Unsterbliche Küsse
Abend. Ich glaube, wir gewinnen.« Dabei bleckte er seine weißen Zähne.
Gewinnen oder anderweitig zum Stich kommen? Sie hatte vor, Whist zu spielen und sonst nichts.
Im Gemeindesaal traf sie auf dieselbe Ansammlung von Leuten wie bei den Whytes, was auch nicht weiter erstaunlich war. Verglichen mit diesem Kaff wirkte jede Kleinstadt wie eine Metropole. Aber immerhin gab es ihr ein Gefühl von Sicherheit, bekannten Gesichtern wieder zu begegnen – da waren Emma und Ian, Sally, die mit ihren kurz geschorenen Haaren ganz anders aussah, Mark Flynn, der Mann von der Bank, und Emily Reade.
»Emily!«, zischte Sebastian, als sie mit einem Zinntablett in den Händen angewatschelt kam.
Sie strahlte Sebastian an; Dixie musste sich mit einem höflichen Kopfnicken begnügen. »Und? Schon eingelebt? Nehmen Sie doch einen Sherry. Wir haben trockenen und süßen. Welchen möchten Sie?«
Dixie entschied sich für trocken, was zu ihrer Stimmung passte. Sie nahm zwei Schlucke aus dem dickwandigen Glas und kippte anschließend fast den ganzen Rest hinunter. Christopher war da! Sie ließ ihren Blick durch den Saal schweifen, konnte ihn aber nicht sehen.
»Suchen Sie jemanden?« Sebastian lächelte. Er stand direkt neben ihr, so nahe, dass sie sein Aftershave in der Nase hatte. Aber was kümmerte sie schon sein Aftershave. »Jemanden, den ich kenne?«
Sie ahnte dumpf, dass er die Wahrheit nicht sonderlich goutieren würde. »Ich finde nur den Bau so interessant.« Sie sah zur Decke hinauf, zu den mit der Zeit schwarz gewordenen Balken. »Sieht aus wie eine Scheune.«
»Ist es auch.« Emily war zurück. »Eine ehemalige Zehntscheune. Man wollte sie abreißen in der Zeit zwischen den Kriegen, aber die Pfarrei hat sie gekauft und gerettet.«
So wie die beiden sich ansahen, war der nächste Krach vorprogrammiert. Dixie erinnerte sich, wie überstürzt Emily nach der Party bei den Whytes aufgebrochen war. Was ging da eigentlich vor, und wieso war sie zwischen die Fronten geraten? Sollte Emily vorhaben, sich wegen Sebastian mit ihr zu duellieren, könnte sie die Waffen gleich wieder einpacken. Dixie hatte kein Interesse.
»Wir sitzen am selben Tisch. Ist das nicht wunderbar? So können Sie mir von Ihrem Haus erzählen. Ich wollte schon immer mal einen Blick hineinwerfen, aber Ihre Tanten haben sich ja so abgekapselt und nie jemanden eingeladen.«
»Kommen Sie bei Gelegenheit einfach mal vorbei.« Als sie zu ihrem Tisch kamen, rückte Sebastian ihnen den Stuhl zurecht. Dixie nahm Platz, und wieder hatte sie dieses eigenartige Gefühl – Christopher war ganz in der Nähe. Lag es daran, weil sie das Mittagessen ausgelassen hatte, oder war der Sherry stärker, als sie gedacht hatte?
»Hast du einen Partner, Emily? Oder spielen wir zu dritt?«
Emily kicherte. »Nein, wir sind zu viert. Emma meinte, es gäbe ein paar überzählige Vögel, die man noch unterbringen muss.«
»Das finde ich jetzt gar nicht nett. Man mag mich ja für exzentrisch halten, aber diese Ausdrucksweise gefällt mir nicht.«
Laut und vernehmlich ertönte eine Stimme, die sie alle kannten. Sebastian zischte wütend, Emily machte große Augen, und Dixie fühlte eine angenehme Wärme in sich aufsteigen. »Hallo, Christopher. Du hast gar nicht gesagt, dass du auch kommst.«
»Eine spontane Entscheidung.« Er nahm auf dem noch freien Stuhl Platz. »Nun, Caughleigh, du siehst aus wie bereit zum Abheben.«
Gott sei Dank spielten sie nicht Bridge. In seiner Anwesenheit könnte sie sich niemals konzentrieren. Zwischen Sebastian und Christopher schlug das Testosteron Funken, während Emily auf eine Weise lächelte, die an Lucrezia Borgia denken ließ. Wenn man es genau bedachte, passte auch der große Opal an ihrem Ring gut zu dieser Rolle.
Sebastian hob ab – Pik war Trumpf – und gab schweigend aus. Dixie fächerte gerade ihr Blatt auf, als Christopher sagte: »Wir spielen kompromisslos auf Sieg. Ist das klar, Emily?«
Er und Emily gewannen die ersten drei Runden.
Dixie spielte konzentriert und merkte sich die abgelegten Karten, konnte sich aber mit Christopher nicht messen. Selbst mit vier Trümpfen in der Hinterhand gelangen ihr nur zwei Tricks.
»Unglaublich, wie du spielst!«, sagte sie, als Christopher ihr letztes Ass übertrumpfte.
»Das macht die jahrelange Übung.« Dabei grinste er.
»Wenn man seinen Lebensunterhalt damit verdient«, merkte Sebastian schnippisch an.
Christopher blickte finster hinter seinen Karten hervor, wie der typische
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