen zwei Schäferhunde hinter Gudrun her, denn von ihr haben sie immer ein Stück Stoff bei sich, damit die Hunde die Spur aufnehmen können.
    Wolfgang hat an der Ausbildung der Hunde mitgearbeitet, es ist eine Meute von achtzehn Tieren, Schäferhunde und Dobermänner, und einige der Hunde kennt er gut. Und Bernd Schaffrik war dabei, als die Hunde das Aufspüren und Fassen Flüchtiger lernten. Da war Bernd achtzehn, und für ihn war das der größte Spaß, den er bisher erlebt hatte. Die Rolle des flüchtigen Verbrechers, der vor den Hunden fliehen muss, bringt ihm die sportliche Aufregung, die er nie erlebt hat. Mit Holzpistolen bewaffnet und mit zehn

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