Unser Leben mit George
Nummer eines Notdienstes an, die ich versuchte, auswendig zu wiederholen,
was mir aber nicht gelang. Wir verloren weitere kostbare Zeit, indem ich
nochmals wählte und versuchte, mir die Nummer zu merken. In dem Moment sah Philip
ein Taxi, das — Wunder über Wunder — gerade ein paar Leute am Jahrmarkt
abgesetzt hatte. Obwohl George stark blutete, ließ uns der Fahrer einsteigen.
Während wir uns in den Wagen
quetschten, bekam ich einen Rückruf und jemand gab mir die Adresse einer Tierklinik
in Hendon, ungefähr fünf Kilometer weit entfernt. Ich sah George an und fragte
mich, ob er es bis dahin schaffen würde. Er schien benommen und verstört und
zitterte am ganzen Körper. Ich erinnerte mich dunkel an einen Tageskurs in
Erster Hilfe, den ich einmal gemacht hatte. Da war doch auch etwas über Schock
gewesen. Schock konnte so gefährlich sein wie eine Körperverletzung, fiel mir
ein, deshalb war es wichtig, den Verletzten nach einem Unfall warm zu halten.
Ob das auch auf Hunde zutraf? Ich zog meine Jacke aus und wickelte George darin
ein, dann setzte ich mich im Taxi auf den Boden und hielt meinen verletzten
Hund in den Armen, während der Fahrer mit uns zum tierärztlichen Notdienst in
Hendon fuhr.
»Wie ist denn das passiert?«, fragte
ich.
Sue war völlig aufgelöst. »Es war
furchtbar. Wir waren gerade über die Straße und hatten die Heide erreicht, als
ich ihn von der Leine ließ. Die Hauptwege waren sehr belebt, also gingen wir
nach links auf das kleine Wäldchen zu — du weißt schon, wo der umgestürzte Baum
liegt. Dort saßen ein paar Leute und machten Picknick. Sie sahen aus wie — ich
weiß nicht recht — wie Hippies oder Leute, die man auf Demos gegen den
Kapitalismus sieht, so mit langen bunten Röcken und Zöpfen und Strickmützen.
Die Sonne schien durch die Zweige, und alles sah so friedlich aus. Aber als
George auf sie zurannte, kam dieser... dieser Hund plötzlich vor uns hinter den
Bäumen hervor.«
»Er kam von nirgendwo«, sagte Philip.
»Ein braungelb geflecktes krummbeiniges Ungeheuer. Ein Staffordshire
Bullterrier. Sowie er George sah, blieb er wie angewurzelt vor ihm stehen.«
»Der arme kleine Kerl war wie erstarrt
vor Angst«, sagte Sue. »Ich rannte hin und wollte ihn hochnehmen, aber ehe ich
ihn erreicht hatte, war dieses Vieh schon auf ihn losgegangen! Er schlug ihm
die Zähne ins Fleisch und schüttelte ihn wie eine Stoffpuppe!«
»Mama war sehr mutig«, sagte Jessica.
»Sie rannte hin und schlug mit ihrer Handtasche auf den Hund ein. Aber der ließ
einfach nicht los...«
»Eine Frau, die auch auf dem Baumstamm
gesessen hatte, rannte auch hin und schrie den Staffordshire an. Wir erfuhren
dann, dass sie die Eigentümerin war. Sie versuchte, ihn wegzuzerren, aber es
gelang ihr nicht. Denn er war nicht nur nicht angeleint, er trug auch
nicht einmal ein Halsband! Er war völlig außer Kontrolle. Also fing sie an, ihn
auf den Kopf zu schlagen.«
»Und dann kamen alle möglichen Leute
angerannt, die überhaupt nichts damit zu tun hatten, und schrien sie an, sie
solle aufhören, ihren Hund zu schlagen, obwohl er sich immer noch in George
verbissen hatte!«
»Ich dachte wirklich, das war’s jetzt —
er bringt ihn um!«, schluchzte Sue.
»Und dann ließ der Terrier George
plötzlich los.«
»Und als Philip George wegtrug, traf er
zufällig einen Polizisten, und der kam dann auch angerannt. Ich schrie noch
immer die Frau an.«
»Der Polizist sagte, sie solle
aufhören, ihren Hund zu schlagen. Und er schrieb sie auf und sagte, sie und
ihre Freunde müssten mit einer Anzeige rechnen.«
»Wie konnte das nur passieren?« Sue
wischte sich die Tränen ab. »Es tut mir so schrecklich leid!«
»Warum denn? Es war doch nicht deine
Schuld!«
»Wenn wir George nicht mitgenommen
hätten, dann wäre das nicht passiert!«
»Ich habe euch doch gebeten, ihn
mitzunehmen! Ich wollte, dass er rauskommt. Wenn hier einer die Schuld hat,
dann bin ich es!«
Inzwischen waren wir bei der
tierärztlichen Notfallpraxis in Hendon angekommen. Sue, Jessica und ich rannten
mit George hinein, während Philip den Taxifahrer bezahlte, der nicht einmal ein
Trinkgeld nehmen wollte, obwohl die Türen seines Wagens mit Blut beschmiert
waren. Drinnen nahm eine Schwester mir George ab und brachte ihn sofort ins
Sprechzimmer, wir mussten in der Rezeption warten. Es kam uns wie eine Ewigkeit
vor. Obwohl sie gerade diesen blutigen Überfall auf George mit angesehen hatte,
war Jessica bemerkenswert tapfer. Sie
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