Unsere Claudia
heute bei ihr eingeschlichen hatte. Dies böse, garstige Gefühl, das Eifersucht heißt.
Onkel Peter konnte an einem andern Tage kommen. Nur nicht gerade ausgerechnet an einem Samstag, dachte Claudia.
Onkel Peter war furchtbar nett und freundlich. Sie mochte ihn im Grunde schrecklich gern.
Aber sonderbarerweise wurde dadurch alles nur noch schwieriger.
Claudia nahm den Verschluß aus dem Becken. Sie stellte das Geschirr weg und hängte die Geschirrtücher auf.
Verstohlen wischte sie sich die Augen. Claudia verstand sich selber nicht.
Ein Retter in der Not
„Viel Vergnügen, meine Claudia!“ Mutti winkte ihr von der offenen Wohnungstür aus zu, und gleich darauf hörte man ihre schnellen Schritte auf dem Hausgang, und nun schlug die Fahrstuhltür zu.
Claudia schaute auf die Uhr. Oh, sie hatte noch viel Zeit. Sie konnte noch Staub wischen und das Frühstücksgeschirr aufwaschen und einholen gehen, bevor sie fort mußte, um sich mit Fräulein Röder und den Klassenkameradinnen zu treffen.
„Diejenigen, die am Montag den Ausflug mitmachen möchten, treffen sich um zehn an der Endstation der Linie vierzehn“, hatte Fräulein Röder gesagt. „Seid bitte pünktlich. Wir warten bis fünf nach zehn, dann gehen wir aber los.“
Die Klasse pflegte ziemlich vollzählig zu erscheinen, denn diese Spaziergänge mit Fräulein Röder waren sehr beliebt. Sie erzählte und erklärte immer eine Menge interessanter Dinge, und sie war so geradeheraus und einfach, kein bißchen lehrerinnenhaft! Nun ja, sie war auch noch jung, und sie verstand sich so gut auf diese Dreizehnjährigen.
Claudia wischte Staub und trällerte vor sich hin und lächelte. Ihre Laune war wieder ganz hergestellt. Den Sonntag gestern hatten Mutti und sie allein verbracht und es war ein wirklich gemütlicher Tag geworden. Sie hatten einen Spaziergang gemacht und in einem kleinen Gasthaus zu Mittag gegessen, und abends waren sie ins Kino gegangen und hatten den großartigen Farbfilm „Ludwig II. von Bayern“ gesehen. Morgen wollte Claudia sich aus der Schülerbibliothek ein Buch über den schönen und unglücklichen, kranken König leihen – sie mußte unbedingt mehr über ihn erfahren, nachdem sie den Film gesehen hatte!
Und heute schien die Sonne, und sie hatten einen schulfreien Tag.
Claudia holte den Photoapparat hervor, den Evi ihr geliehen hatte. Sie wollte eine Aufnahme von Fräulein Röder und der ganzen Klasse machen. Und von den Klassenkameradinnen einzeln – und vielleicht ein paar schöne Landschaftsaufnahmen.
Daß die Wintersonne aber auch so schön schien, gerade an diesem Montag!
Sie stand am Fenster und sah den roten Glanz der Morgensonne auf den Dächern und Kirchtürmen der Stadt. Man hatte aber auch eine wunderbare Aussicht hier oben vom sechsten Stock aus.
Wie es in der Kirchturmspitze funkelte – und wie lustig sie aussahen, die schiefen Dächer der kleinen Häuser in dem alten Stadtteil. Rücken an Rücken standen sie, wie eine Herde geduldig wartenden Viehs.
Man mußte doch eigentlich ein wunderhübsches Bild von hier aus machen können, ein Bild von der Stadt in winterlicher Sonne.
Claudia öffnete das Fenster. Sie stellte den Photoapparat auf das Fensterbrett. Was hatte Evi doch noch gesagt – bei großer Entfernung, ja, da mußte dieser kleine Zeiger so gestellt werden – und bei starker Sonne – so, ja –, es war leicht, den Apparat einzustellen, er war einfach und klein, aber wie famos waren die Bilder geworden, die Evi ihr gezeigt hatte.
Claudia beugte sich vor, um die Gardine wieder hereinzuangeln, die nach draußen geweht war – und da –, da geschah es.
Der Apparat rutschte vom Fensterbrett, und ein paar Sekunden später konnte man hören, wie er unten auf dem Asphalt aufschlug.
„Ach nein – nein…“ Claudia redete laut mit sich selber, und die Tränen saßen ihr im Halse. Evis Apparat – er kostete mindestens dreißig Mark – und nun lag er dort unten völlig zertrümmert – ganz bestimmt –, woher aber sollte Claudia dreißig Mark nehmen, um einen neuen zu kaufen? Und was würde Evis Mutter sagen – Evi hatte vielleicht gar keine Erlaubnis bekommen, ihn zu verleihen – und ihr Vater? Evi hatte so einen furchtbar strengen Vater!
Alle diese Gedanken schwirrten Claudia im Kopf herum, während sie sich eine Jacke überzog und zum Fahrstuhl stürzte, hinunter und auf die Straße hinaus.
Dort stand ein Junge und hielt die kläglichen Überreste des Apparates in der Hand.
„Ist das
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