Unsterbliche Liebe
Justin, als das schmiedeeiserne Tor ins Schloss fiel.
»Ich weiß.«
»Meinst du, sie würde mal auf Sam aufpassen?«
»Das fragst du sie lieber selber, wenn wir zurück sind.« Er grinste. »Wir laufen ins Zentrum. Wer ist zuerst da?«
Kit rannte die Sycamore Street entlang; Sekunden später, er bog gerade in die High Street ein, hatte Justin ihn eingeholt, und von da an lieferten sie sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen in Richtung Innenstadt. Ein paar Nachtschwärmer an der Hosters Street wunderten sich über den Luftzug, der plötzlich über sie hinwegfegte, und zwei Polizisten, die ihr Auto vor dem Gerichtsgebäude geparkt hatten, registrierten ein dumpfes Pochen auf dem Wagendach, sonst aber bemerkte niemand etwas davon, dass hier soeben zwei Vampire durchgerauscht waren.
»Musstest du unbedingt dieses Polizeiauto streifen?«, fragte Justin, als sie auf dem Rasen vor dem Kapitol Halt machten. »Das war mehr als unüberlegt.«
»Ja, schon«, pflichtete Kit ihm bei, »aber ich hab mir gedacht, ich gebe dir absichtlich Gelegenheit, mich zu belehren, damit du diese Frau für einen Moment vergisst.«
»Wenn du glaubst, das ginge so einfach …«, brummelte Justin. Verdammt, er wusste genau, dass Kit mitnichten so dachte. Er sah sich um. Hinter ihnen lagen die Marmorstufen des Kapitols und zu ihrer Rechten eine Statuengruppe. »Die haben keine Probleme damit, unter Sterblichen zu leben.«
»Dafür haben sie auch wenig Spaß.«
Justin war sich nicht sicher, ob »Spaß« die richtige Bezeichnung für das war, was er durchmachte. »Wen stellen sie überhaupt dar?« Er trat, gefolgt von Kit, ein paar Schritte näher heran.
»Ohios große Söhne.« Kit kicherte in sich hinein. »Dixie hat zu viel gekriegt, als sie das Denkmal zum ersten Mal sah. Anscheinend sind drei der großen Söhne in ihrer Heimat nicht so gut angesehen.«
»Richtig.« Justin blickte zu den dunklen Gestalten hinauf. »Dieser leidige Bürgerkrieg. Sie hat sich also noch nicht darauf eingestellt, dass sie unsterblich ist.«
»Ich glaube, sie hat ihre eigenen Ansichten über die Unsterblichkeit.« Kit gab ihm einen Stupser mit dem Ellbogen. »Los jetzt! Wir wollen weiter! Kuppel oder Huntington Tower?«
»Je höher, desto besser«
Gemeinsam machten sie sich auf den Weg und kletterten nebeneinander die Fassade hoch. Das Kapitol wäre einfacher gewesen – Stein bot mehr Halt als Glas –, aber indem er sich auf Griffe und Tritte konzentrierte, vergaß Justin für kurze Zeit die Zwickmühle, in der er steckte. Oben auf dem Gebäude fanden sie ein Plätzchen mit Blick auf den Fluss. Aus weiter Entfernung schimmerte das Wasser des Flusses schwärzlich zu ihnen herauf, und die Lichter der ihnen zu Füßen liegenden Stadt breiteten sich nach allen Richtungen aus wie Millionen glimmender Hoffnungsfünkchen.
Einige Minuten lang saßen sie nur still da. Über ihre Köpfe hinweg flog ein Flugzeug mit blinkenden Lichtern, während nur wenige Geräusche von unten heraufdrangen.
»Bist du dir sicher, du weißt, was du tust?«, fragte Kit nach einer Weile. »Ich meine, mit Stella.«
»Und ob«, sagte Justin leise. »Ich weiß, was ich tun würde, und was für sie und Sam das Beste ist. Die Frage ist nur, ob sie es zulassen kann?«
»Wahrscheinlich nicht.«
»Vielen Dank! Sehr nett.«
Justin glaubte, den Anflug eines Lächelns bei Kit zu sehen. »Verzeih mir, aber ich dachte, du willst die Wahrheit hören.«
Er beschloss, die Bemerkung schlichtweg zu ignorieren. »Verdammt noch mal, ich hatte kaum davon gesprochen, neue Reifen zu besorgen, da überschlug sie die Kosten und dachte verzweifelt über die Bezahlung nach.« Er hielt inne. »Warum kann sie nicht einfach den gesunden Menschenverstand walten lassen?«
»Das macht sie durchaus. Sie sieht die Sache nur anders als du.«
»Du kommst dir wohl extra klug vor heute Abend, oder?« Das war unfair. »Kit, was soll ich bloß machen?«
»Meinst du jetzt die Reifen oder generell die Frage, ob du dich mit einer Sterblichen einlassen sollst?«
Justin grummelte: »Willst du mir einen Vortrag über Ehre und Moral halten?«
»Ganz und gar nicht!« Kit schüttelte den Kopf. »Darin brauchst du keine Nachhilfe. Kümmern wir uns lieber um das viel dringlichere Reifenproblem.«
»Genau.« Was sollte er also machen? Die Reifen einfach besorgen, das Auto vor ihrem Haus abstellen und verschwinden, sodass sie es einfach akzeptieren musste?
»Nicht nötig«, sagte Kit. »Übrigens rate ich dir, deine Gedanken besser
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