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Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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gegenüberliegenden Seite der B 76 und der Schlei konnte man deutlich den Schleswiger Dom, die Möweninsel und einen Großteil der Stadtsilhouette ausmachen, nur wenige Meter entfernt schimmerte der kleine Turm der Ansgarkirche durch die Bäume. Lisa Santos war regelmäßig in Schleswig, ihre Großeltern mütterlicherseits lebten hier, wie schon früher deren Eltern und noch weitere fünf Generationen davor. Und nie hätte sie es für möglich gehalten, dass am andern Ufer dieser malerischen kleinen Stadt solch brutale und sinnlose Verbrechen geschehen könnten. Verbrechen, die sie nie bearbeiten wollte und jetzt doch dazu gezwungen wurde.
    Fischer und die andern waren schon seit über einer Stunde hier, er begrüßte Henning und Santos. Der Fotograf schoss unzählige Bilder vom Opfer und der direkten Umgebung .
    Viel finden werdet ihr nicht, dachte Henning, als er über den noch nassen Asphalt lief. Verdammter Regen!
    » Kommt mit, da hinten liegt sie. Kann noch nicht sehr lange tot sein, maximal zwölf Stunden, sagt jedenfalls unser Doc. Ein Jogger hat sie gefunden, als er mal musste.«
    Santos und Henning gingen mit ihm zu der Fundstelle, die sie nur allzu gut in Erinnerung hatten, und begaben sich in die Hocke. Die Tote lag seltsam verkrümmt da, bis auf die weißen Tennissocken war sie nackt. Fischer hatte Recht gehabt, der Fundort war fast auf den Millimeter genau der gleiche, und auch die restlichen Details erinnerten stark an den Mord an Sabine Körner. Henning würde das Bild nie vergessen, vor allem aber nicht das, was hinterher alles geschehen war. Sein ganzes Leben war aus den Fugen geraten. Erst hatte er seinen Kummer im Alkohol zu ertränken versucht, was ihm nicht gelungen war, dann hatte er sich immer mehr von seiner Fami lie entfernt, bis seine Frau das manchmal tagelange Schweigen nicht mehr aushielt und vor zweieinhalb Jahren bei Nacht und Nebel die Kinder genommen und abgehauen war. Genau ein Jahr und drei Tage später wurde die Ehe geschieden. Die gemeinsamen Kinder sah er einmal im Monat, und bei jedem Treffen merkte er, wie sehr vor allem Elisabeth noch an ihm hing. Und jedes Mal, wenn das Wochenende vorbei und er wieder allein in seiner bescheidenen, kärglich eingerichteten Wohnung war, überkam ihn das heulende Elend, das er jedoch keinem zeigte, denn dazu war er zu stolz. Er hatte immer noch Gefühle für seine Exfrau und hätte eine Menge dafür gegeben, wieder mit ihr und den Kindern zusammen zu sein .
    Aber das war Wunschdenken, denn wenn sie sich sahen, verhielt sie sich äußerst reserviert, fast feindlich ihm gegenüber .
    Er kannte auch die Gerüchte, die über ihn im Präsidium verbreitet wurden. Angeblich sei er Alkoholiker und würde sich Huren ins Haus holen, wenn die Einsamkeit ihn übermannte und der Druck in den Lenden kaum noch zu ertragen war .
    Doch nichts von dem stimmte. Er trank zwar ab und zu ein Bier, aber er war schon lange nicht mehr betrunken gewesen .
    Sein einziges Laster war das Rauchen, mit dem er vor fast vier Jahren begonnen hatte, obwohl ihm Zigaretten gar nicht schmeckten.
    Aber all dies wurde hier und jetzt bedeutungslos, als er vor der Toten stand, einer jungen Frau, die noch ihr ganzes Leben vor sich gehabt hätte. Jung, hübsch und tot. Die Reiseutensilien achtlos neben sie geworfen wie damals bei Sabine. Mit der Ausnahme, dass diese junge Frau nackt war. Alles, was sie noch trug, waren ehemals weiße Socken .
    » Und? «, fragte Santos und sah Henning an .
    » Er fängt an zu spielen «, war die knappe Antwort, während er das sich ihm bietende Bild in sich aufnahm. » Wie heißt sie? «
    » Miriam Hansen aus Husum. Neunzehn Jahre alt. Scheint gerade von einer längeren Reise zurückgekommen zu sein. Sie war so bummelig ein halbes Jahr unterwegs. «
    » Woher weißt du das? Hat sie dir das gesagt? «, fragte Henning, ohne aufzuschauen.
    » Sie hat einen Reisepass dabei. Sie war unter anderem in Marokko, Algerien und Tunesien. Vermutlich ist sie per Anhalter zurückgefahren, hat ’ s aber nicht ganz bis nach Hause geschafft «, sagte Fischer, der alte Fuchs, trocken. » Was meinst du mit › er fängt an zu spielen ‹?«
    » Kann ich jetzt nicht erklären, aber der Fundort ist identisch mit dem vor viereinhalb Jahren. Nur mit dem Unterschied, dass der Täter sich diesmal vermutlich an seinem Opfer vergangen hat. Wie ist sie gestorben? «
    » Wahrscheinlich durch Genickbruch. Und außerdem solltet ihr euch das mal anschauen. Hier «, sagte Fischer und

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