Unser Leben mit George
wieder
herauslassen wollte, sah ich warum. Er hatte sich die Zeit damit vertrieben,
Zachs Aktenvernichter umzuwerfen, die spaghettidünnen Papierstreifen
herauszuzerren und nochmals selbst zu zerpflücken. Offenbar war er noch
sicherheitsbewusster als Zach. Es war eine unbeschreibliche Schweinerei. Ich
kniete mich hin und stopfte das zerkaute Papier in den Behälter zurück, ehe
Zach es sah.
»Alles in Ordnung?«, rief er aus dem
Wohnzimmer.
»Bestens!«, rief ich zurück. »Ich komme
sofort.«
Ganz schlimm wurde es, als wir zu Bett
gehen wollten. Obwohl ich Georges Korb mitgebracht hatte, den ich in eine
gemütliche Ecke des Arbeitszimmers gestellt hatte, weigerte er sich, auch nur
in seine Nähe zu gehen, wenn ich nicht bei ihm im Zimmer war und auf dem
kleinen Sofa neben ihm saß. Ich betete darum, dass er sich beruhigen und zum
Schlafen hinlegen würde, wenn ich die Tür zumachte, aber vergebens. Der Erfolg
war der vorhersehbare und nur zu bekannte Krach — im doppelten Sinne.
»Was ist bloß mit diesem Hund los?
Kannst du ihn nicht dazu bringen, still zu sein?«, stöhnte Zach gereizt kurz
nach Mitternacht, als wir versuchten, das jämmerliche Jaulen zu ignorieren, das
durch die Wand am Kopfende des Bettes kam.
»Wie kann man einen Hund dazu bringen,
still zu sein, Schatz?«
»Weiß ich auch nicht! Leg ihm ein
Kissen auf den Kopf!«
»Das ist furchtbar, wie kannst du so
etwas sagen!«
»Warum? Schließlich habe ich schon seit
einer halben Stunde eins auf meinem Kopf!«
Das stimmte. Ich hob eine Ecke an und
versuchte, mit Zach zu reden. »Zach... Sieh mal... Schatz? Rede mit mir!
Versuche doch mal, dich in Georges Lage zu versetzen. Deine Wohnung ist ihm
völlig fremd.«
Ein gedämpftes Stöhnen kam unter dem
Kopfkissen hervor. Dann hörte man das Kratzen von Klauen im Zimmer nebenan. Wie
der Blitz fuhr Zach hoch. »Moment, was ist das? Er kratzt an der Tür, nicht
wahr? Er ruiniert den neuen Anstrich!«
»Dann streiche ich es wieder! Der arme
Kerl hat Angst, die ganze Nacht über dort allein zu sein. Er denkt, ich habe
ihn verlassen.«
»Also wirklich! Wann wirst du endlich
aufhören, alles, was dieses verdammte Vieh tut, zu vermenschlichen?« Wütend
funkelte Zach mich an. Wenn der Blick, mit dem er mich bei unserem Kennenlernen
bedachte, auf der Liebesskala 99 von 100 Punkten erreicht hätte, so hätte er
jetzt bei minus zehn gelegen. »Judith, es ist ein Hund, kein Patient, der zur
Psychotherapie kommt!«
»Er würde sofort aufhören zu bellen,
wenn er hier rein dürfte, also warum bist du so schwierig?«
» Ich soll schwierig sein?«
»Kann er nicht wenigstens dieses
eine Mal hier bei uns schlafen? Er fürchtet sich. Er versteht nicht, was
los ist.«
Zach drehte mir den Rücken zu und zog
sich das Kissen wieder über den Kopf. »Ich auch nicht!« Seine Stimme verhieß
nichts Gutes.
»Was meinst du damit?«
»Du findest immer eine Entschuldigung
für diesen Hund!«
»Nein, tue ich nicht!«
»Wenn ich mir nur die Hälfte von dem
leistete, was er sich leisten darf! Können wir nicht eine Nacht zusammen
verbringen, ohne dass er sich zwischen uns drängt?«
Ich wusste, Zach hatte recht. Aber
dennoch war ich ihm böse. Denn George war nicht einfach nur George, für mich
war er ein Teil meiner Familie geworden. Warum konnte Zach nicht akzeptieren,
dass es mich nur im Paket gab? Warum wollte er mit dem Rest meines Lebens
nichts zu tun haben? Doch wir hatten uns schon so oft darüber gestritten, dass
es keinen Zweck hatte, erneut davon anzufangen, besonders nicht jetzt. »Es ist
spät. Lass uns jetzt praktisch denken, okay?«, sagte ich ganz sachlich. »Wir
wissen beide, dass George nicht still ist, wenn wir ihn nicht hier
hereinlassen. Oder wenn ich nicht bei ihm im Arbeitszimmer schlafe.«
»Warum machst du das dann nicht?«
»In Ordnung!«
Ich tat es. George war genauso froh,
mich zu sehen, wie Zach inzwischen froh war, mich loszuwerden. Ich legte mich
auf die Couch, zog mir die Decke über den Kopf und versuchte zu schlafen, aber
George war genauso ruhelos wie ich.
Als wir an diesem Morgen aufstanden,
waren Zach und ich sehr kurz angebunden miteinander. Statt den Tag bei ihm zu
verbringen, wie ich es ursprünglich vorgehabt hatte, setzte ich George ins Auto
und fuhr nach dem Frühstück mit ihm nach Hampstead zurück. Ich war todmüde. Ich
brauchte Freiraum und vor allem Ruhe. Ich hatte völlig vergessen, dass
Jahrmarkt war.
Es ist nicht weiter verwunderlich, dass
ich an diesem Tag
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