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Unsichtbare Blicke

Unsichtbare Blicke

Titel: Unsichtbare Blicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Maria Reifenberg
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einzufühlen.»
    Stella lachte. «Okay, dann auf zu Milieustudien.»
    Der Biergarten und der gesamte Park mit der rechteckigen Wasserfläche, die nach dem Zweiten Weltkrieg künstlich angelegt worden war, brummten, obwohl sie erst kurz nach Mitternacht dort ankamen. In den letzten Jahren hatte sich die Grünanlage zur zentralen Grillstation der Studentenschaft der nahegelegenen Universität entwickelt. Über dem gesamten Gebiet lag eine Dunstglocke.
    Der eigentliche Biergarten war brechend voll. Saito besorgte zwei Flaschen bei einem fliegenden Händler, und sie setzten sich auf eine halbrunde Treppe, die in wenigen Stufen hinunter zum Wasser führte.
    Stella hielt die Flasche hoch. Miki titschte leise mit seiner dagegen. Beide nahmen einen Schluck. Von der Seite wehte ein süßlicher Geruch herüber. Eine Clique von Jungs ließ einen Joint wandern. «Auch mal», fragte ein kahlgeschorener Typ, um dessen Hals diverse Lederbändchen mit Federn und Amuletten baumelten.
    «Bin im Dienst», sagte Stella.
    «Uiii, im Dienst!?!», echoten die Jungs.
    «Geheimdienst?», fragte einer seiner Kumpel.
    «Quatsch. Sieht man doch, Drogendezernat», kicherte der Geschorene. Auch der Rest der Clique fand seinen Gag umwerfend.
    Am gegenüberliegenden Ufer begann eine Trommelcombo ihre Instrumente zu bearbeiten. Oben auf dem Hügel applaudierten die nächtlichen Gäste einem Feuerschlucker.
    «Das ist also Leben», frotzelte Miki. «Rauchvergiftung, Treibhausgase, Drogen, Lärmbelästigung – ich glaube, wir verpassen nichts.»
    «Trink aus, wir gehen», nahm Stella die Vorlage auf, aber sie blieben sitzen.
    «Was hast du in Berlin vor?», fragte Miki.
    «Vor siebzehn Jahren in Berlin. Drei Frauen, drei Kinder. Zwangsläufig gehört dazu auch ein Mann.»
    «Drei Männer.»
    «Die Männer wissen allerdings nicht unbedingt etwas von ihrem Vaterglück. Tania Strecker wurde irgendwo geboren, vielleicht zu Hause, vielleicht auf einem Bahnhofsklo, dann hat die Mutter sie in einer Kirche in den Beichtstuhl gelegt und ist gegangen.»
    «Keine Chance, auch nur irgendetwas herauszufinden.»
    «So sieht es aus. Bei Celine ist es ähnlich aussichtslos. Die Frau hat bei einem Arzt geklingelt, das Kind bekommen und ist abgehauen. Mit dem Arzt habe ich gesprochen. Er erinnert sich an eine Frau in den Vierzigern, sie hatte eindeutig schon Kinder bekommen, hat keinen Ton gesprochen. Der Arzt vermutet, sie kam aus dem slawischen Raum, mehr haben wir nicht. Josie wurde im Krankenhaus geboren.»
    «Ohne Angabe des Namens, keine Personalien, Versicherungskarte?»
    «Anfang der Neunziger gab es noch keine Versicherungskarte. Du füllst einen Aufnahmebogen aus, und bei Notfällen ging da einiges durcheinander, oder jemand täuschte absichtlich. Es ist gar nicht so selten, dass die Mütter nach der Geburt einfach verschwinden und die Daten alle für die Tonne sind.»
    «Und so war es bei Josie?»
    «Das weiß ich nicht. Aber genau das will ich in Berlin herausfinden. Ich habe bereits mit dem Krankenhaus telefoniert.»
    «Und wenn sich nichts findet?»
    «Bauen wir auf Kluschke und Pettersson, Silikate und Oxide und was weiß ich nicht und hoffen, dass einer von einer gefühlten Million Hinweise aus der Bevölkerung ein Treffer ist.»
    «Scheiße», sagte Miki.
    «Stimmt», sagte Stella.
    «Glaubst du, die Mädchen leben noch?»
    «Die beiden anderen wurden kurz nach ihrem Tod gefunden, er macht sich keine Mühe, die Körper zu verstecken. Und vorher haben sie einige Zeit gelebt.» Stella wusste, dass das keine Garantie war.
    Das erste Opfer war fast drei Monate verschwunden gewesen, Celine schon nur noch sechs Wochen. Wenn er das Tempo weiter so anzog – und das war bei Serientätern meistens der Fall –, hatten sie nicht viel Zeit.

34
    Ich konnte endlich die Augen öffnen. Die sonderbaren Blitze in meinem Kopf waren noch nicht ganz verschwunden.
    Wie in einem Film, wenn mit Tricks die Schussbahn einer Pistolenkugel in Zeitlupe zu verfolgen ist. Ein Film mit Keanu Reeves, war der erste Gedanke, ich hoffte, dass es ein Gedanke war, kein Traum oder eine Wahnvorstellung. Er lernt, sich schneller als das Licht zu bewegen, nein, er überwindet Raum und Zeit, Neo, und eine Frau, die Trinity hieß, und dann war da Felix, immer wieder Felix.
    Vielleicht bewahrten mich die Bilder von ihm, die sich immer wieder zwischen die Angst und die Träume schoben, vor der totalen Panik. Ein Film, wir hatten ihn zusammen angeschaut, eine DVD , Science-Fiction, ich mochte

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