Unsterbliche Bande
Leidolf mitgenommen hast.«
»Oh.« Mit einem leisen seufzenden Geräusch kam der Korken aus dem Hals. Er griff nach einem Weinglas. »Nenn es Bauchgefühl, aber mein Kopf war einverstanden.«
Sie legte das Schulterholster auf den Tisch und streifte sich mit den Füßen erst einen Schuh, dann den anderen ab. Es tat gut, mit den Zehen zu wackeln und sie in den dicken Teppich zu graben. »Was hat dein Kopf gesagt?«
»Dass es schwer ist für meine Leidolf-Wachen auf dem Nokolai-Clangut. Sie sind umgeben von Nokolai und sehen mich ständig in der Rolle des Lu Nuncio eines anderen Clans. Sie brauchen Zeit mit mir als ihrem Rho.«
Er machte keinerlei Anstrengung, die Stimme zu senken, was bedeutete, dass die Wachen, die möglicherweise in dem anderen Schlafzimmer und wach waren, ihn gut hören konnten. Was bedeutete, dass er das richtig fand. Vielleicht wollte er es sogar so. Lily nahm ihre Jacke, das Schulterholster und die Schuhe und trug sie in das Zimmer, in dem sie und Rule schliefen. »Es ist irgendwie seltsam zu hören, wie du die Nokolai den anderen Clan nennst. Ich weiß, was du meinst, aber … glaubst du, du wirst nun mehr ein Leidolf sein als ein Nokolai?«
Glas klirrte. »Die Balance hat sich verändert, doch ein Nokolai bin ich mein ganzes Leben lang gewesen. Das werde ich nicht verlieren. Dazu ist es zu sehr Teil meiner selbst.«
Sie legte das Schulterholster auf den Nachttisch, damit sie falls nötig schnell daran kam. Schuhe und Jacke wanderten in den Kleiderschrank. »Und dein Bauchgefühl hat gesagt?«
Er trat ins Schlafzimmer, zwei Gläser in den Händen. »Ich wollte Leidolf um mich haben. Ich wollte, dass sie die Veränderung spüren. Möglicherweise bemerken sie es nicht bewusst, aber sie spüren es. Jetzt gehören mir die Leidolf wirklich.«
»Das ist eine sehr dominante Sichtweise.«
Sein Grinsen blitzte auf. Er hielt ihr ein volles Glas hin. »Ich bin ein dominanter Typ.«
In dem Sinn, wie die Lupi das Wort verstanden, rief sie sich in Erinnerung, als sie den Wein entgegennahm. Er wusste, dass er die Verantwortung trug – für den Clan, nicht für sie. Was wohl auch das Problem war, im Hinblick darauf, was sie ihm zu sagen hatte. Lily nahm einen Schluck Wein. »Der ist aber wirklich gut.« So gut, dass sie es sogar trotz ihrer Sorgen bemerkte. »Er schmeckt irgendwie so wie der Himmel hoch oben in den Bergen aussieht. Du weißt schon – richtig voll, aber frisch.«
Er nahm ebenfalls einen Schluck, die Augen fest auf sie gerichtet. »Stimmt. Ich muss dem Sommelier sagen, dass er uns schmeckt. Was ist es, was dir so schwerfällt, mir zu sagen?«
Manchmal war er einfach zu einfühlsam. Sie seufzte. »Bevor wir das Clangut verließen, bat Cynna mich, ihr zu versprechen, dass ich sie informiere, wenn wir sie brauchen. Du sagtest, Cullen bekomme den Findezauber nicht hin. Zwei Personen werden vermisst, von denen wir ziemlich sicher glauben, dass sie als Geiseln gehalten werden. Wir brauchen Cynna.«
»Nein.«
Er sagte es kühl, selbstsicher und mit großer Bestimmtheit. Genau mit dieser Reaktion hatte sie gerechnet. Für ihn war das eine Angelegenheit, die den Clan betraf – dieses Mal den Clan der Nokolai, nicht der Leidolf, doch so oder so war es sein Revier. »Diese Entscheidung hast nicht du zu treffen.«
»Lily, überleg doch mal«, sagte er ungeduldig. »Cynna hierherzubringen könnte der Grund für alles sein. Warum entführt Friar Leute? Das fragst du immer wieder, nicht wahr? Vielleicht weil er möchte, dass die beste Finderin des Landes sie sucht. Das erreicht er möglicherweise, indem er den Prototyp stiehlt, doch wenn nicht, auch damit, dass er diese Menschen in seine Gewalt bringt, denn das ist genau das, wofür wir sie brauchen würden. Genau das, weswegen sie hierherkommen würde. Cynna hat keinen Lehrling. Wenn sie getötet wird, sind die Erinnerungen des Clans verloren.« Er schüttelte den Kopf. »Das darf nicht passieren.«
»Dennoch ist es nicht deine Entscheidung. Sieh doch mal.« Sie stellte das Weinglas auf den Schreibtisch und trat zu ihm. »Euch Lupi gibt es seit über dreitausend Jahren. Ist in all dieser Zeit jemals eine Rhej gestorben, bevor sie die Erinnerungen weitergeben konnte?«
Seine Augenbrauen wanderten in die Höhe. »Es ist noch nie passiert und wird deswegen auch nicht passieren? Normalerweise sind deine Argumente besser.«
Sie legte die Hände auf seine Brust, weil sie die Berührung brauchte. »Vielleicht gibt es einen Grund, warum es noch
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