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Unsichtbare Blicke

Unsichtbare Blicke

Titel: Unsichtbare Blicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Maria Reifenberg
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hat, ist er jedenfalls noch kein Kunde bei uns.»
    Die Staatsanwältin öffnete den Beutel und entnahm dem Umschlag Fotos. Beim Betrachten pfiff irgendjemand durch die Zähne. Ein anderer raunte, dass Josie wohl doch nicht so ein unbeschriebenes Blatt gewesen sei. Es zeigte das Mädchen mit einem jungen Mann in völlig eindeutigen Positionen. Ohne jeden Zweifel hatte jemand die beiden bei einem Schäferstündchen fotografiert.
    «Das passt zu dem, was Rotter uns erzählt hat. Es gab einen Beobachter, der sich sehr für Josies Privatleben interessierte», sagte Saito.
    «Es gab einen Spanner», korrigierte Annika Borden ihn.
    «So kann man es auch ausdrücken. Offensichtlich hat er sie nicht nur über die Webcam bespitzelt.»
    «Er war in ihrer Nähe.»
    «Ja, zumindest während der Klassenfahrt nach Berlin. Davon gab es nämlich auch ein paar Aufnahmen. Leider sind die Fotos mit einem Allerweltsgerät ausgedruckt worden. Wir suchen gerade alle, die auf der Klassenfahrt dabei waren. Wegen der Ferien ist das nicht ganz einfach.»
    «Gut», sagte Stella. «Gibt es Hinweise aus der Öffentlichkeit?» Sie deutete auf den Stapel Zeitungen und Zeitschriften, die vor Winterstein lagen.
    Winterstein nickte den beiden jungen Kommissaren zu. Peter Stein erhob sich, ein blasser Typ, dem Stella am liebsten zuerst einen Energydrink und ein Fleischwurstbrötchen angeboten hätte, so schlotterte das verblichene T-Shirt und eine Jeans an seiner mageren Gestalt.
    «Was soll ich sagen», legte er mit erstaunlich satter und rollender Stimme los, «nada, trifft es bisher am besten, niente, nichts, nullo. Jedenfalls nichts, das uns weiterbringt. Die Mädels wurden im Golfclub Lindau-Bad Schachen gesehen, gleichzeitig leider aber auch in Warnemünde und Krakau und ich weiß nicht, wo. Die zentrale Telefonnummer hat die Sache etwas erleichtert, aber natürlich rufen auch Unmengen von Verrückten bei den örtlichen Polizeidienststellen an. Wir bleiben dran. Mehr Leute wären gut», fügte er noch an.
    «Okay, mehr Leute wären immer gut», sagte Stella. «Nachbarn, Umfeld, Arbeit, Schule?»
    Saito übernahm wieder das Wort. «Gähnende Langeweile. Man sollte meinen, in einem Ort wie diesem hätte jeder seine Augen überall, weil nichts passiert, gerade nachdem es vor nicht allzu langer Zeit diesen ermordeten Jungen gegeben hat, aber Fehlanzeige.»
    «Kennen alle den Fall?»
    Alle nickten. Natürlich kannten ihn alle. Es hatte eine Menge Spektakel darum gegeben.
    «Gut, weiter.»
    «Schule: nichts. Es sind Ferien. Eltern: nichts. Wir haben Kontakt zu der Gemeinde, in der Horst Sonnleitner arbeitet, über die versuchen wir, den Aufenthaltsort in Polen herauszufinden. Viele Freundinnen hatte Josie Sonnleitner nicht …»
    «Miki!»
    «
Hat
, Entschuldigung, hat Josie nicht. Sarah dafür umso mehr, was man so Freundinnen nennt. Und Freunde auch, besonders Freunde. Sarah scheint sehr … lebenslustig zu sein. Ich habe eine Liste, die wir in den nächsten Tagen abarbeiten. Josies Freund, der kleine Italiener, den Sarahs Mutter ansprach, ist mit zwei Freunden und einem Rucksack irgendwo auf dem Balkan unterwegs. Er heißt Felix Diuso.»
    «Was ist mit Josies Ferienjob?»
    Endlich hellte sich Saitos Miene auf.
    Kluschke und Pettersson rutschten ungeduldig auf ihren Stühlen herum.
    «Mutter Oberin hat ihre Nonnen, ihre Alten und erst recht ihr Personal voll im Griff, und wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich gesagt, sie hat ihre Ausbildung bei der Stasi gemacht, ist ja auch so eine Art Orden gewesen, oder?»
    «Ich muss doch sehr bitten!», ermahnte Winterstein.
    «Josie hatte Stress. Sie bestätigt im Prinzip, was wir von Rotter wissen, irgendetwas muss kurz vor dem Verschwinden der beiden passiert sein. Sonst habe sie Josie als eher verschlossenes, zuverlässiges Mädchen gekannt, beliebt bei den Senioren und für ein junges Mädchen erstaunlich selbständig im Umgang mit ihnen. Auch als sie einen jungen Mann kennengelernt habe, sei sie immer ihren Pflichten pünktlich nachgekommen, seit kurzem allerdings sei sie sehr durch den Wind gewesen.»
    «Kennt sie diesen Felix?», fragte Stella.
    «Nein, den nicht, das war auch nicht der Name, den sie nannte. Die Schwester sprach von einem
Geronimo
, und den kannte Josie schon einige Zeit länger. Die ehrwürdige Mutter hat nämlich schon vor Monaten einen Chat gelesen, den Josie an einem Abend auf dem PC im Büro der Heimleiterin geführt hat. Josie wurde wohl zu einem ihrer Pfleglinge gerufen

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