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Unsichtbare Blicke

Unsichtbare Blicke

Titel: Unsichtbare Blicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Maria Reifenberg
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Wochen später.»
    Sie reichte Miki das Foto aus der Radarfalle. Hinter dem Steuer des Autos saß eine Person mit einer Baseballkappe. Statur und Kleidung deuteten auf einen Mann.
    «Lena Zusak war eine sehr zierliche Person, der Fahrer dieses Wagens ist mindestens über einen Meter achtzig, eher knapp zwei Meter. Die Ermittlungen verliefen aber im Sand, auch die Suche nach dem PKW .»
    Stella zog drei Fotos aus der Akte, die ein baugleiches Auto von der Seite, von vorne und von hinten zeigten: ein Volvo V 70  Diesel, Baujahr 2007 , blau, Caspian-Blau-Metallic. Ein viertes Foto stammte aus dem Besitz von Werner Zusak.
    Auf der seitlichen hinteren Scheibe klebte die grüne Raute. Das Vereinswappen von Werder Bremen.
    «Gib eine Fahndung nach dem Auto raus», befahl Stella. «Ich möchte, dass bundesweit in jeder noch so verstaubten Polizeiakte gesucht wird, in der blaue Volvos Baujahr 2007 aufgetaucht sind. Der Busfahrer in Dornbusch, der Tankwart, der ganze Ort werden nach diesem Auto befragt. Dasselbe im Umfeld der anderen Opfer und am Verladeort des Containers, in dem Sarah gefunden wurde. Meinetwegen sollen sie ein paar Leute von diesem dämlichen Telefon abziehen.»
    Saito telefonierte mit seinem Handy. Stella räumte die Reste des Frühstücks vom Tisch in die Spüle und auf die Anrichte. Noch ein paar schmutzige Teller machten nun auch nichts aus. Sie holte ihr Festnetztelefon und wählte eine Nummer, die sie sich auf einem gelben Klebezettel notiert und auf Lena Zusaks Akte geklebt hatte.
    «Was hast du noch im Ärmel?», fragte Miki Saito.
    «Lena Zusak hat kurz vor ihrem Verschwinden mit einer Freundin in Berlin, mit Mareike Sonntag telefoniert.»
    Die Hebamme hatte ebenfalls diesen Namen erwähnt: Mareike. Lena hatte sich Ewigkeiten nicht bei der ehemaligen Freundin gemeldet, hatte diese ausgesagt. Dann kam plötzlich der Anruf, den Lena wohl an der Tankstelle bei Hannover geführt hatte.
    «Über was haben sie geredet?», fragte Saito, überflog noch einmal die Papiere, fand aber – genau wie Stella am Abend zuvor – nichts über den Inhalt des Telefonats.
    «Das würde ich auch gerne wissen», sagte Stella, während sie eine Telefonnummer in den Apparat tippte. «Lena Zusak meldet sich ewig und drei Tage nicht, dann ruft sie an, dann verschwindet sie. Davor oder dazwischen ist irgendetwas passiert.»
    Nach ein paar Klingelzeichen hob jemand ab. Am anderen Ende herrschte Stille, dann war ein Kreischen zu hören.
    «Hallo?», sagte Stella.
    Ein kleiner Junge antwortete mit schnell heruntergerasselten Worten, als habe er sie auswendig gelernt: «Ich bin ein Sonntagskind und heiße Timon …» Stella erinnerte sich an die Ansage des Anrufbeantworters, auf dem sie Mareike Sonntag bereits eine Nachricht hinterlassen hatte. Jetzt hatte sie den Sprecher des Textes persönlich am Hörer. «… und die Mami kann grade nicht, weil die Suse die Windel voll mit Kaka hat.» Das Sonntagskind ließ sich dazu überreden, die Mami trotz Suses Kaka zu holen.
    Stella schaltete den Lauthörer ein.
    Mareike Sonntag meldete sich mit einer tiefen, harzigen Stimme. Laut Akte verdiente sie ihren Lebensunterhalt als Sängerin.
    «Frau Sonntag», kam Stella gleich zur Sache, «ich hatte Ihnen ja schon angekündigt, dass ich noch ein paar Fragen zu Lena Zusak oder früher Bruckner habe.»
    «Die Nachricht auf dem Band … ja, ja …»
    «Es geht um das Telefonat mit Ihnen am Tag des Verschwindens.»
    «Gibt es ein Lebenszeichen von Lena?»
    «Nein, leider nicht.»
    «Sie ist nicht abgehauen, niemals, dazu ist sie nicht der Typ. Zuerst habe ich mich gewundert, dass sie überhaupt noch meine Nummer hatte, der Kontakt war ziemlich eingeschlafen. Ich musste auf die Bühne an dem Abend, hatte das Handy nur wegen der Kinder noch eingeschaltet, ich singe in Clubs, wissen Sie, und der Timon muss manchmal auf die Kleinen aufpassen. Ich konnte mir nicht die ganze Geschichte anhören. Wir wollten später telefonieren, nach dem Auftritt, aber dazu kam es dann nicht mehr.»
    «Waren Sie überrascht wegen des Anrufs?»
    «Ja, schon. Wir waren früher dicke Freundinnen, aber das ist lange her, wie das so ist, nach der Schule trennen sich die Wege, irgendwie.»
    «Sie hatten seit dem Abitur keinen Kontakt mehr?»
    «So ungefähr.»
    «So ungefähr? Was heißt das?»
    «Lena ist in die USA gegangen, Harvard oder eine andere von den Edeldingern. Die einzige Deutsche mit einem Stipendium und so. Wer da studiert, dem steht alles offen, hat sie

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