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Unsere Oma

Unsere Oma

Titel: Unsere Oma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Kleberger
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Lausebengel?« fragte der Onkel.
    »Ich habe ihm gesagt, er soll dich nicht so oft belästigen«, antwortete Oma.
    Der Onkel zupfte ärgerlich an seinem Bart. »Papperlapapp! Es ist besser, er belästigt mich, als wenn ich ihn nicht unter Aufsicht habe.«
    Da tauchte Jan an der Ecke des Affenkäfigs auf.
    »Komm her, mein Junge!« rief Oma. »Dein Onkel möchte sich gern von dir belästigen lassen.« Weiter fuhr sie ihre Bögen, während die beiden davonstapften.
    »Soeben ist ein neues Tier aus Afrika angekommen«, sagte der Onkel. »Wir wollen es zusammen auspacken.«
    »Ist es sehr wild?« fragte Jan.
    Der Onkel antwortete nichts. In dem großen Büroraum des Hauptgebäudes stand eine Kiste mit Luftlöchern. Ein Wärter zog mit einer Zange die Nägel heraus und stemmte dann den Deckel auf. Jan und der Onkel stießen mit den Köpfen zusammen, als sie sich zu gleicher Zeit über die offene Kiste beugten. Sie war mit Stroh gefüllt, und in einer Ecke hockte, in sich zusammengekrochen, ein zottiges braunes Tier. Der Onkel hob es heraus. Es war ein Affenkind, ein kleiner Schimpanse mit großen, erschrockenen Augen in dem hellbraunen Gesichtchen. Der Wärter hatte neben einem Schrank ein Strohlager bereitet, und der Onkel setzte das Äffchen sanft darauf. Sofort zog es sich in die äußerste Ecke zurück, krümmte sich ganz zusammen, hielt sogar die Hände vors Gesicht und spähte nur ein wenig durch die gespreizten Finger. Der Onkel versuchte, es zu streicheln, aber es wich ängstlich zurück.
    »Wir wollen es in Ruhe lassen«, sagte Onkel Ludi. »Es muß sich erst an die neue Umgebung gewöhnen.«
    Er deckte das Tier mit einer Decke zu und verließ mit Jan den Raum.
    »Wer hat es dir geschickt?« fragte Jan. »Und wo ist seine Mutter?«
    »Ein Freund von mir, ein Farmer, hat es im Urwald gefunden. Es war dort ganz allein. Vielleicht ist seiner Mutter bei der Nahrungssuche etwas zugestoßen. Schimpansinnen sind liebevolle Mütter; sie verlassen ihre Kinder nicht ohne Grund.«
    »Wird es sich an uns gewöhnen?«
    »Das weiß ich nicht. Es ist nicht leicht, kleine Schimpansen aufzuziehen, und das Tier ist noch sehr jung. Nachher werden wir versuchen, ihm etwas Milch einzuflößen.«
    Jan merkte, daß der Onkel während des Inspektionsganges nicht recht bei der Sache war, und auch er mußte immer an das Affenkind denken. Endlich gingen sie wieder zum Büro.
    »Der kleine Schimpanse läßt sich jetzt streicheln, aber er scheint nicht ganz gesund zu sein, er hustet«, sagte der Wärter besorgt.
    Der Onkel wollte dem Tierchen mit einer Babyflasche etwas Milch einflößen. Es drehte den Kopf weg und preßte die Lippen fest aufeinander. Er sprach leise auf das Äffchen ein und streichelte es sanft, aber es sah ihn nur angstvoll an und wandte jedesmal den Kopf ab, wenn er ihm die Flasche geben wollte.

    Beim Mittagessen waren Jan und der Onkel schweigsam. Oma blickte sie prüfend an, sagte aber nichts. Gleich nach dem Essen gingen sie wieder zu dem Äffchen, sprachen mit ihm und versuchten, ihm Milch einzuflößen, aber es wollte nichts zu sich nehmen. Manchmal erschütterte ein trockener Husten den kleinen Brustkorb. Je mehr Jan es anschaute, desto lieber gewann er es. Struppiges dunkles Fell bedeckte den kleinen Körper bis auf die Hände und Füße und das hellbraune Gesicht mit der breiten Nase und den sanften braunen Augen, die so menschlich blickten.
    Sie saßen bis zum Abend vor dem Strohlager und betrachteten das kleine, hilflose Bündel, das zitternd unter seiner Decke lag.
    »Wenn es nicht trinkt, schaffen wir es nicht«, sagte der Onkel niedergeschlagen, als sie zum Abendbrot nach Hause gingen.
    Das Essen wollte ihnen heute nicht schmecken. Lustlos stocherten sie in ihrem Rührei herum. Das konnte Oma nicht mit ansehen.
    »Was ist denn mit euch beiden los?« fragte sie.
    Jan und der Onkel sahen sich nur betrübt an.
    »Nun sagt endlich, was los ist!« drängte Oma.
    Da erzählte Jan von dem Schimpansenkind, daß es nicht fressen wolle und den Husten habe und daß es so traurig aussehe, vielleicht weil es sich nach seiner Mutter sehne.
    »So schlimm wird’s schon nicht sein«, meinte Oma. »Ich werde nachher mal nach ihm sehen.«
    »Glaubst du, daß du mehr von Tieren verstehst als ich?« brummte der Onkel.
    Trotzdem gingen sie nach dem Essen alle zusammen in das Büro. Der Wärter öffnete ihnen. Auch er sah bekümmert aus. In der Ecke lag zusammengekrümmt das Affenkind, zitternd und hustend und blickte sie aus

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