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Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Seifenblase zerplatzte.
    Enttäuschungen hatten ihr Leben geprägt, und das sah Butcher ihr an.
    »Natürlich. Weißt du, wie ich mir eben vorkomme? Wie eine der Figuren auf den Gemälden von Edward Hopper, wo die Einsamkeit regiert. Dabei fühle ich mich im Moment überhaupt nicht einsam. Ich glaube, mir wird nur bewusst, was in der Vergangenheit alles war und wie die letzten Jahre verlaufen sind. Kennst du Hopper?«
    »Ja, ich hab sogar einen Kalender von ihm im Schlafzimmer hängen. Ich schau da oft drauf und denke, diese oder jene Frau, das könnte ich sein. Komisch, dass wir so viele Gemeinsamkeiten haben.« Ein paar Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie beugte sich nach vorn, nahm ein Papiertaschentuch vom Tisch und wischte sich über die Augen.
    »Was ist los?«, fragte Butcher.
    »Nichts, gar nichts. Es ist einfach ein schöner Abend. Ich hab schon gar nicht mehr damit gerechnet, dass ich so was noch mal erleben würde. Komm, wir trinken noch den Rest, es sei denn, du …«
    »Schon gut, nach dem Essen wirkt der Alkohol nicht so stark. Ich muss auch bald los, mein Dienst beginnt um acht.«
    »Verstehe. Und wenn ich dich bitten würde zu bleiben? Nur so. « Carina sah ihn von der Seite an. Ihre Haare waren leicht zerzaust.
    » Nicht heute «, sagte Butcher und streichelte ihr übers Haar . »Lass es uns langsam angehen, die Zeit läuft uns nicht davon.«
    »Entschuldigung, ist wohl der Wein. Du kannst kommen, wann immer du möchtest. Ich fühl mich wohl in deiner Nähe, irgendwie sicher und geborgen. «
    » Das kommt daher, weil ich ein Polizist bin «, erwiderte er lachend.
    » Nein, das hat damit überhaupt nichts zu tun. Es ist deine Art. « Sie füllte die Gläser mit dem restlichen Wein, nahm einen Schluck, stellte das Glas auf den Tisch und ließ sich zurückfallen und legte ihren Kopf auf Butchers Brust. » Ich habe mich ewig nicht so wohl gefühlt. Ich werde diesen Abend als einen ganz besonderen in meinem Kalender vermerken. Und das nur, weil Jule gestern abgehauen ist und ein Schutzengel sie mir zurückgebracht hat. «
    » Zufall. «
    » Nein, eher Fügung. Ich glaube nicht an Zufälle. Alles hat eine Bestimmung, doch wir erkennen sie meistens nicht. «
    Ja, dachte Butcher, es gibt keine Zufälle. Aber warum musste ich ausgerechnet Carina kennen lernen? Warum?!
    » Carina, es tut mir leid, aber ich sollte mich besser aufmachen. Es ist schon fast zwölf, und ich hab noch einen ziemlichen Weg vor mir.«
    » Wo wohnst du eigentlich? «
    » Gleich bei Böklund, da, wo die guten Würstchen herkommen. Und auch ein paar gute Menschen. «
    » Trinken wir noch aus? «
    » Klar. «
    Sie leerten ihre Gläser und erhoben sich gleichzeitig. Butcher zog seine Jacke über, und Carina sagte: » Möchtest du noch einen Blick in Jules Zimmer werfen? «
    » Wird sie nicht wach? «
    » Wenn sie schläft, dann schläft sie. Die wird durch nichts so leicht wach. Und wenn doch, kommt sie eben in mein Bett. Manchmal darf sie das. Ich hab ja sonst niemanden zum Kuscheln.«
    Sie öffnete leise die Tür, ein Nachtlicht in Form eines Halbmondes spendete mildes Licht. Jule schlief tief und fest. Die Bettdecke lag an ihren Füßen, wie er das auch von seinen Töchtern kannte, als sie noch kleiner waren .
    » Du hast einen echten Schatz «, flüsterte er. » Pass gut auf ihn auf. «
    » Mach ich. « Sie lehnte die Tür nur an und begleitete Butcher bis zum Ausgang. Sie stellte sich dicht vor ihn und sah ihn an .
    » Tschüs, und komm gut heim. « Ihr Blick drückte mehr aus, als tausend Worte es vermocht hätten. Butcher fühlte ein Kribbeln in den Beinen, im Bauch und im Kopf. Keinen Druck, sondern diese angenehme, sanfte Wärme, die ihn durchströmte. Er nahm Carina in den Arm und drückte sie fest an sich und küsste sie, wie er noch nie eine Frau geküsst hatte .
    » Vielleicht bin ich schon morgen wieder hier. Du bist eine ganz besondere Frau. Tschüs, und schlaf gut. «
    Sie wartete, bis er eingestiegen war und gewendet hatte, und winkte ihm nach, bis die Rücklichter um die Ecke verschwunden waren. Wieder im Haus, räumte sie die Gläser und die Flasche weg und setzte sich noch einen Moment auf das Sofa .
    Sie weinte, stand wieder auf und blies die Kerzen aus. Insgeheim hatte sie gehofft, er würde bleiben, andererseits fand sie es gut, dass er gefahren war. Er gehört eben nicht zu jenen, di e n ur an das Eine denken. Komm morgen wieder, dachte sie, bitte, komm wieder. Carina wusch sich im Bad das Gesicht und putzte

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