Unsterbliche Liebe
die Abendluft.
»Er hat in die Hose gepinkelt!« Sam hatte das eigentlich nur geflüstert, dessen war sich Stella sicher, aber die Stille verstärkte seine helle Knabenstimme.
»Scheiße!«, sagte einer der anderen.
»So etwas sagt man nicht in Gegenwart einer Dame oder eines Kindes«, fuhr ihn Justin sofort an.
Stella fiel es wie Schuppen von den Augen: Justin glaubte wirklich, was er sagte. Er lebte in einer Welt, in der bestimmte Ausdrücke in der Gegenwart von Frauen tabu waren. Herrjeh! Sie waren Lichtjahre voneinander entfernt.
Er setzte Johnny ab, zwar nicht besonders sanft, aber immerhin so, dass er auf beiden Beinen zu stehen kam.
»Oh, Mann! Sie hätten mich beinahe erwürgt!« Er presste die Worte gedämpft hervor.
»Du kannst dich glücklich schätzen, dass ich es nicht getan habe«, erwiderte Justin. »Und jetzt verschwindet!« Johnny Day und seine Kumpane kamen der Aufforderung nur allzu gerne nach. Sam wären beinahe sämtliche Gesichtszüge entgleist, so sehr musste er grinsen, als er die selbst ernannten Herrscher über das Viertel wie aufgescheuchte Kaninchen davonlaufen sah.
»Sie brauchen dringend eine Alarmanlage in so einer Nachbarschaft«, sagte Justin beim Betreten des Hauses.
»Ich brauche noch viel mehr«, meinte sie, »aber vor allem erst einmal neue Reifen.«
»Sicher.« Justin wartete eine Sekunde. »Geben Sie mir die Autoschlüssel, und wir kümmern uns darum. Nur über Nacht werden wir es nicht schaffen. Ich schlage vor, Sie lassen sich morgen von mir zur Arbeit bringen. Mit ein bisschen Glück könnte Ihr Auto dann bis zum Feierabend fertig sein.«
Der Gedanke, langwierige Telefonate mit Autowerkstätten und Reifenhändlern auf diese Weise einfach los zu sein, gefiel ihr. »Um neun Uhr spätestens müsste ich da sein.«
»Was ist mit Sam? Wie kommt er zur Schule?«
»Er nimmt den Bus.«
»Genau! Und wenn ich jetzt nicht gleich ins Bett gehe, komme ich morgen früh erst gar nicht raus!« Beide drehten sich überrascht um, als Sam sich zu Wort meldete. »Mom, ich geh jetzt nach oben. Komm bitte und gib mir einen Gutenachtkuss, wenn du so weit bist. Gute Nacht, Dr. Corvus.«
Die Überraschungen nahmen wohl gar kein Ende. Stella blickte fassungslos drein, als Sam, den Kissenbezug im Schlepptau, die Treppe hinaufzockelte. »Normalerweise geht er nie von sich aus ins Bett.«
»Vielleicht kam er ja zu dem Schluss, ich wollte Sie für mich alleine haben.«
Stellas Kehle wurde trocken, während sich tief in ihr etwas regte. »Warum denn um alles in der Welt?« Was für eine dumme Frage, dumm und peinlich dazu. Solange war sie nun auch wiederum nicht alleine.
Er lachte bedächtig, ein tiefes, verführerisches Lachen. Wenn sie auch nur einen Funken Verstand gehabt hätte, wäre sie auf der Stelle davongerannt. Offenbar war sie von allen guten Geistern verlassen; sie wollte von Justin Corvus bis zur Besinnungslosigkeit geküsst, von seinen starken Armen umfangen werden, Arme, die ein Kind tragen und jeden Straßenlümmel zur Räson bringen konnten, und sie sehnte sich danach, seine sonore Stimme zu hören, wie sie ihr zärtliche Dinge ins Ohr flüsterte. Sie war bereits nahezu besinnungslos, als er sie zu sich heranzog und in seine Arme schloss. Sie streckte sich ihm entgegen, pochenden Herzens und mit sehnsuchtsvoll geöffneten Lippen.
Sehnsucht war gar kein Ausdruck! Ihr ganzes Denken verlor sich in einer wilden Spirale der Lust, als seine Lippen ihre teilten. Sie presste sich an ihn, spürte die Kraft eines festen männlichen Körpers, die Gewalt, mit der sich seine Brust gegen ihren Busen drückte, und die unglaubliche Stärke in seinen Beinen. Als ihre Zungen aufeinandertrafen, vergaß sie seinen Körper und konzentrierte sich einzig und allein auf seinen Kuss.
Zu zweit spielte sich dieses Spiel wunderbar! Sie kam ihm in jeder Hinsicht gleich, parierte jeden seiner Züge, erwiderte sein Verlangen mit noch größerem Verlangen. Er verkörperte Kraft, Geborgenheit, Lust und Verlangen, und er war in der Lage mehr zu geben, als sie sich je erträumt hatte. Oder hatte ihr zum Träumen die Zeit gefehlt?
Sie fragte nicht danach, nicht mit seiner Hand auf ihrer Brust, sondern ergab sich voll und ganz Justin und ihrer Lust. Ihr Kopf neigte sich nach hinten, als er ihren Hals mit einer Reihe zärtlicher Küsse bedeckte. Erfüllt von grenzenloser Begierde, spürte sie, wie ihre Beine nachgaben, aber sie lag sicher in seinen Armen. Als seine Zunge über ihren Halsansatz strich,
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