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Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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gezeigt, wenn sie damit etwas bezwecken oder erreichen wollte. Tut mir leid, wenn sich das alles für Sie vielleicht kalt und gefühllos anhört, aber di e v ergangenen Jahre sind nicht spurlos an uns vorübergegangen. Es gab oft Momente, in denen wir verzweifelt waren und mit dem Schicksal gehadert haben, warum ausgerechnet wir ein solches Kind bekommen haben. Aber es hat wohl so sein müssen, denn wir haben dadurch auch eine Menge über uns gelernt. Es ist schlimm, was mit ihr passiert ist, und ich wünschte, ich könnte sie wieder lebendig machen. Andererseits hat sie oft genug mit ihrem Leben gespielt, wenn sie sich mit Leuten eingelassen hat, die nicht gut für sie waren. Möglicherweise … Nein, das würde zu weit führen. «
    » Was wollten Sie sagen? «, fragte Santos, als Schöffer nicht weitersprach.
    » Also gut. Möglicherweise ist sie diesmal an jemanden geraten, der nicht mit sich hat spielen lassen. Vielleicht hat sie aber das Unglück selbst heraufbeschworen. Sie hätten sie einfach kennen müssen, dann wüssten Sie, wovon ich spreche. «
    Santos warf Henning einen Blick zu und meinte: » Wir haben gehört, Melanie soll sehr kontaktfreudig gewesen sein … «
    » Kontaktfreudig ist leicht untertrieben. Die Worte schüchtern oder zurückhaltend waren ihr fremd. Uns sind Dinge zu Ohren gekommen, bei denen wir uns fragten: Wie kann eine Dreizehnjährige so was machen? Angeblich hat sie sich schon in dem Alter von einem Typ entjungfern lassen, der leicht ihr Großvater hätte sein können. Das haben wir aber auch erst später von einer ehemaligen Freundin erfahren, mit der Melanie sich zerstritten hatte. Bei ihr war das so: Sie hatte Freundinnen und Freunde en masse, sie warf sie weg wie Müll und hatte im nächsten Moment schon wieder neue Freunde. Keine Ahnung, wie sie das angestellt hat, es muss mit ihrer Fähigkeit zusammengehangen haben, andere auf eine sehr subtile Weise zu manipulieren. Wissen Sie, ich dachte immer, man muss eine gewisse Lebensreife und -erfahrung haben, um so vorgehen zu können, aber sie hat jeden, wirklich jeden locker um de n F inger gewickelt. « Er machte eine Pause und lehnte sich zurück. Seine Frau war aufgestanden, holte Tassen aus dem Schrank und den Kaffee sowie Milch und Zucker aus der Küche und schenkte ein.
    » Milch und Zucker nehmen Sie sich bitte selbst «, sagte sie und setzte sich wieder.
    » Danke, sehr freundlich. Haben Sie das, was Sie uns berichtet haben, auch den Kollegen hier erzählt? «
    » Nein, die haben auch ganz andere Fragen gestellt. Welche Freunde Mel hatte und so weiter. Warum interessiert Sie eigentlich, was für eine Persönlichkeit Mel war? «
    » Einfach so «, antwortete Henning. Schöffers Gesichtsausdruck verriet, dass er ihm diese Antwort nicht abkaufte, aber er stellte keine weiteren Fragen.
    » Möchten Sie Melanies Zimmer sehen? «, fragte Katja Schöffer .
    » Gerne. «
    Sie erhoben sich und folgten ihr ein Stockwerk höher und gelangten in ein überdimensional großes Zimmer mit einer Dachschräge.
    » Nicht übel «, bemerkte Henning, als er sich umsah. Ein ganzes Stück größer als meine Stinkbude, dachte er .
    » Wir haben versucht, und das war vielleicht unser größter Fehler, ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Sie hat sich etwas gewünscht, und wir haben es ihr gekauft. Sie sehen ja selbst, was hier alles rumsteht. Aber hinterher kann man viel sagen und spekulieren, was wäre besser gewesen, wo hätten wir härter durchgreifen müssen, wo hätten wir auch mal nein sagen müssen und so weiter. Tatsache ist, dass Melanie zu keiner Zeit bereit war, sich unterzuordnen. Das fing schon an, als sie noch ein kleines Kind war. Wenn sie etwas nicht bekommen hat, hat sie so lange geschrien, bis wir es nicht mehr ausgehalten haben und auf ihre Forderungen eingegangen sind. Und im Lauf e d er Jahre hat sich das alles gesteigert, bis daran fast unsere Ehe zerbrochen wäre. «
    » Darf ich Ihnen eine ganz persönliche Frage stellen? «, sagte Santos, die direkt neben Katja Schöffer stand .
    »Ja.«
    » Haben Sie Melanie geliebt? «
    » Ja, das habe ich, denn ich hatte mir nichts sehnlicher als ein Kind gewünscht, und mein Mann auch. Es hat lange gedauert, bis wir endlich unser Wunschkind in den Armen halten durften. Wir wollten auch unbedingt ein Mädchen haben. Es sind eben so Träume und Vorstellungen, die man damit verbindet .
    Schöne Kleider, die kleine Prinzessin, na ja … Sie wurde aber keine Prinzessin, ganz im Gegenteil. Und ich

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