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Unser Leben mit George

Unser Leben mit George

Titel: Unser Leben mit George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Summers
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abends
zwischen Hackney und Hampstead hin und her hetzte, um Zach bei Laune zu halten,
fühlte ich mich manchmal ganz zerrissen und unglücklich. So wollte ich nicht
leben, in lauter kleine Schnipsel aufgeteilt. In erster Linie war ich Mutter.
Bis mein halbwüchsiger Sohn erwachsen geworden war und das Nest verlassen
hatte, wollte ich für ihn da sein, in unserem Heim, und ich sehnte mich nach
einem Partner, der dieses Leben gern mit mir teilte, statt es nur widerwillig
zu dulden. Ich hoffte immer noch, die Situation würde sich ändern und Zach
würde etwas mehr Interesse an Joshua zeigen. Die beiden schienen sich ganz gern
zu haben, hatten aber nicht viel miteinander zu tun. Statt meinem Sohn im Laufe
der Zeit näherzukommen, schien Zach sich innerlich immer weiter von ihm zu
entfernen. Manchmal, wenn er am Abend herüberkam, sprachen er und Joshua kaum
ein Wort miteinander. Wir waren an einen Punkt gekommen, wo ich es einfach
nicht mehr ertragen konnte.
    Vielleicht näherte sich unsere
Beziehung tatsächlich ihrem Verfallsdatum, obwohl ich hoffte, es möge nicht so
sein. Trotz der häufigen Spannungen zwischen uns hatte ich meinen schrulligen
amerikanischen Professor immer noch sehr gern. Wenn er gut drauf war, war er
charmant, witzig und romantisch und ein so anregender Gesellschafter, dass mir
in seiner Gegenwart nie langweilig wurde. Obwohl wir aus verschiedenen
Verhältnissen kamen, fühlte ich mich in seiner Gesellschaft immer völlig
ungezwungen — solange wir uns nicht stritten. In vieler Hinsicht waren wir die
besten Freunde. Ich muss gestehen, ich hatte mich so an ihn gewöhnt, dass ich
mich davor fürchtete, ihn zu verlieren. Ich war jetzt Anfang fünfzig und hatte
die letzten zweieinhalb Jahre meines Lebens in unsere Beziehung investiert, und
ich wollte sie nicht wegwerfen. Und Zach wollte es auch nicht. War aber nicht
jede langfristige Beziehung eine Frage von Kompromissen und Verpflichtungen?
Mit genügend gutem Willen, so sagte ich mir, müssten wir unsere Differenzen
doch bestimmt überwinden und miteinander auskommen können.
    Am Ostersonntag war Joshua mit der
Schule für eine Woche zum Skilaufen gefahren, und ich hatte vor, meine freie
Zeit zu genießen und viel Zeit mit Zach zu verbringen. Aber dank meines lieben
Hundes wurde es leider nicht so, wie wir es uns vorgestellt hatten. Ich wollte
über Nacht bei Zach bleiben, und da ich niemanden hatte, der sich hätte um
George kümmern können, nahm ich ihn natürlich mit. Das schien mir ganz okay,
als ich mit ihm losfuhr. Aber leider war es nicht okay.
    Wie immer war George entzückt, dass wir
wegfuhren. Mit hoch erhobener Nase saß er auf dem Beifahrersitz und sah durch
die Scheibe dem Treiben auf der Straße zu. Sowie wir ankamen, sprang er aus dem
Wagen und rannte den langen Flur des großen viktorianischen Hauses entlang, in
dem Zach wohnte, um dann jeden Gegenstand in der Wohnung schnüffelnd zu
untersuchen. Er fühlte sich sofort wie zu Hause und sprang auf Zachs geliebten
alten Ledersessel, wo er sich zusammenrollte und hoffte, ein gemütliches
Nickerchen zu halten. Aber das, worin er im Hause eines anderen Freundes — nämlich
bei Alex — sogar noch bestärkt worden war, war hier strengstens verboten.
»Nein, nein!«, stöhnte mein pingeliger Freund, indem er herbeieilte und George
vom Sessel jagte. »Nicht auf die Polstermöbel!«
    Als wir uns zu dem besonderen Menü
hinsetzten, das Zach für uns gekocht hatte, saß George unter dem Glastisch,
starrte uns zwischen den Tellern hindurch mit seinen Scheinwerferaugen an und
wartete auf Leckerbissen. Und dann passierte etwas Schreckliches: Er furzte,
zwar leise, aber doch auf eine Art, die man nicht ignorieren konnte.
    »Puh! O George!«, stöhnte ich und
wedelte mit den Händen. »Mir kommt gleich alles hoch!«, murmelte Zach unter der
Hand hervor, mit der er sich die Nase zuhielt. »Dieser Hund ist einfach
widerlich! Kann man da nicht etwas machen?«
    »Was schlägst du vor?«, seufzte ich.
»Soll ich ihm einen Korken in den Hintern stecken? Er ist doch nur ein kleiner
Hund, Zach, er kann nichts dafür, wenn er furzen muss!«
    »Bitte! Musst du dich so deutlich
ausdrücken?« Das Wort allein reichte, dass er würgen musste. »Bitte, bring ihn
aus dem Zimmer, ja?«
    »Okay. Aber nur solange wir essen.«
    Ich sperrte George in Zachs sehr
aufgeräumtes Arbeits- und Gästezimmer und erwartete lautstarken Protest.
Stattdessen blieb er unheimlich still. Als ich ihn zehn Minuten später

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