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Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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war ein Gang, vor dem er sich jedes Mal fürchtete, denn die Reaktion der Angehörigen war meist Entsetzen, Schreien oder die Unfähigkeit, irgendetwas zu sagen oder sich die Seele aus dem Leib zu heulen, bis hin zum Zusammenbruch, bis ein Arzt kam und die entsprechenden Maßnahmen durchführte, meist in Form einer Beruhigungsspritze.
    Vor dem Eingang hing ein goldenes Schild: Gemeinschaftspraxis Dr.  med. Jürgen Schöffer und Dr.  med. Katja Schöffer, Fachärzte für Innere Medizin, Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren und darunter die Sprechzeiten. Na ja, einen Arzt werden wir nicht holen müssen, dachte Henning nur.
    Ein großgewachsener, schlanker Mann, den Henning auf knapp vierzig schätzte, öffnete die Tür. Er trug eine beige Stoffhose und darüber ein weißes Hemd, dessen beide obersten Knöpfe offen standen. Ein attraktiver Mann, wie Santos feststellte .
    » Ja? «, sagte er mit müder Stimme, während er die Beamte n m usterte. Er wirkte übernächtigt, dunkle Bartstoppeln sprossen in seinem Gesicht, die Stirn hatte er hochgezogen .
    » Herr Schöffer? «
    » Ja, wer denn sonst? Wenn Sie von der Presse sind, können Sie gleich wieder verschwinden, ich … «
    » Henning, Kripo Kiel, das ist meine Kollegin Frau Santos. «
    Er hielt seinen Ausweis hoch, Schöffer warf einen kurzen Blick darauf.
    » Bitte? Wieso Kripo Kiel? Ich hab doch schon alles gesagt … «
    » Dürfen wir reinkommen, wir hätten noch ein paar Fragen zu Ihrer Tochter. «
    » Bitte. Meine Frau ist im Wohnzimmer, sie ist völlig mit den Nerven runter. Und ich auch, wie Sie sich vielleicht vorstellen können. Wenn wir nur wüssten, wo Mel ist. «
    Sie begaben sich vom Flur im Parterre aus, wo sich auch die Praxisräume befanden, in den ersten Stock. Sehr viele Grünpflanzen rundeten das gemütliche Gesamtbild ab. Hinter dem Haus erstreckte sich ein großer Garten mit vielen Bäumen und einer ausgedehnten Rasenfläche. Der Boden war mit Teppichen belegt, an den Wänden hingen moderne Bilder, so modern, dass Henning nichts damit anfangen konnte. Im Wohnzimmer stand eine Frau am Fenster und schaute hinaus auf den Garten, der jetzt durch den wolkenverhangenen Himmel trüb und trist wirkte.
    » Katja, hier sind zwei Beamte der Kriminalpolizei Kiel. Sie würden gerne mit uns reden. «
    Die Angesprochene drehte sich wie in Zeitlupe um. Ihr Gesicht war unnatürlich blass, sie zitterte leicht, dunkle Ränder unter den Augen und die vielen gebrauchten Taschentücher in einem kleinen Papierkorb neben der Couch zeugten von wenig oder gar keinem Schlaf in der vergangenen Nacht und vielen Tränen. Sie ging mit schweren Schritten zur Couch, wo sie sich vorsichtig hinsetzte. Vor ihr auf dem Tisch stand ein Gla s W asser, während ihr Mann sich aus einer Flasche Bourbon bediente, indem er ein Glas im Beisein von Henning und Santos wieder füllte.
    » Dürfen wir? «, fragte Henning und deutete auf die Sitzgarnitur.
    » Entschuldigen Sie, natürlich «, sagte Schöffer und kippte den braunen Inhalt des Glases in einem Zug hinunter. Henning fragte sich, wie jemand überhaupt dieses Zeug trinken konnte .
    Er hatte es einmal probiert und sich beinahe erbrochen, weil es in seinen Augen wie Seife schmeckte. Das Wohnzimmer strahlte eine einladende Gemütlichkeit aus. Es war modern und teuer eingerichtet und wirkte keineswegs überladen, ganz im Gegenteil, hier herrschte Understatement pur. Arzt müsste man sein, dachte Henning, der gleichzeitig seine bescheidene Wohnung vor Augen hatte.
    » Herr und Frau Schöffer «, begann Henning, nachdem sie Platz genommen hatten, nur Schöffer blieb stehen, » wir müssen Ihnen leider die traurige Mitteilung machen, dass Ihre Tochter einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist. Es tut uns leid, Ihnen keine bessere Nachricht überbringen zu können. « Er wartete auf eine Reaktion der Eltern, die jedoch anders ausfiel, als er vermutet hatte.
    » Ich habe damit gerechnet «, sagte Schöffer ruhig, was vielleicht auch am Alkohol lag, und setzte sich nun ebenfalls .
    » Wo …? «
    » In einem kleinen Ort zwischen Bad Oldesloe und Bad Segeberg, deshalb sind auch wir gekommen. «
    » Was … «
    » Sie wurde ermordet. «
    » Mein Gott «, sagte Katja Schöffer und schüttelte den Kopf .
    » Warum Melanie? «
    » Sie muss ihrem Mörder zufällig begegnet sein «, meldete sich Lisa Santos zu Wort. » Wir gehen davon aus, dass es auf de r R aststätte Buddikate war. Sind Sie in der Lage, uns ein paar Fragen zu beantworten?

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