Unsterbliche Liebe
merkwürdige Alte. Angela heftete die Notiz mit einem Magneten an die Kühlschranktür und widmete sich wieder ihren Haferplätzchen. Ein interessanter Nachmittag! Sie war von einem attraktiven Vampir angebaggert worden, der Licht ins Dunkel ihrer Vergangenheit bringen wollte, und sie hatte mit einer unhöflichen alten Vettel telefoniert – angeblich Stellas Mutter. Angela schob das erste Blech voller Plätzchen in den Ofen. Ein Leben als Ghul war alles andere als langweilig. Jedoch war es auch nicht langweiliger als … Sie knallte die Backofentür zu. Als was? Sie war so nahe dran. Die Antwort saß irgendwo an den äußeren Rändern ihrer Erinnerung, war aber nicht greifbar. Sie wusste, wer und was sie gewesen war, konnte aber nicht darauf zugreifen. Sie hatte das Gefühl, alles um sie herum sei dunkel. Und sie tastete blind umher, bekam aber nichts als kalte Luft zu spüren. Es war die Hölle!
Nein, war es nicht. Die Hölle war es, sein Leben namenlos auf einer Bank in einem heruntergekommenen Park zu fristen. Nun hatte sie immerhin einen Namen, ein Dach über dem Kopf, Freunde und einen Job. Es wäre schön, zu wissen, wer sie in Wirklichkeit war, aber sie war doch unsterblich, oder nicht? Von daher hatte sie Zeit.
* * *
»Um Himmels willen! Das fällt dir also ein, wenn ich außer Haus bin?«
»Hallo, Dixie«, sagte Tom.
Christopher warf ihr einen Kuss zu. Extra aufgestanden, wie sie es sonst taten, war keiner. Sie waren beschäftigt.
Dixie legte ihre Tasche und die Schlüssel beiseite und ging an den Esszimmertisch. »Sag mal, Liebes, ist dieser Wäschefetischismus neu, oder hast du die Sache bisher einfach verschwiegen?«
Tom blickte in ihre schockierten Augen. »Dixie! Wofür hältst du uns denn? Wir …«
»Lass uns in Ruhe, Liebes«, sagte Christopher. »Siehst du denn nicht, dass wir beschäftigt sind.«
Beschäftigt war gar kein Ausdruck, sie waren hin und weg. »In Ordnung!« Sie holte noch einen Stuhl an den Esszimmertisch. »Hübsche Teile, wirklich … Deine oder Toms?«
Christopher sah sie verärgert an. »Janes und Angelas. Zufrieden?«
Nicht ganz, aber nach Ansicht der beiden ergab das anscheinend einen Sinn, war aber letztlich nur ein weiterer Beweis dafür, dass Männer anders tickten. Vor ihren Augen faltete Tom ein T-Shirt auseinander und drapierte es auf ihrer Tischplatte aus poliertem Mahagoni; als er aber zu dem sichtlich getragenen BH aus weißer Spitze kam und diesen penibel über einem rosafarbenen Baumwollschlüpfer ausbreitete, konnte sie sich nicht mehr bremsen. »Würde einer von euch beiden mir bitte erklären, was hier vorgeht?« Ihr war nicht entgangen, dass Tom ein Auge auf Angela geworfen hatte, aber Spielchen mit ihren Dessous zu veranstalten, das ging nun wirklich zu weit.
»Wir machen eine Bestandsaufnahme«, erwiderte Christopher. »Für jemanden, der gerade hereinkommt, sieht es vielleicht etwas seltsam aus.«
»Es sieht pervers aus, aber ich bin mir sicher, ihr habt eine Erklärung. Wissen die beiden, dass ihre Sachen hier sind?«
»Natürlich.« Tom sah sie entgeistert an. »Angela hat sie mir gegeben!«
Das war zu viel! »Okay, tut mir bitte einen Gefallen! Unterbrecht für eine Sekunde und erzählt mir, warum ihr mein Esszimmer in eine Filiale von Victoria’s Secrets umfunktioniert!«
Christopher sah auf und grinste. »Wir versuchen, Victorias Geheimnissen auf die Spur zu kommen! Oder vielmehr Angelas und Janes Geheimnissen.«
»Ihr geht davon aus, ihre Kleider könnten Hinweise auf ihre wahre Identität liefern?«
Tom blickte auf, als er einen abgetragenen roten Steppparka auseinanderfaltete. »Wenn es in Krimis funktioniert, warum dann nicht auch bei uns?«
Warum eigentlich wirklich nicht? »Braucht ihr vielleicht Hilfe? Ihr könntet mich als Beraterin engagieren.«
»Könntest du vielleicht auf diese vorlauten Kommentare verzichten?«, fragte Christopher.
»Alles, wenn du es willst, Liebes.«
»Genug geschäkert jetzt. Kommen wir zur Sache! Dieser Stapel gehört Angela.« Er zeigte auf den Klamottenberg rechts von ihm. »Die anderen Sachen sind von Jane. Wirf mal einen Blick darauf, Dixie, und sag uns, was du davon hältst.«
Sie sah beide Stapel sorgfältig durch. Dabei beobachteten sie die beiden Männer, als erwarteten sie von Dixie eine Sherlock-Holmes-reife Schlussfolgerung aus der Durchsicht irgendwelcher Kleidungsstücke. Aber es handelte sich ja nicht um irgendwelche Kleidungsstücke, sondern um jene, in denen Jane und Angela gefunden
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