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Unsterbliche Bande

Unsterbliche Bande

Titel: Unsterbliche Bande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Wilks
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hatte nicht das Gefühl gehabt, als hätte er eine Wahl gehabt, so wie wenn man eine Entscheidung für oder wider etwas zu treffen hatte. Martha Billings hatte Sarah getötet. Martha Billings musste sterben.
    Und sie war gestorben. Im Feuer verbrannt. So wie Sarah.
    Und Yu wollte wissen, ob es ein gutes Gefühl gewesen war. Die Erinnerung daran war der einzige helle, warme Punkt der Freude in dem endlosen Grau, zu dem sein Leben in dem Moment geworden war, als er erfuhr, dass Sarah tot war.
    Nein, Billings getötet zu haben war nicht der Moment gewesen, an dem er begann abzurutschen. Die Tat war vielleicht falsch gewesen, aber unvermeidlich, so wie man sich nicht aussuchen kann, ob man an Krebs erkrankt. Aber danach weiter seine Arbeit zu tun, zu vertuschen, was er getan hatte – das hatte ihn verrückt gemacht. Er hätte das Richtige tun und sich stellen müssen. Damals hatte er geglaubt, wenn er sich verhaften ließe, würde er Billings damit
post mortem
den Sieg gönnen. Damals hatte er gedacht, es wäre nicht genug gewesen, Billings unschädlich zu machen, dass er auch alle anderen, die so waren wie sie, unschädlich machen müsste.
    Damals war er völlig neben sich gestanden. Deswegen hatte er auch nicht erkannt, dass es noch einen Grund gab, warum er weiter seine Arbeit machte. Damit er darauf scheißen konnte.
    Die Arbeit hatte Sarah umgebracht, und nun wollte er sich an ihr rächen. Nur dass er es damals nicht erkannt hatte, erst vielleicht einen Monat nach seinem Tod, als er das getan hatte, von dem er Yu gegenüber behauptet hatte, es sei unmöglich. Er war weggegangen.
    Aber wirklich und richtig zu sterben war schwerer, als er angenommen hatte.
    Er hatte zwar nicht geglaubt, Auslöschung wäre die einzige Möglichkeit, aber er war davon ausgegangen, dass das passieren würde. Seine Welt – das, was ihm von der Welt noch geblieben war – maß zweihundert Meter im Durchmesser. Sobald er sich weiter von Lily entfernte, verschwamm alles um ihn herum. Wenn er dann weiterging, wurde es … nicht dunkel. Dunkelheit war das Fehlen von Licht, und dort draußen im Grau war es, als hätte das Auge die Fähigkeit zu sehen verloren. Dort draußen war nichts. Gar nichts.
    Das Nichts – das klang gut, dort wollte er enden. Als er Yu verließ, hatte er erwartet, nichts zu werden, obwohl er auch nicht überrascht gewesen wäre, dieses weiße Licht zu sehen, von dem die Leute ständig redeten, das, was nicht gekommen war, als Big Thumbs den Abzug gedrückt hatte. Oder vielleicht …
    An das »Vielleicht« zu denken, hatte er sich nicht gestattet. Er verdiente es nicht. Aber es war wie ein Seil – es gab zwei Enden, und wenn das Ende, das er hielt, schwarz und schmutzig von Schuld war, dann war das andere glänzend und richtig, so wie die Engel, an die er nicht glaubte.
    Vor allem aber hatte er angenommen, er würde nun endgültig sterben. Seit Jahren schon glaubte Drummond nicht mehr an Gott und erst recht nicht an ein Leben nach dem Tod … auch wenn Sarah immer gesagt hatte, er sei kein echter Ungläubiger, sondern nur so böse auf Gott, dass er nichts mehr mit ihm zu tun haben wolle. Ganz unrecht hatte sie nicht gehabt. Er fand, dass jeder Gott, der die Scheiße zuließ, die er jeden Tag zu sehen bekam, nicht viel wert war. Klar, man konnte es immer auf den freien Willen schieben und sagen, Menschen seien eben Arschlöcher, aber wenn das so war, dann hatte Gott bei der Erschaffung des Menschen kräftig ins Klo gegriffen, oder nicht?
    Also war er weggegangen, hinein in das Grau. War immer weitergegangen, auch als er keinerlei Gefühl mehr im Körper hatte, als keine Dunkelheit und kein Licht mehr da war, keinerlei Empfindung, nur eine ganz vage Erinnerung daran. Hatte sich weitergeschleppt, bis er nicht mehr wusste, ob er überhaupt noch vorankam, bis sogar das verfluchte Was-immer-es-war, das ihn an Yu fesselte, so schwach war, dass er es nicht mehr spürte.
    Vielleicht war er da stehen geblieben. Vielleicht war er auch weitergegangen. Keine Ahnung. Aber er hatte gewartet. Und gewartet.
    Irgendwann dann – ihm schien, als seien Stunden vergangen, es konnten aber auch Wochen gewesen sein oder Minuten, denn in dem Grau hatte die Zeit keine Bedeutung – hatte er gewusst, dass er sich geirrt hatte, was das »Vielleicht« anging. Darin, dass es doch möglich gewesen wäre, ein kleines bisschen. Und darin, wie verzweifelt er es gewollt hatte.
    Wenn Sarah eine Möglichkeit gehabt hätte, dann wäre sie jetzt zu ihm

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