Unsterbliche Bande
gleich im Anschluss an den heftigen Streit mit T . J . s Verdächtigem. Auch davon, dass Drummond wieder aufgetaucht war, hatte sie Rule erzählt, ohne aber ins Detail zu gehen. Nur um zu sehen, wie er reagieren würde.
Er stimmte ihr zu, dass es gut sei zu wissen, dass Drummond hier auf dem Clangut nicht erscheinen könne, goss sich selbst auch ein Glas Wein ein und vertiefte sich wieder in seine Berichte. Die seitdem seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen.
Lily ließ den dunkelroten Wein im Glas kreisen. Eines der heiklen Dinge in einer Partnerschaft war, herauszufinden, wann man nachhaken und weiterbohren konnte und wann man den anderen am besten in Ruhe ließ. Die Wahrheit war, dass das Nachbohren ihr besser lag. Sie kniff nicht vor dem fälligen Gespräch …
Doch, das tat sie. Lily seufzte, nahm einen letzten Schluck Wein und stellte das Glas ab. »Ich muss mit dir über die Hochzeit sprechen.«
»Ach?« Immerhin blickte er auf.
»Ich glaube, wir sollten sie hier abhalten, auf dem Clangut.«
»Nein.«
»Das ist alles?« Ihre Stimme wurde lauter. »Das ist alles – nein? Nicht: Ich bin zwar nicht deiner Meinung, aber lass uns drüber reden. Nicht: Ich bin nicht deiner Meinung und sage dir auch warum. Einfach: Nein?«
Er strich sich mit der Hand durchs Haar. »Herrje, das habe ich ganz falsch angefasst. Ich bin nicht deiner Meinung, weil dann die Dreckskerle gewonnen hätten. Und ich möchte nicht heute Abend darüber reden, aber irgendwann werden wir das tun.«
Sie sah ihn lange an. »Okay.«
»Okay? Das ist alles?«
»Wir werden darüber reden, aber das kann ein oder zwei Tage warten. Wo ist Isen?«
Rule kam gut mit seinem Vater aus, aber das Verhältnis war leicht gespannt, seitdem sie im Haus seines Vaters wohnten. Dem Haus seines Rho. Vielleicht hatten sie eine Auseinandersetzung gehabt.
»Er ist laufen gegangen.«
»Joggen oder auf allen vieren?«
»Er hat sich erst gewandelt.«
Ihre Augenbrauen hoben sich. »Schon wieder? Ist er … Hannahs Tod hat ihn schwer getroffen.« Schwerer als Lily erwartet hatte, aber sie hatte auch erst nach ihrem Tod erfahren, dass die ehemalige Rhej Isens älteste Geliebte und Freundin gewesen war. Schinken und Eier, Laurel und Hardy, Lupi und Geheimnisse – das eine bekam man nur selten ohne das andere.
»Ja, aber das ist nicht der Grund.« Seufzend sah er sie endlich richtig an. »Heute ist Micks Geburtstag.«
Mick … Rules einige Jahre älterer Halbbruder. Mick, der Mörder, der versucht hatte, Rule einen Mord anzuhängen, dessen tief verwurzelter Neid durch einen antiken Stab und die verrückte Telepathin, die ihn gegen ihn einsetzte, zu Wahnsinn wurde. Mick, der in derselben Nacht starb, als Lily Helen tötete. Der starb, um Rules Leben zu retten.
Ihr war, als hätte sie einen Schlag in den Magen bekommen. »Das wusste ich nicht. Ich hätte es aber wissen müssen.« Letztes Jahr hatte Rule Micks Geburtstag erwähnt – nicht das genaue Datum, aber dass sein Vater sich an dem Jahrestag der Geburt seines zweiten Sohnes für zwei Tage von allem zurückzog.
»Isen wollte nicht, dass du darüber nachdenkst. Dann hättest du ihn rücksichtsvoll behandelt und das hätte ihn gestört.«
Sprach Rule von seinem Vater oder von sich? Egal, sagte sie sich und stand auf.
Rule hatte die erotischsten Augenbrauen, die sie je an einem Mann gesehen hatte. Selbst wenn er sie so zusammengezogen hatte, als wollte er sagen »Geh weg«, waren sie unwiderstehlich. »Ich komme schon klar, Lily.«
»Ich weiß. Aber ›ich komme klar‹ kann vieles bedeuten, oder? Auch dass es da Dinge gibt, über die du nicht reden willst. Das verstehe ich.«
Seine Finger tippten auf den Tisch, wie der Schwanz einer Katze zuckt, wenn sie gereizt ist. »Du denkst, du kennst mich, was?«
»Ja, das tue ich. Vor allem dann, wenn du mir ähnelst. Zum Beispiel wenn du dich in die Arbeit stürzt, um nicht nachdenken zu müssen. Das Problem ist, dass du dich jetzt, da ich dich gezwungen habe, an das zu denken, woran du nicht gedacht hast, nur noch schwer auf diese Berichte wirst konzentrieren können.«
»Sobald du aufhörst zu reden, wird es wieder einfacher sein.«
Sie nickte, als sie bei ihm angekommen war. »Das ist eine Möglichkeit, aber es würde dir schwerfallen, stimmt’s? So zu tun, als würdest du dich für, äh …« Sie legte den Kopf schief, um die Überschrift auf einer Seite zu lesen, »… EPS interessieren.«
Sein Mund spannte sich an – aber vielleicht, weil er ein
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