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Unsichtbare Kräfte

Titel: Unsichtbare Kräfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Diener.
    William Hogan wandte sich hastig um, drehte die Lampe des Schreibtisches so, daß er sich im Schatten des grünen Schirmes befand. Moleiro trat ein, nahm Platz.
    »Ihr telegrafischer Bericht, Señor Moleiro, bedarf noch einiger Ergänzungen. Ich ließ Sie deshalb zu mir kommen. Wiederholen Sie nochmals kurz, was Sie in der bewußten Angelegenheit auf Ihrer schottischen Reise ermittelt haben!«
    »Ich war genötigt, um neugierigen Fragen aus dem Wege zu gehen, eine Reihe von Grundstücken zu kaufen, darunter auch das bewußte am Fluß mit der Hütte des Fischers. In Edinburgh gelang es mir, einen vertrauenswürdigen Arzt zu gewinnen, der bereit war, eine Exhumierung der Leiche vorzunehmen.
    Ich allein besorgte das Öffnen des Grabes. In geringer Tiefe stieß ich auf die vermoderten Reste eines Sarges. Nachdem ich alle Holzteile sorgfältig entfernt, kam ein menschliches Skelett zum Vorschein. Ihrem Wunsche gemäß ließen wir die Überbleibsel möglichst unberührt. Der Arzt stieg zu mir in die Grube und begann seine Untersuchung.
    Das Ergebnis ist Ihnen ja bekannt, Mr. Hogan. Der Arzt diagnostizierte die Leichenreste als die eines jungen Mädchens - etwa zwanzig Jahre alt, blondhaarig.«
    »Und Sie fanden keinerlei Gegenstände, die der Verwesung getrotzt haben? Schmucksachen vielleicht?«
    Moleiro senkte verlegen den Kopf, zögerte mit der Antwort.
    »War da nicht etwa ein Ring?« kam Hogans Frage.
    »Allerding, Señor Hogan! Ein Ring. Er lag zwischen den Knochen der linken Hand.«
    »Wie sah er aus? Wo ist er?«
    »Ich steckte ihn zu mir. Nachdem wir das Grab wieder zugeschüttet hatten, gingen wir in die Hütte, wo der Arzt in meiner Gegenwart ein Protokoll über den Befund niederschrieb. Dabei lag der Ring auf dem Tisch. Es war ein schmaler Damenring mit drei kleinen Brillanten ohne besonderen Wert.« Nach einer kleinen Pause fuhr Moleiro unsicher fort: »Der Ring lag links neben mir auf dem Tisch. Rechts von mir saß der Arzt. Als er fertig war und ich aufstand, wollte ich den Ring wieder an mich nehmen. Aber er war verschwunden!«
    Hogan sprang auf und schritt unruhig im Zimmer hin und her. Schließlich ging er wieder zu seinem Stuhl, wollte sich darauf niederlassen. Da hielt er plötzlich an. Die Füße wie festgewurzelt am Boden, den Oberkörper weit zurückgebeugt. Er wollte sich aufrichten, taumelte.
    Moleiro sprang hinzu, suchte ihn zu stützen. »Señor Hogan, was ist Ihnen?«
    Der stieß ihn zurück, trat einen Schritt vor, bückte sich. Moleiros Augen folgten Hogans Blick. Da lag ein Ring! Hogan hob ihn auf, trug ihn zum Schreibtisch.
    »Der Ring! Da ist er ja!« Moleiro ergriff ihn mit zitternden Fingern, betrachtete im Schein der Lampe die funkelnden Steine, den Reif, die Fassung.
    »Er ist’s!« Moleiro suchte sich zu fassen, fuhr stotternd fort: »Doch wie kommt er hierher?«
    »Das frage ich Sie, Señor Moleiro! Ich gestehe, die Überraschung war groß für mich. Doch jetzt, bei näherer Überlegung ... Nur Sie können ihn hierhergebracht haben!«
    Moleiro stammelte wirre Entschuldigungen? »Gewiß - wenn Sie, Señor Hogan, es sagen, muß es wohl so sein! Aber ich verstehe es nicht. Die Kleidung, die ich in Schottland trug, ließ ich dort. Wenn er in einer Tasche gesteckt hätte, so wäre es unmöglich, daß er dann in diesen Anzug gekommen wäre, ohne daß ich ihn hineingetan. Und ich ...«
    »Gehen Sie jetzt, Señor Moleiro! Der Auftrag mag Ihre Nerven angegriffen haben. Sie sind auf acht Tage beurlaubt. Halten Sie sich weiter zu meiner Verfügung!«
    Moleiro ging zur Tür, öffnete sie. Während er sich umwandte, schlüpfte ein kleines Windspiel herein, das freudig an Hogan emporsprang. Der streichelte ihm zärtlich den schmalen Kopf, warf ihm ein Stückchen Zucker zu, das durch das Zimmer rollte.
    Da, kaum einen Schritt von dem Zucker entfernt, blieb das Windspiel stehen, fing an, wütend zu kläffen. Hogan sah lächelnd dem Hund zu, der mit dem Zucker zu spielen schien. Doch als das Tier nicht mit dem Bellen aufhörte, stand er selbst auf, nahm den Zucker, hielt ihn dem Windspiel hin. Aber es wandte den Kopf, hastete, bald vorwärtsbald zurückspringend, nach der Tür.
    »Bilhao!« Hogan wurde zornig. »Hierher zu mir!«
    Der Hund folgte widerwillig, legte sich zu Hogans Füßen auf den Boden, den Kopf knurrend auf die Tür gerichtet.
    Eine Erinnerung tauchte in Hogan auf. Er schloß sekundenlang die Augen ...
    Damals, vor dreißig Jahren, an jenem Schicksalstag, als er mit seinem

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