Unsterbliche Küsse
wüsste«, sagte sie. Dabei wollte sie sehr englisch und korrekt klingen, aber ihr war bewusst, dass sie weit danebenlag.
»Eben! Du solltest deine Zeit nicht mit ihm verschwenden.«
»Im Moment sieht es so aus, als würde ich sie mit dir verschwenden.«
»Zwischen uns beiden ist nie auch nur irgendetwas verschwendet.«
In ihrem Nacken kribbelte es. »Der Kaffee ist fertig. Lass uns zurückgehen.«
»Machst du dir etwa Sorgen?«, zog er sie auf. »Du traust wohl Emily nicht so ganz. Sie könnte unserem armen alten Sebby zu nahe treten.«
»Wer will dem schon zu nahe treten.« Sein Lachen ging im allgemeinen Stimmengewirr unter, aber sie hörte es trotzdem.
Christopher und Emily gewannen die letzte Runde. Allem Anschein nach hatte Sebastian den Abend nicht sonderlich genossen, während Emily sich kaum beruhigen konnte, als sie den Tischschmuck zu ihrer Trophäe deklarierte. Die rosafarbenen Begonien passten zu ihrem Teint.
»Und wie hat dir dieser typisch britische Abend nun gefallen?«, wandte sich Christopher an Dixie.
»Geh weiter, Marlowe«, sagte Sebastian. »Bring sie nicht in Verlegenheit.«
Sie war keineswegs um eine Antwort verlegen. »Durchaus interessant. Ein bisschen wie bei Agatha Christie. Ihr wisst schon: Abends spielt man im Gemeindesaal gemütlich Karten, und tags darauf findet man im Pfarrgarten eine Leiche.«
»Das ist doch abstrus«, sagte Sebastian und kniff die Lippen zusammen.
»Hat aber was«, sagte Christopher lächelnd zu Dixie. »Nur stellt man sich dabei ein anderes Pfarrhaus vor, viel größer und aus den 20er-Jahren – der popelige Bungalow von Reverend James passt da weniger –, und ein Dienstmädchen, das die Leiche noch vor dem Frühstück entdeckt.«
»Hört endlich auf damit«, empörte sich Emily. »Es gibt in Bringham keine Mörder. Dixie hat doch nur Spaß gemacht, sonst nichts. Übrigens eine typisch amerikanische Angewohnheit, wie mir gesagt wurde.«
Dixie hätte gern gewusst, wer das gesagt hatte, verkniff sich aber die Frage. Sie wollte jetzt nur noch nach Hause, und zwar alleine, hielt es aber durchaus für möglich, dass Christopher ihr dabei in die Quere kommen könnte.
Er lehnte sich zurück, sodass die dünnen Metallbeine des Stuhls über den Boden schrammten. »Wir hatten doch erst kürzlich eine Leiche im Pfarrhaus.«
Sebastian zischte; Emily wurde ganz bleich im Gesicht, ehe sie errötete und einwarf: »Ich bitte dich! Nicht hier und jetzt!«
»Was?«, fragte Dixie. Dabei hatte sie Sebastians verkniffenen Mund, Emilys rotes Gesicht und Christophers Grinsen direkt vor Augen.
»Du hast nichts davon gehört?«, fragte Christopher.
»Was soll ich denn gehört haben?« Er spielte auf eine Sache an, von der anscheinend alle wussten.
»Ich dachte, Caughleigh hätte es erwähnt.« Christopher lächelte Sebastian zu. »Deine Großtante, die alte Miss Faith, ist auf der Treppe des Pfarrhauses gestorben. Der Milchmann hat sie gefunden. Sie hatte einen Schlaganfall.«
Ihr drehte sich fast der Magen um. Nein, Sebastian hatte ihr nichts gesagt. Das wusste Christopher auch ganz genau, und er hatte diesen Moment bewusst gewählt, um ihr die Geschichte aufzutischen. Warum? Sie hatte die Nase mehr als voll davon, von ihm benutzt zu werden, um Sebastian am Zeug zu flicken.
»Sie war eine exzentrische alte Dame mit einem ausgeprägten Hang zu Spaziergängen. Vielleicht fühlte sie sich nicht wohl und wollte dort um Hilfe bitten. Dass du ausgerechnet jetzt damit herausrücken musstest, Marlowe! Du hast Dixie beunruhigt.«
»Es geht schon, Sebastian.« Er war schon halb um den Tisch herum, und Dixie wollte auf keinen Fall seinen tröstenden Arm auf ihrer Schulter spüren. Um keinen Preis.
Sie bot Emma ihre Mithilfe beim Aufräumen an; dabei hätte sie Gelegenheit, mit ihrer Nachbarin zu plaudern, und vielleicht würde Emily ja Sebastian dazu bewegen, sie nach Hause zu begleiten. Tat sie aber nicht. Emily und Sebastian standen in einer Ecke ins Gespräch mit Sally vertieft, während Christopher zusammen mit Ian Klappstühle wegräumte. Als das letzte Stück Porzellan in Emmas Range Rover verstaut war, wollte Dixie nur noch eines, nach Hause und ins Bett, und zwar alleine.
»Fertig?«, fragte Sebastian, als Ian und Emma abfuhren.
»Ja, es war ein netter Abend, aber ich freu mich jetzt auf zu Hause.«
Sie hoffte, die Anspielung war deutlich genug.
Emily stand neben Sebastian und Sally und sah die beiden abwechselnd an, als würde sie sich fragen, was nun kommen
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