Unsichtbare Kräfte
Frieden jetzt ein gutes Stück näher. Sollten Sie später vielleicht den bunten Rock für immer ausziehen wollen, so brauchen Sie mir nur ein Wort zu sagen! Leute wie Sie kann ich jederzeit gebrauchen. Doch nun zum Zweck unserer Zusammenkunft! Wie ich Ihrem Bericht entnehme, sind alle wichtigen Teile der erbeuteten Station in den militärischen Werken Campinas aufgebaut, und das Fehlende ist ergänzt?«
Tejo nickte.
»Es handelt sich also darum, die Apparate in Tätigkeit zu setzen, den Drosteschen Treibstoff bei uns selbst herzustellen. Sie werden sich am besten an das Laboratorio Nationale wenden, das Ihnen ein paar tüchtige Fachleute zur Verfügung stellen kann.«
Tejo wiegte zweifelnd den Kopf. »Mag sein, Señor Hogan. Doch werden wir auch ohne solche Hilfe zu Rande kommen.« Tejo achtete nicht darauf, daß Hogan ärgerlich das Gesicht verzog. »Ich halte die Sache für ziemlich einfach. Der Punkt, um den sich die ganze Fabrikation dreht, ist ein Zusatzmittel, von dem wir ansehnliche Mengen in der Station am Furo fanden. Unklar allerdings ist mir einstweilen noch die Art der Zusammensetzung dieses Zusatzmittels. Und das zu ergründen, könnten Proben davon an eine Anzahl Laboratorien geschickt werden, mit dem Auftrag, sie genau zu analysieren. Doch das wird eine gewisse Zeit dauern. Ich will daher vorläufig mit den vorhandenen Vorräten den Betrieb aufnehmen und soviel wie möglich von dem Treibstoff fertigstellen. Unsere Flieger werden staunen!«
»Alle Schwierigkeiten wären behoben«, fiel Hogan ein, »wenn der deutsche Starrkopf bereit wäre, uns sein Geheimnis zu offenbaren. Es wurden ihm die bündigsten Versicherungen gegeben, daß ihm das Leben geschenkt, er nach Friedensschluß unbehelligt in die Heimat zurückkehren würde. Doch der eigensinnige Mensch scheint lieber sterben zu wollen, als die Erfindung preiszugeben.«
»Nun, es geht auch ohne ihn! Über die Fabrikation bin ich mir völlig im klaren. Die Hauptsache bei dem Verfahren ist eben das Zusatzmittel. Wird eine gewisse Menge davon unserem gewöhnlichen Treibstoff zugefügt, so gewinnt die Mischung eine geradezu wunderbare Speicherfähigkeit. Es wird dann möglich, mit Hilfe einfacher Metallelektroden elektrische Energie in einer fast unglaublichen Quantität in die Flüssigkeit zu laden.«
»Nun gut! Wenn Sie’s gern allein durchführen wollen - besten Erfolg! Doch was sagen Sie zu den letzten Nachrichten aus Nord Venezuela?«
Eine gleichgültige Handbewegung. »Ich messe den kleinen Fehlschlägen keine Bedeutung bei. Damit muß man ja immer rechnen. Daß größere venezolanische Truppenmassen in Aktion getreten sind, halte ich für ausgeschlossen. Ehe die da oben ankommen können, haben wir unsere Front derart verstärkt, daß sie sich die Köpfe blutig rennen werden.«
»Sind Sie dessen so sicher?«
»Unbedingt, Señor Hogan!«
Ein Morseschreiber begann zu arbeiten. Hogan riß den Streifen ab, gab ihn seinem Besucher.
»Nun?« fragte er kurz, als auch Tejo gelesen hatte.
»Allerdings - diese Nachricht klingt recht betrüblich. Es droht anscheinend die Gefahr, daß unsere quer über Venezuela gespannte Front durchbrochen wird. Ich muß sagen, ich stehe da vor einem Rätsel. Hoffe jedoch bestimmt ...«
»Rätsel, mein lieber Oberst?« Hogans Stimme hatte einen ironischen Ton. »Rätsel haben wir leider in diesem Krieg genug raten müssen. Auch ich hoffe, daß es unserer Heeresleitung gelingt, das Schlimmste abzuwenden. Denn ein Rückschlag müßte die Kriegsmüdigkeit bedenklich steigern«
Die Nachrichten vom Kriegsschauplatz in den nächsten vierundzwanzig Stunden waren wenig tröstlich. Zwar suchte die brasilianische Heeresleitung die Größe der Niederlage zu verschleiern, doch schien jedem Einsichtigen klar, daß der Durchbruch so gut wie vollendet war, daß alle Versuche der Armee, die Front wieder zu schließen, an dem hartnäckigen Widerstand der venezolanischen Truppen scheiterten.
Hogans Stimmung verschlechterte sich mit dem Fortschreiten des Tages immer mehr. Er wollte sich eben zur Abendmahlzeit niedersetzen, da wurde ihm eine Depesche gebracht.
»Schwere Explosion in Campinas. Versuchslaboratorium dreiundzwanzig in die Luft geflogen. Die darin befindlichen Menschen tot ...«
Mit wütenden Flüchen schleuderte er das Papier zu Boden - Flüche über Tejo - kein Wort des Bedauerns, des Mitleids mit dessen plötzlichem Ende.
»Die Analysen!« schrie er laut. »Hätte ich wenigstens die! Doch Tejo wollte ja die
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