Unsterbliche Küsse
nachbarschaftliche Besuch war also ein Vorwand zum Schnüffeln?« Durch seine Worte wehte ein eisiger Zynismus.
»War es nicht!« Dixie spürte die Tischplatte unter ihrer Faust. »Ich hab ein Blatt von deinem Notizblock abgerissen, worauf der ganze Stapel runterfiel. Ich sammelte alles wieder ein und fand zufällig mein Notizbuch, das ich seit meiner Ankunft hier vermisse.«
»Und wie bist du reingekommen?« – »Durch den Hintereingang. Die Tür war offen.«
»Ach, wie kann man nur so nachlässig sein.«
»Du hattest Glück, dass es nur ich war. Denk doch an die Einbrecher, von denen es hier nur so wimmelt.«
»Ich hab keine Angst vor Einbrechern.«
Er wagte es tatsächlich, auch noch zu grinsen. Dixie presste die Handflächen auf den Tisch und beugte sich, die Stirn in Falten gelegt, nach vorne. »Du weichst meiner Frage aus, Bürschchen. Woher hast du es, und warum lag es in deiner Küche herum?«
»Sind das nicht zwei Fragen?« Er hob die Hände, die Handflächen nach vorne, und beugte sich über den Tisch. »Okay, Dixie. Du willst also wissen, woher ich es habe?«
»Gewiss.« Sie wartete entschlossen ab.
»Caughleigh. Er hat es mir gegeben, damit ich es dir zurückgebe.«
»Was du aber nicht getan hast.«
»Ich muss gestehen, ich hab’s vergessen.«
Sie hatte lange genug an Schulen gearbeitet, um zu wissen, wenn jemand die Unwahrheit sagte. »Warum sollte Sebastian es dir geben? Ich war am Mittwoch in seiner Kanzlei und bin morgen Abend mit ihm verabredet.«
Christopher zog verdattert die Augenbrauen hoch. »Na dann viel Spaß, meine Liebe.«
Das war genug! »Den werde ich sicher haben.«
»Ich hoffe, du bist jetzt nicht enttäuscht.« Es war fast ein Flüstern, aber sie verstand die Worte genau.
»Warum sollte ich enttäuscht sein?«
»Weil, meine liebe Dixie, Sebastian Caughleigh nicht der Richtige für dich ist.«
Sie schüttelte den Kopf und lachte verzweifelt. »Christopher, ich bin dreißig, alt genug, um solche Fragen selbst zu entscheiden. Versteh bitte, ich bin nicht hierhergekommen, um mich mit dir zu streiten. Ich wollte eine klare Antwort. Vielleicht hab ich sie ja bekommen, aber wahrscheinlich werde ich nie wissen, was genau gelaufen ist. Danke für den Scheck. Wenn alles glatt geht, sind wir beide quitt.«
»Möglich«, antwortete er und begleitete sie zur Tür. »Pass auf dich auf, Dixie. Und sieh zu, dass du nicht in die falsche Gesellschaft gerätst.«
Was meinte er damit bloß?
Was war das nun wirklich mit ihrem Notizbuch? Hatte sie es in Sebastians Kanzlei verloren? Wenn ja, warum sollte er es dann Christopher geben? Zumal sie nicht gerade wie die besten Freunde wirkten.
Christopher hatte sicher gelogen, aber warum wollte sie ihm trotzdem glauben? Egal. Morgen Abend würde sie Sebastian treffen und ihn einfach fragen. Aber warum sollte sie ihm vertrauen? Nur weil er Anwalt war, war er noch lange nicht glaubwürdig. Diese bittere Erfahrung hatte sie bereits gemacht.
6
Hoch im Geäst der Ulme sah Christopher zu, wie Dixie ihr Auto abschloss und zum Haus ging. Das letzte Gespräch mit ihr hatte er sich ein Dutzend Mal vergegenwärtigt. Sie hatte ihn verlassen, vertraute ihm nicht mehr, aber das war vielleicht auch besser so. Dabei sehnte er sich so nach ihr – doch das war allein seine Schuld. Wenn er dieses eine Mal nicht von ihr probiert hätte, hätte er keine Ahnung gehabt von ihrer Wärme und der Süße ihres Lebenssafts.
Er hatte keine andere Wahl, als Bringham zu verlassen. Tom hatte recht gehabt – die Lage wurde zu gefährlich für ihn. Über kurz oder lang würde Caughleigh Verdacht schöpfen, und der Gedanke, Caughleigh könnte Dixie in seine Machenschaften verwickeln … Christophers Hände verkrallten sich ineinander, wenn er nur daran dachte. Er würde Toms Einladung annehmen und sich in die South Audley Street zurückziehen. Bald. Er sackte gegen den Baumstamm. Lieber Himmel! Er war schwächer als ein Frischling. Er hätte an diesem Nachmittag nicht ausgehen sollen. Die Sonne zehrte an seiner Kraft, und es würde mehrere Tage dauern, bis er sich von diesen Strapazen wieder erholt hatte.
Er musste Blut saugen. Sebastians neues Jagdpferd schmeckte zwar sicher nicht halb so süß wie Dixie, aber allein der Gedanke daran versprach doch eine gewisse Genugtuung.
Als Sebastian die Tür zumachte und sie den Sicherheitsgurt einklickte, fragte sich Dixie, warum sie zugestimmt hatte.
Er schien sich seiner Sache absolut sicher. »Ich habe ein gutes Gefühl heut
Weitere Kostenlose Bücher