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Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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    » Können wir sie sehen? «, wollte Schöffer wissen, als hätte er die Frage von Santos nicht gehört.
    » Nein, das wäre nicht gut. Es ist kein schöner Anblick. Behalten Sie sie so in Erinnerung, wie Sie sie zuletzt gesehen haben. «
    » Was hat man mit ihr gemacht? Hat man sie so übel zugerichtet? War es einer, oder sind gleich mehrere über sie hergefallen? «, fragte Schöffer.
    » Wir gehen von der Tat einer Einzelperson aus «, antwortete Henning.
    » Was hat er mit ihr gemacht? Sagen Sie schon, wir können es vertragen. «
    » Also gut, wenn Sie darauf bestehen. Wie es aussieht, hat er sich an ihr vergangen, er hat sie mit zahlreichen Messerstichen getötet, und er hat ihr die Augen ausgestochen. Vielleicht verstehen Sie jetzt, warum es nicht so gut wäre, sie noch einmal zu sehen. «
    » Ich würde es trotzdem gerne «, erwiderte Jürgen Schöffer und blickte Henning an. » Sie werden das nicht verstehen, aber ich möchte ihr noch einiges sagen. «
    Henning überlegte, Santos antwortete für ihn: » Ich werde veranlassen, dass sie nach der Autopsie entsprechend hergerichtet wird. Allerdings nur das Gesicht. Dürfen wir Ihnen jetzt unsere Fragen stellen, auch wenn Sie einige davon sicher schon unseren Kollegen aus Wismar beantwortet haben? «
    » Bitte, nur zu. «
    » Was für ein Mädchen war Melanie? «
    Schöffer lachte kehlig auf und meinte: » Mein Gott, was für eine Frage! Sie war fünfzehn, und Sie werden doch wohl wissen, wie die heutigen Fünfzehnjährigen so sind … «
    Santos unterbrach ihn schnell: » Es geht nicht darum, wie Mädchen in diesem Alter für gewöhnlich sind, sondern wir möchten ein paar Dinge über Melanie erfahren, die sie zu etwas Besonderem gemacht haben. «
    Schöffer sah zu seiner Frau, die seinen Blick für einen Moment erwiderte. Er goss sich noch einen Bourbon ein, drehte das Glas zwischen den Fingern und trank es wieder in einem Zug leer.
    » Meine Medizin, die ich selten und auch dann nur in Maßen zu mir nehme «, versuchte er sich zu rechtfertigen. » Aber heute ist eine Ausnahme. Also gut. Melanie ist nicht unsere leibliche Tochter, wir haben sie adoptiert, als sie sechs Monate alt war. Ich bin leider zeugungsunfähig, aber wir wollten unbedingt ein Kind haben. « Er stockte und sah gedankenverloren zu Boden, bevor er fortfuhr: » Das mag sich jetzt vielleicht pietätlos anhören, aber sie war ein schwieriges Kind. Wir hatten sehr viele Probleme mit ihr, obwohl wir sie wie unser eigen Fleisch und Blut behandelt haben. Als wir sie bekommen haben, war sie kränklich und hat viel geschrien. Erst später haben wir über Umwege erfahren, dass ihre Mutter drogenabhängig war. Ob sie noch lebt, kann ich nicht sagen. Aber je älter Mel, so haben wir sie genannt, wurde, desto me hr entglitt sie uns. Wir haben einfach keinen Zugang mehr zu ihr gefunden. Sie hat in den letzten Monaten immer wieder damit gedroht, abzuhauen, aber wir haben das natürlich nicht so ernst genommen. Ihre schulischen Leistungen waren auch nicht gerade berauschend. Dazu kam, dass wir herausgefunden haben, dass sie schon seit längerem mit verschiedenen Jungs und sogar älteren Männern intime Beziehungen pflegte. Und wir haben erfahren, dass sie regelmäßig Haschisch und Marihuana geraucht hat, und ich denke, da waren auch noch ein paar andere Drogen mit im Spiel. Kann sein, dass sie da etwas von ihrer Mutter geerbt hat, obwohl die Abhängigkeit von Droge n e igentlich nicht erblich ist, zumindest gibt es bis heute keinen wissenschaftlichen Beleg dafür. «
    » Wusste Melanie, dass sie adoptiert war? «, fragte Henning .
    » Ja, wir haben es ihr vor etwa zwei Jahren gesagt. Sie hat ganz gelassen reagiert, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt. Meine Frau und ich dachten, dass wir dadurch vielleicht einige Missverständnisse klären könnten, aber das war nicht der Fall. «
    » Melanie war eine in sich vollkommen zerrissene Person «, unterbrach Katja Schöffer ihren Mann mit energischer Stimme, was sowohl Henning als auch Santos überraschte .
    » Jürgen, es hat keinen Sinn, wenn wir versuchen, Dinge zu entschuldigen, für die wir nichts können. Oder vielleicht können wir doch was dafür, aber darüber nachzudenken würde sowieso zu nichts führen. Glauben Sie mir, mir wäre lieber, ich müsste nicht so von ihr sprechen, aber Melanie war aufsässig, sie hat sich in der Schule etliche Male mit Mitschülerinnen geprügelt, das erste Mal mit acht, danach wurde sie immer

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