Unsterbliche Liebe
Laufen zu bringen. »Ich mache Sam gerade für die Schule fertig. Möchtest du eine Tasse Kaffee oder vielleicht einen Toast?«
»Sehr nett, aber danke, nein. Ich hab schon etwas gegessen.«
»Hallo!« Sam blickte von seinem Müsli auf. »Du hast ja deine Vampirsachen gar nicht an.«
»Du aber auch nicht«, erwiderte Justin.
»Ich muss in die Schule.«
»Und ich muss deiner Mutter mit dem Auto helfen und will die Mechaniker nicht erschrecken.«
Sam lachte. »Du erschreckst doch nur böse Buben wie diesen Johnny Day.«
Stella fürchtete immer noch, die Sache könnte ein Nachspiel haben. »Sam, iss jetzt auf und pack deinen Schulranzen.«
Sam vertilgte sein Müsli und machte mit einigen wenigen Bissen noch einer Scheibe Toast den Garaus. »Ich bin sofort fertig, Mom«, sagte er, und weg war er.
Nun war sie alleine mit Justin, und es war unklug, sich so darüber zu freuen. »Willst du nicht doch eine Tasse Kaffee?«
Justin schüttelte den Kopf. Anscheinend mochte er keinen Morgenkaffee. Aber wonach stand ihm sonst der Sinn?
»Hat Sam weit zum Bus?«
Das hatte sie nicht erwartet. »Nur bis zur nächsten Ecke.«
»Wie wär’s, wenn ich ihn hinbringe? In der Zwischenzeit könntest du dich fertig machen. Wir können das Auto um halb neun abholen, hat man mir versprochen.«
Was für eine Entscheidung vor der ersten Koffeinration! Konnte sie ihm Sam anvertrauen? Warum nicht? Wirklich? Und wie war das mit dem Auto zu verstehen? »Ist es denn schon repariert?« Der Mann konnte wohl Wunder wirken.
»Hoffe ich zumindest. Ich habe den Pannennotdienst verständigt, und die haben das Auto zur nächsten Reifenwerkstatt gebracht. Bei meinem Anruf dort wiederum wurde mir versichert, sie würden sich gleich als Erstes darum kümmern.«
Und sie musste das nötige Kleingeld dafür hinblättern. Nun gut, für derlei Notfälle hatte sie ihre Kreditkarte, auch wenn sie sie ungern verwendete. »Ich bin es nicht gewohnt, dass etwas so reibungslos abläuft.«
»Dann freue ich mich, dass ich dir helfen durfte.«
Derlei konnte leicht zur Gewohnheit werden, und sie sollte sich besser davon fernhalten. »Danke.« Sie bedauerte ihre Zurückhaltung, aber was hätte sie sonst sagen sollen, ohne sich noch tiefer auf ihn einzulassen?
»Meinst du, Sam lässt sich von mir zum Bus bringen?«
Sam war überglücklich. Er sprang die Verandatreppen förmlich hinunter, seine Kinderhand fest in Justins Erwachsenenhand geklammert.
Es wäre so einfach, sich diesem Mann anzuvertrauen. Um dann wieder auf sich gestellt zu sein, wenn er wieder nach Hause führe. Nein! Kein zweites Mal! Stella machte die Haustür zu.
Justin sah auf die kleine Hand hinunter, die seine festhielt. Sterbliche waren so zerbrechlich, und Kinder noch mehr. Nicht dass Sam sich selbst als zerbrechlich angesehen hätte; er hätte sich schwer bedankt für eine derartige Unterstellung.
»Ich möchte, dass du alle meine Freunde kennenlernst«, sagte Sam, als sie an der Haltestelle ankamen, an der bereits mehrere Kinder warteten. Sie boten einen erbärmlichen Anblick. Zwei hatten keine Winterkleidung, während ein anderes halb verhungert aussah.
»Das ist mein neuer Freund, Dr. Corvus«, sagte Sam voller Stolz. »Wir waren gestern Abend beide Vampire.«
»Sind Sie ein echter Doktor?«, fragte ein etwas pummeliges Mädchen.
»Ja, ich bin Arzt«, antwortete Justin und vergaß dabei zu erwähnen, dass er es schon gewesen war, lange bevor die Europäer die Neue Welt besiedelten.
»Sie reden so komisch!«, sagte ein kleiner Junge, der aber sofort von einem Mädchen, das wie seine ältere Schwester aussah, mit einem »Pst!« zum Schweigen gebracht wurde.
Sam preschte sofort mit einer Erklärung vor. »Er redet so, weil er Brite ist! Er ist auf Urlaub hier, und er hat Johnny Day so erschreckt, dass der sich in die Hosen gemacht hat!«
Das sorgte mächtig für Aufregung! Die Augen respektvoll geweitet, sagte keiner auch nur ein einziges Wort.
»Ich wäre so gerne auch erwachsen«, sagte ein kleiner Junge nach einem langen Seufzer.
»Wenn du erwachsen wärst, wäre Johnny Day es auch!«, bemerkte das dickliche kleine Mädchen.
»Das ja! Aber dann könnte ich wegziehen und müsste nicht mehr neben ihm wohnen.«
»Hör mal«, sagte der halb verhungerte Junge, »nimm dich bloß in Acht. Johnny Day und seine Bande sind hinter dir her!«
»Justin hat keine Angst vor Johnny Day!«, sagte Sam, der auf Justin nichts, aber auch gar nichts kommen lassen wollte.
Wie wahr, dachte
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