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Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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sich die Zähne und legte sich in Unterwäsche ins Bett. Sie lag noch lange wach, bevor sie einschlief und nur zwei Stunden später von einem seltsamen, verstörenden Traum geweckt wurde. Sie stand auf, trank ein Glas Wasser und legte sich wieder hin. Immer und immer wieder lief der Traum wie ein Film ab, und sosehr sie auch versuchte einzuschlafen, es gelang ihr nicht mehr. Um halb sechs stellte sie den Alarm des Weckers aus und blieb noch eine halbe Stunde liegen. Was hatte es mit diesem Traum auf sich? Sie wusste es nicht und wollte auch nicht darüber nachdenken. Ihre Beine waren schwer, als sie in die Küche ging, um eine Banane zu essen, in der linken Schläfe schien ein kleiner Mann zu sitzen, der mit einem winzigen Hammer von innen dagegenschlug .
    Das kann ja lustig werden, dachte sie und nahm eine Tablette, in der Hoffnung, sie würde helfen. Doch die Kopfschmerzen wurden nur noch schlimmer.

 
    MONTAG, 23.58 UHR
     
    Butcher hatte den Polizeifunk an und stellte fest, dass die Verkehrskontrollen aufgehoben worden waren. Es war ein schöner Abend gewesen, und er fühlte sich beschwingt und elend zugleich. Er mochte Carina, er meinte sogar zu spüren, dass er sich in sie verliebt hatte, und gleichzeitig wurde ihm bewusst, dass diese Liebe ihm nichts nützen würde. Er hatte sie belogen, alles, was er über sich gesagt hatte, war eine große Lüge .
    Lediglich der kurze Teil, als sie sich über Musik und Literatur unterhalten hatten, war nicht gelogen. Was für ein gottverdammtes Scheißleben!, dachte er und raste über die Autobahn, Rammstein dröhnte in seinen Ohren, und fuhr bei Schleswig ab und machte noch einen Schlenker Richtung Innenstadt, die wie ausgestorben war. Er kam am Hafen und den Königswiesen vorbei, und von der Königstraße bog er rechts in die Plessenstraße ab. Zu seiner Linken stand der Dom, rechts ein paar Häuser, dann kam die Schlei und weiter hinten der Holm, die alte Fischersiedlung .
    Sie stand allein auf dem Bürgersteig, als würde sie auf jemanden warten. Er blickte in den Rückspiegel, vor und hinter ihm war kein Auto zu sehen. Er hielt, ließ das Fenster herunter und sagte ausgesprochen freundlich: » Darf ich Sie mitnehmen, Frau Kaiser? Oder warten Sie noch auf jemanden? «
    Sie stöhnte auf und nickte. » Sie schickt der Himmel. Ich habe schon vor einer halben Stunde das Taxi bestellt, aber die werden auch immer unzuverlässiger. Na ja, dann spar ich mir wenigstens die Taxikosten, das kann sich ja sowieso bald keiner mehr leisten. «
    Das musst gerade du sagen, dachte er und wartete, bis sie eingestiegen war und sich angeschnallt hatte .
    » Was machen Sie um diese Zeit noch hier? «, fragte sie .
    » Ich habe mich mit einem Kunden in Flensburg getroffen und hab danach noch ein Bier in meiner Stammkneipe getrunken. «
    » Sie fahren alkoholisiert? «
    » Sie haben doch auch was getrunken, oder etwa nicht? Und jetzt erzählen Sie mir bloß nicht, dass Sie abstinent bleiben, wenn Sie mit Ihrer eigenen Schrottkarre unterwegs sind. «
    » Wie reden Sie mit mir? Das ist impertinent … « Zu mehr kam sie nicht, sie spürte nur noch, wie ihr etwas an die Seite gehalten wurde und ihr kurz darauf die Sinne schwanden. Mehrere Sekunden lang jagte ein gewaltiger Stromstoß durch ihren Körper. Frau Kaiser sackte in sich zusammen und schlug mit dem Kopf gegen die Seitenscheibe .
    Endlich hältst du dein dummes Maul, dachte er und fuhr au s S chleswig hinaus und gelangte nach mehreren Kilometern an ein kleines Waldgebiet in unmittelbarer Nähe zum Langsee, wo er sich auskannte wie in seiner Westentasche. Jeder Winkel dort war ihm vertraut, jeder Baum, jeder Stumpf, jeder Fuchsbau. Er lenkte den Wagen durch einen Waldweg und stellte ihn zwischen den Bäumen ab. Nur selten verirrte sich jemand hierher, schon gar nicht um diese Zeit. Er nahm die Tasche mit den Utensilien und das Nachtsichtgerät aus dem Kofferraum, den er fast geräuschlos zuklappte, zog die noch immer Bewusstlose heraus und schleifte sie zu einer sehr einsamen Stelle. Eine Stelle, die für ganz besondere Opfer reserviert war. Durch das Nachtsichtgerät erkannte er jede Unebenheit im Boden (die Unebenheiten stammten zum größten Teil von Bundeswehrfahrzeugen, die ab und an hier durchfuhren, wenn Übungen abgehalten wurden), und er sah Eulen, die er sonst nie zu Gesicht bekommen hätte. Ein paar Zweige knackten unter seinen Schuhen, Vögel zwitscherten, als würden sie sich in ihrem Schlaf gestört fühlen, bis er nach zwei

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