Unsterblich 04 - Unsterblich wie der Morgen
Geschäftsmann, ein treuer Freund - und der einzige Mensch auf der Welt, der wusste, wer sich hinter dem Pseudonym »Fotograf X« verbarg.
Vor sieben Jahren, als David sie verlassen hatte, als die Stimmen der Geister immer lauter wurden, hatte sie beschlossen, ein ganz neues Leben anzufangen. Sie hatte keine Wahl gehabt: entweder die Vergangenheit hinter sich lassen oder verrückt werden. Die vernünftige und praktische Lea konnte die Existenz übersinnlicher Wesen nicht akzeptieren - geschweige denn, sich mit deren Anliegen zu befassen. Die vernünftige und praktische Lea hielt sich seit jenem verhängnisvollen Unfall und dem daraus resultierenden Krankenhausaufenthalt für verrückt, für schizophren. Diese Lea wäre unweigerlich in der Psychiatrie gelandet und hätte sich ihr Leben lang mit Psychopharmaka vollpumpen müssen.
So war die »neue« Lea geboren worden und hatte sich ein neues Leben aufgebaut, ein Leben mit ganz anderen Zielen. Ihr Traum von Mann und Kindern, von einem Eigenheim, war gründlich ausgeträumt. Jetzt war ihr nur noch eins wichtig: genug Geld mit ihrer Fotografie zu verdienen, um leben zu können und jenen Geistern zu helfen, die ins Licht zu treten wünschten. Es ließ sich schwer sagen, warum einige Seelen hier auf Erden hängen blieben und nicht gleich »weitergingen«. Meist lag es daran, dass sie noch etwas zu erledigen hatten. Manche wussten um ein Geheimnis, das ans Licht kommen musste, bevor sie gehen konnten, andere wollten etwas Bestimmtes erledigt sehen ... das war ganz unterschiedlich. Aber eins war klar: Jeder »Geist« wusste ganz genau, was ihn daran hinderte weiterzugehen.
Dann gab es natürlich noch Geister wie Liam, die nicht die leiseste Absicht hatten »weiterzugehen«. Und dagegen hatte sie nichts, denn diese Sorte bereitete ihr am wenigsten Schwierigkeiten. Nur die Geister oder Seelen, die Hilfe brauchten, wurden anhänglich. Und genau so eine Seele hing ihr im Moment auch am Rockzipfel. Bildlich gesprochen.
Es war daher kein Wunder, dass sie alles andere lieber getan hätte, als mit Marco in einem schicken Restaurant zu sitzen.
»Danke, Marco, du siehst selbst nicht schlecht aus«, erwiderte sie sein Kompliment. »Aber was machst du hier in Edinburgh? Ist nicht gerade Prinzessin-So-und-so-Woche in Monte Carlo?«
Marco setzte sein verführerischstes Lächeln auf, und Lea hob skeptisch die Braue. Sicher, er sah unverschämt gut aus, aber sie kannte ihn viel zu gut, um auf ihn reinzufallen. Ihr italienischer Agent war seinen zahlreichen Eroberungen ebenso untreu, wie er seinen Klienten, also ihr, treu war. Außerdem machte sie sich nichts aus seinem geleckten italienischen Macho-Look. Sie bevorzugte den raueren, gefährlicheren Typ. Einen, der vor verhaltener Kraft vibrierte ... einen wie Adam.
Menschenskind, warum musste sie schon wieder an ihn denken?!
»Wie schaffst du es nur, einem Mann mit zwei kurzen Sätzen den Wind aus den Segeln zu nehmen?«, beschwerte sich Marco in gespielt verletztem Ton.
Lea zuckte die Achseln. »Ich hab jede Menge Übung.«
Er hob eine Braue. »Du brichst mir das Herz, cara, aber du darfst das. Du bist schließlich meine kleine Goldmine.«
»Ach ja?« Lea verdrehte die Augen und schob sich einen großen Bissen Steak in den Mund. Da sie nur selten ausging, hatte sie beschlossen, das Beste draus zu machen.
»O ja.« Marco nickte. Dann gab er dem Kellner einen Wink, und als dieser herankam, hob er seinen Salat. »Ich hatte um einen kleinen Spritzer Olivenöl gebeten, aber es scheint, als habe man mir einen dicken Klecks Mayonnaise auf meinen Salat getan. Der geht zurück. Bitte bringen Sie mir stattdessen die Tomaten-Basilikum-Suppe.«
»Gewiss, mein Herr.« Der Kellner zog mit saurem Gesicht von dannen.
»Ich sollte dich vielleicht darauf aufmerksam machen, dass es in England unüblich ist, sein Essen zurück gehen zu lassen«, fühlte Lea sich genötigt zu sagen.
»Ach was! Ich hoffe, die hauen mir keine Sahne in die Tomatensuppe?« Er schaute sich besorgt um. »Ich hätte dem Kellner sagen sollen: keine Sahne!«
Lea gab sich alle Mühe, doch dann brach sie trotzdem in Lachen aus. Nur Marco konnte sich so wegen einer Tomatensuppe aufregen.
»Na also.« Ihr Agent lehnte sich seufzend zurück. »Endlich lachst du mal. Du hast den ganzen Abend noch nicht einmal gelächelt.«
»Verzeih.« Lea seufzte; es tat ihr tatsächlich leid. Marco konnte ja nichts dafür, dass bei ihr daheim im Bad ein Geist auf sie wartete, eine
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