Unsterblich geliebt
hatte deutlich nachgelassen und so schwamm er mit kräftigen Zügen ans sandige Ufer.
Ein Blick auf die klaffende Wunde an seinem rechten Bein genügte, um zu wissen, dass er eine erhebliche Menge Blut verloren haben musste. Einer der wenigen tödlichen Faktoren für Vampire. Die gebrochenen Knochen und die riesige Wunde fingen bereits an zu heilen. Doch im Augenblick war sein Bein unbrauchbar, an Aufstehen war nicht zu denken. Mühsam schleppte er sich mit ihr auf den trockenen Sand.
Sie war nicht bei Bewusstsein.
Sie atmete nicht.
Sie hatte keinen Puls mehr.
Er begann mit der Mund-zu-Mund-Beatmung. Im Wechsel machte er eine Herz-Druck-Massage.
Unendliche, qualvolle Sekunden vergingen.
Seine Gedanken rasten. Obwohl sie ihn gar nicht hören konnte, appellierte er energisch, ja beschwor sie fast…
„ Nein, nicht du auch noch! Bitte, stirb mir hier nicht! Atme, hörst du! Du sollst atmen!“
„ Verdammt! Du nicht auch noch. Komm schon, wach auf!“
Endlich, hustend und Wasser spuckend, kam sie wieder zu sich. Vorsichtig drehte er ihren Kopf auf die Seite, damit sie das Wasser leichter ausspucken konnte.
Er sog scharf die Luft ein, denn ihr fehlten stellenweise Haare. Als er daraufhin flüchtig ihren Körper musterte, fiel ihm auf, dass sie seit ihrer ersten Begegnung regelrecht abgemagert war. Das Kleid hatte diese Tatsache nur verborgen. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mit ihr.
Als sie wieder einigermaßen atmen konnte, strich er ihr ein paar Locken aus dem Gesicht. „Warum?“ Sein Ton war schärfer als beabsichtigt, doch es lag Verzweiflung darin.
Eine Träne lief über ihre Wange. Gefasst, aber unendlich traurig schaute sie ihn aus ihren lebendigen, grün-braunen Augen an. John wurde leiser, sanfter.
„ Warum bist du gesprungen? Was ist los mit dir?“
Ihre Lippen bewegten sich, versuchten etwas zu sagen, aber offenbar litt sie unter großen Schmerzen und hatte fast nicht mehr die Kraft dazu. Kaum hörbar rang sie sich schließlich mühsam ein paar Worte ab.
„ Umsonst. Du hast mich umsonst gerettet.“
John runzelte die Stirn. Kein Zeichen von Angst lag in ihrem Gesicht. Sie hob zitternd eine Hand und berührte seine Wange und seine Locken, dabei umspielte sogar ein Lächeln ihre Mundwinkel.
„ Wie ein Ritter aus einem Märchen …“
John hätte bei ihrem Kommentar beinahe gelächelt und an die alten Zeiten gedacht, doch aus ihrem Mund quoll plötzlich Blut. Ihre Hand fiel kraftlos herab und ihr Kopf rollte zur Seite.
„ Lara!“ In der Stille danach richtete er seine Sinne auf ihr Herz. Es schlug noch, allerdings schwach.
Kniend über sie gebeugt, rückte er ein Stück von ihr ab, um ihren Körper zu begutachten. Die Schulter war ausgekugelt und ein Schlüsselbein stark deformiert, aber das konnte nicht die Ursache sein. Er tastete ihren Oberkörper ab. Ein paar Rippen schienen gebrochen zu sein. Durch den Aufprall musste sie innere Verletzungen erlitten haben und wegen der unumgänglichen Wiederbelebung war noch einmal Druck auf ihren Brustkorb ausgeübt worden.
Sein Handy war wie durch ein Wunder immer noch in seiner Hosentasche, doch total durchnässt. Trotzdem versuchte er einen Anruf, aber leider sinnlos. Das nächste Krankenhaus lag bestimmt 30 Kilometer entfernt. Schmerzlich wurde ihm klar, dass um sie herum weit und breit nur Wildnis war.
Er schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch.
Hatte sie trotz seiner Bemühungen keine Überlebenschance? Genau wie damals?
Bei Elisabeth kam er zu spät, aber heute war er hier.
Noch lebte sie und es gab eine letzte Möglichkeit.
Doch die war unter Strafe verboten.
Kein Vampirblut für Menschen. So lautete das Gesetz.
Ihr Herzschlag wurde immer schwächer.
Ihre Zeit lief ab.
John musste sich entscheiden, hier und jetzt.
Lara O’Brian – so hatte sie sich am nächtlichen Lagerfeuer an diesem Fluss vorgestellt. Ohne es zu merken, hatte er sie seit jener Nacht tief in sein Herz geschlossen.
Sie hier einfach sterben zu lassen konnte er nicht ertragen.
Vielleicht besaß sie aber schon jetzt nicht mehr die Kraft, sein lebensspendendes Blut aufzunehmen.
Bitte Gott, lass es noch nicht zu spät sein!
John ignorierte seine Schmerzen, er durfte keine Zeit verlieren.
Behutsam zog er Lara auf den Schoß und stützte ihren Kopf in seiner Armbeuge. Dann biss er sich ins Handgelenk, öffnete ihren Mund und legte sein blutendes Handgelenk darüber. Sanft küsste er ihre Stirn.
„ Bitte trink‘ von mir, nimm mein
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