Unsichtbare Kräfte
Vater in Roßmore-Castle zusammensaß ... Hektor, sein alter Jagdhund - hatte der nicht auch solch auffälliges Gebaren gezeigt, so, als wäre eine dritte Person im Zimmer, die ...?
Ganz deutlich stand jetzt alles vor seinen Augen.
Er machte eine jähe Bewegung. Der Hund deutete sie falsch, sprang auf, eilte zur Tür, fuhr aufheulend zurück.
Blitzschnell griff Hogan in die Tasche. Eine Waffe funkelte in seiner Hand, zwei Schüsse fuhren krachend in die Tür.
Das Splittern im Holz verscheuchte die gespenstischen Gedanken. Hogan atmete tief. Narr, der ich bin!
Da wurde die Tür aufgerissen. Ein paar Diener eilten angstvoll herein, blieben erstaunt stehen, als Hogan sie mit ruhig lächelnder Miene empfing.
»Keine Furcht, José!« redete er den einen an. »Eine kleine Schießübung. Die Löcher da in der Tür - ihr seht sie ja! Geht nur wieder!«
Als Hogan allein war, schwand seine künstliche Gelassenheit. Unruhig ging er im Zimmer auf und ab. Bilhao schlich ängstlich neben ihrem Herrn hin und her. Doch jetzt, an der Tür, blieb sie stehen, neigte schnuppernd die Nase. Hogan sah’s und ging auf den Hund zu, schob ihn zur Seite. Was sah er da?
Zwei Blutstropfen auf dem Boden! Blut - Blut - Hogan wischte mechanisch mit dem Finger darüber, hielt ihn ans Licht. Blut - Menschenblut?
Er schlug die Hände vors Gesicht. Dann wandte er sich um, stürmte wie ein Wahnsinniger durch den Raum.
Bin ich toll geworden? Ich, William Hogan, der Mann mit den eisernen Nerven, wie sie mich nennen? Sollen Erinnerungen an Zeiten, die ein Menschenalter zurückliegen, mich jetzt noch wahnsinnig machen können?
Mit einem Ruck blieb er stehen, starrte in den Spiegel. War das sein Bild? Diese verzerrten Züge, diese übernatürlich großen Augen, diese zerfurchte Stirn?
Er riß die Tür zum Schlafzimmer auf, erfrischte dort Gesicht und Hände. Atmete auf.
Meine Nerven sind zerrüttet. Nichts anderes! Torheit, daß ich Moleiro nach Schottland sandte! Wozu das alles? ... Vivian ist tot!
Er ging in das Arbeitszimmer zurück. Sein Blick fiel auf den Schreibtisch, auf den glitzernden Ring unter der Lampe. Er riß ein Fach des Schreibtisches auf, warf den Ring hinein, schloß es ab. Schloß ab mit allem, was ...
Die Tür ging auf. Der Sekretär trat ein. »Die Konferenz, Señor Hogan! Der Wagen steht vor der Tür!«
*
Die Sitzung bei Torno. Man hatte den Vortrag des Marineministers angehört, der dafür eintrat, die äußersten Machtmittel einzusetzen, um dieses furchtbaren Gegners Herr zu werden. Zum Schluß streifte Torno noch einmal den Stand der Friedensunterhandlungen in Manaos. Wie immer, drängte der Marineminister auf Abbruch der Verhandlungen, während Torno ebenso heftig dagegensprach.
Da stand Hogan auf, begann zu reden. Wie unter körperlichen Schmerzen quollen die Worte von seinen Lippen:
». Friedensschluß mit Venezuela um jeden Preis!«
Die anderen blickten ihn verständnislos an. Der Marineminister rief ihm entrüstet zu: »Señor Hogan, wollen Sie Ihren Scherz mit uns treiben?«
Auch Torno war überrascht. Ein solches Ansinnen aus Hogans Mund?
Der sprach unbeirrt weiter: »Nach den zuverlässigen Berichten meiner Agenten dürfte der Sturz der jetzigen venezolanischen Regierung nur noch eine Frage von Tagen sein. Die neue Regierung, mit Guerrero an der Spitze, wird bis zum letzten Atemzug kämpfen.«
Hogan hob abwehrend die Hand gegen den Kriegsminister. »Sie wollen sagen, Señor Revelador, daß wir doch Sieger bleiben werden - und so weiter ... Caracas besetzen - das Ziel Ihrer Wünsche ist uns ja bekannt!« Er hielt inne. »Sie mögen denken, wie Sie wollen! Ich will mich nicht darauf einlassen, Ihnen die Gründe für meine Meinungsänderung zu erklären. Meine Ansicht über das, was zu tun ist, ist ja, da ich nur als Gast hier weile, für Ihre Beschlußfassung nicht maßgebend. Ich wiederhole nur noch einmal: Die Friedensverhandlungen sind um jeden annehmbaren Preis so rasch wie möglich zum Abschluß zu bringen, da eine Fortsetzung des Krieges unter den jetzigen Umständen die Opfer nicht lohnt.«
Torno nickte Hogan leise zu. Die anderen beiden verharrten in eisigem Schweigen. Hogan erhob sich, wollte gehen. Da trat ein Adjutant ein, überbrachte eine Depesche an Aposta.
Der riß sie auf. Dann las er vor: »Die Arsenale von Manaos durch Bombenabwürfe zur Explosion gebracht. Die Stadt in Flammen. Die Friedensunterhändler haben den Ort fluchtartig verlassen.«
Der Marineminister zerknitterte wütend
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