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Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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die Titel durchging .
    » Sie hat offensichtlich auf die härteren Sachen gestanden .
    Deep Purple, Led Zeppelin, Iron Maiden, fast nur Hardrock und Heavy Metal. Ziemlich ungewöhnlich für jemanden in ihrem Alter, oder? Ich meine, die meisten jungen Leute stehen doch eher auf Rap, Hip-Hop oder Techno. «
    » Hm. «
    » Mein Gott, kannst du nicht mal mehr als nur › Hm ‹ sagen? «, entfuhr es Lisa Santos , der allmählich der Geduldsfaden riss.
    »Hm.« Henning sah sich weiter um, zog die Schreibtischschubladen heraus, blätterte in einem Klarsichtordner und meinte: »Hier, die Zusage für den Studienplatz im Oktober.«
    »Und?«
    »Nichts weiter. Sie hat sich wohl ’ne Auszeit genommen, bevor der Ernst des Lebens beginnt oder besser beginnen sollte. Ihren Platz kriegt jetzt jemand anders«, fügte er noch hinzu.
    »Und was hältst du davon ? «, fragte Santos nach ein paar Sekunden und hielt ihm eine Art Tagebuch hin, das als Kalender getarnt war und das sie im Kleiderschrank zwischen der Unterwäsche gefunden hatte. Henning nahm es und las den Eintrag, auf den Santos deutete.
    » Gibt ’ s noch mehr davon? «, fragte er mit undurchschaubarer Miene.
    » Mal sehen. « Sie blätterte weiter und nickte. » Massig. Die ist nicht nur einfach so abgehauen, die hatte die Schnauze gestrichen voll. Wenn das stimmt, was sie hier schreibt, dann kann ich sie verstehen. «
    » Sie war sechzehn, als dieser Carstensen in die Familie kam .
    Sechzehn und alles andere als ein hässliches Entlein. Könnte mir schon vorstellen, dass der sich an sie rangemacht hat. Und ihre kleine Schwester ist … «
    » Stopp! Hier, lies selbst. «
    Henning überflog die Zeilen und sagte: » Das ist also die heile Welt der Hansens. Sauber. Und die Mutter macht die Augen zu, weil sie den Kerl nicht verlieren will. «
    » Ich werde Frau Hansen darauf ansprechen. Mal sehen, was sie dazu meint. Die Kleine hat noch ihr ganzes Leben vor sich, und wenn ich mir vorstelle, dass da ein Typ ist und … Ich krieg ’ s Kotzen! «
    Sie hatte kaum zu Ende gesprochen, als Frau Hansen ins Zimmer kam.
    » Ich bin fertig. Herr Carstensen wird in wenigen Minuten hier sein und mich begleiten. «
    Lisa Santos steckte das Tagebuch ein und sagte: » Gut, dann warten wir. Nachher, wenn wir in der Rechtsmedizin fertig sind, würde ich gerne noch ein paar Worte mit Ihnen wechseln. «
    » Worüber? «
    » Nicht jetzt, die Zeit, Sie verstehen. «
    » Natürlich «, sagte Miriams Mutter. » Kann Heike mitkommen? Ich meine, ich werde sie nicht mit hineinnehmen, sie soll ihre Schwester so in Erinnerung behalten, wie sie sie zuletzt gesehen hat. « Sie presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. Ein paar Tränen liefen erneut über ihr Gesicht, die sie schnell wegwischte.
    » Kinder dürfen sowieso nicht in die Rechtsmedizin, nur in absoluten Ausnahmefällen «, entgegnete Santos. » Wir brauchen übrigens noch ein Foto von Miriam. «
    » Wozu? «
    » Für Fahndungsplakate und so weiter. Sie wollen doch sicher auch, dass ihr Mörder so schnell wie möglich gefasst wird. «
    » Natürlich «, antwortete sie erneut, als würde sie dieses Wort regelmäßig gebrauchen. Natürlich, natürlich, natürlich. Wie eine Maschine, dachte Santos. » Hier, nehmen Sie das, es wurde im vergangenen Sommer aufgenommen. Ein neueres habe ich leider nicht. Sie wird sich in der kurzen Zeit ja wohl nicht so sehr verändert haben. «
    » Nein, hat sie nicht «, sagte Santos nach einem Blick darauf und steckte das Foto ein.
    Sie begaben sich wieder ins Erdgeschoss und zur Eingangstür mit den Butzenscheiben. Der böige Ostwind hatte die Wolken vertrieben und der Sonne Platz gemacht, und sollte der Wetterbericht Recht behalten, so würde zumindest das Wochenende regenfrei werden. Aber Lisa Santos war hier aufgewachsen und wusste, dass das Wetter wohl nirgendwo in Deutschland unberechenbarer war als in Schleswig-Holstein.
    Heike hatte sich inzwischen umgezogen. Ihr Gesicht war verheult, die Augen rot und hilfesuchend auf Santos gerichtet, die sich fragte, ob ihre Befürchtungen stimmten oder es doch nur heiße Luft war. Sie hätte das Mädchen am liebsten in den Arm genommen. Vielleicht hätte sie es auch getan, wäre die Mutter nicht da gewesen, die ihre Tochter sofort an sich drückte .
    Ein Wagen fuhr vor, die Tür wurde aufgeschlossen, und ein sehr großgewachsener, schlanker Mann, den Santos auf Anfang bis Mitte fünfzig schätzte, kam herein. Er stürzte auf Frau Hansen zu, ohne die

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