Unsterblich 04 - Unsterblich wie der Morgen
außerdem aufgeblasen«, schalt sie ihn.
Um sie herum herrschte aufgeregtes Stimmengewirr.
Die Geister besprachen, was sie sich künftig alles ansehen wollten und welchen Film sie wohl als Erstes aussuchen könnten.
Leas Blick huschte zu dem Mann hinüber, der versunken vor einem Gemälde stand. Er wirkte so still. Ob es in ihrer Welt je wieder so still werden würde? Und wollte sie das überhaupt?
7.Kapitel
Ein Blitz fuhr hernieder und erleuchtete für den Bruchteil einer Sekunde die Gestalten auf dem Spielfeld. Geduckt, mit gefletschten Zähnen ständen sie einander gegenüber.
Ihre schwarz schimmernden Pupillen waren auf einen einzigen Mann gerichtet. Stumm warteten sie ab.
Adam warf einen raschen Blick nach links. Er packte den Rugby-Ball fester in der sternförmigen Griffvertiefung, holte mit dem rechten Bein aus und trat zu. Der Ball flog hoch, hoch in den Himmel, der Blick der Zuschauer und der Spieler folgte ihm, wie er an den flatternden Fahnen des Murrayfield Rugby Stadions vorbeiflog und in den dicken Wolken verschwand, die über den Nachthimmel zogen.
Sechzehn Sekunden. So viel Zeit hatte er, bis der Ball wieder an genau der gleichen Stelle herunterkommen würde.
Los geht's.
Das Spiel begann ohne Vorwarnung. Adam wich einem Angreifer aus, der von links kam. Doch schon tauchte Cem neben ihm auf, dahinter seine Mannschaftskameraden in einer 3-4-Formation. Cem packte den angreifenden Vampir beim Kragen und brachte ihn zu Fall. Adam hob den Hingefallenen hoch und schleuderte ihn beiseite. Einer aus ihrer Mannschaft warf sich auf ihn, um sicherzustellen, dass er auch wirklich aus dem Spiel war.
Noch zehn Sekunden.
Ein krachender Donnerschlag, aber auf dem Murray-Spielfeld herrschte eine geradezu unheimliche Stille.
Adam rannte weiter. Schlammiges Wasser troff von seinen Haaren, seine Beinmuskeln brannten. Er warf sich zur Seite, brachte einen weiteren Angreifer zu Fall. Er sprang auf und schaute sich um. Cem hatte zwei zu Boden gerungen.
Die anderen Jungs schienen die gegnerische Mannschaft im Griff zu haben. Nur noch einer blieb übrig.
Der Seebarsch.
Noch sieben Sekunden.
Der französische Vampir schaute grinsend zu ihm herüber. Er stand genau an der Stelle im Mittelfeld, wo der Ball wieder herunterkommen würde. Adam erwiderte sein Grinsen. Der Seebarsch war der beste Spieler des Westclans - mit ihm fertig zu werden war eine höllische Herausforderung.
Adam blieb einen Augenblick lang reglos stehen und musterte seinen Gegner: lange, nasse Haare, nackter Oberkörper, aufrechte, stolze Haltung, breitbeinig, Gewicht auf dem linken Fuß, Hände locker an den Seiten herabhängend. Adam begann zu rennen, direkt auf seinen Gegner zu, schneller als menschenmöglich. Als er nur noch wenige Schritte von dem Mann entfernt war, warf er sich zu Boden und schlitterte direkt in sein linkes Bein, brachte den Gegner zu Fall.
Noch vier Sekunden.
Der Seebarsch wollte wieder aufspringen, doch Adam hatte ihn bereits bei seinen langen Haaren gepackt und gab ihm nun einen mächtigen Schwinger unter den Brustkasten, der ihm den Atem raubte. Der Seebarsch schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen und sackte zu Boden.
Noch eine Sekunde.
Adam schaute zum Himmel - und der Ball fiel ihm in die Arme, wie dem armen Waisenkind die Sterntaler. Er fuhr herum, rannte auf die Ziellinie zu. Cem tauchte lachend neben ihm auf. Kurz vor der Linie blieb er abrupt stehen. Vampir.Rugby wurde lautlos gespielt, aber gegen einen kleinen telepathischen Meinungsaustausch konnte niemand etwas einwenden. Adam reichte den Ball an Cem.
Ich finde, du solltest diesmal den Cup für uns sichern, mein Freund.
Cem nickte. Bringen wir's zu Ende!
Cem trat über die Linie und warf den Ball zu Boden. Die Zuschauer sprangen von den Sitzen auf und schwenkten jubelnd die Fähnchen des Nordclans. Der Osmane bückte sich, nahm den Ball und reckte ihn hoch in die Luft.
Doch dann erstarb sein Lächeln.
Was ist?, wollte Adam wissen.
Cem antwortete nicht; das brauchte er auch gar nicht.
Adam folgte seinem Blick. Da stand Victoria, in einer der vordersten Reihen, und schwenkte begeistert ein Fähnchen. Neben ihr stand ein hochgewachsener Mann.
Adam wischte sich den Regen aus den Augen. Das ist dann wohl Sam?
Cem nickte. Ich weiß nicht... ich mag den Mann nicht.
Irgendwas stimmt nicht mit ihm.
Adam legte seine Hand auf Cems Schulter. Na, dann lass uns mal zur Rettung schreiten, was?
Cem schnaubte.
Dich meine ich, mein Freund.
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