Unsterbliche Lust
zu haben, und sie hoffte, irgendwann zurückzukommen und sie wiederzusehen. Sasha hätte gern etwas über den geheimnisvollen Herbstball geschrieben, aber sie tat es dann doch nicht – einige Geheimnisse blieben besser unerklärt.
Sasha war früh genug am Flughafen, und so hatte sie Zeit, in der Buchhandlung zu stöbern. Sie konzentrierte sich auf das Regal mit den Klassikern und wählte ein Exemplar von
Die Geheimnisse von Udolpho
aus, dann
The Wrongs of Woman
von Mary Wollstonecraft und
Rebecca
von Daphne du Maurier. Die Kassiererin warf einen skeptischen Blick auf das dicke Udolpho-Buch und sah Sasha fragend an.
«Sie sollten es mal lesen», sagte Sasha der jungen Frau. «Es ist ein großartiges Buch.»
Als Sasha es sich in ihrem Sitz bequem gemacht hatte, wurde ihr bewusst, dass sie noch eine ganze Woche Urlaub hatte, was sie unbändig freute. Sie mochte ihren Kolleginnen und Kollegen noch nicht begegnen, besonders Valerie nicht. Ich habe eine Woche Zeit, über meine Zukunft nachzudenken, sagte sich Sasha, und je länger sie nachdachte, desto sicherer wurde sie, dass Werbung und Marketing nicht ihr Ding waren. Sie überlegte, welche Kurse sie an der Uni belegen könnte. Sie kramte ein Notizbuch hervor und schrieb auf, was ihr spontan einfiel.
Zehn Tage später. Sasha hatte sich gerade in die bekannteste New Yorker Universität eingeschrieben. Mit dem Beginn des neuen Semesters würde sie Genealogie studieren. Aufgeregt blätterte sie durch das Kursprogramm. Die Idee, sich der Ahnenforschung zu verschreiben, faszinierte sie – hatte sie nicht gerade einem jungen Mann aus Yorkshire geholfen, seinen Stammbaum bis ins siebzehnte Jahrhundert zurückzuverfolgen?
Es klingelte an ihrer Wohnungstür.
Stirnrunzelnd schaute sie auf die Uhr. Wer sollte um diese Tageszeit etwas von ihr wollen? Zögernd sah sie durch den Spion, und als sie dann die Tür öffnete, schlug ihr Herz schneller: Da standen ein Mann und eine Frau, die zusammen eine schwere Kiste trugen.
Sasha ließ sie eintreten und unterschrieb mehrere Kopien des Lieferscheins und einige andere Formulare. Sie gab der Frau ihre Kreditkarte und trippelte ungeduldig von einem Fuß auf den anderen, während die Frau die Karte abrollte und Sasha die Rechnung zum Signieren hinhielt. Sasha bat aber noch, dass man ihr die Kiste ins Schlafzimmer stellte.
Sobald sie allein war, schraubte sie den Deckel der Kiste auf, wobei einige Fingernägel abbrachen. Schließlich trat sie zurück, um den handgearbeiteten Rahmen und den Sockel des Drehspiegels zu bewundern. Der Sockel war mit kunstvoller Schnitzarbeit verziert, und sie erkannte kaum das Stück wieder, auf dem sie mehr gelegen als gesessen hatte, als Johnny und sie sich so stürmisch geliebt hatten.
Sasha betrachtete sich im Spiegel. Ihre Wangen glühten, die Augen strahlten, die Lippen waren feucht und leicht geöffnet. Sasha trat näher heran und drehte den Spiegel. Sie schluckte schwer und starrte entsetzt auf das Bild. Sie sah nicht nur sich selbst, sondern auch die anmutige junge blonde Frau mit ihren leuchtenden grünen Augen. Aber sie weinte nicht, o nein. Diese Frau strahlte übers ganze Gesicht, sie lachte vor Freude.
Sasha trat noch näher.
O ja, sie lachte.
Informationen zum Buch
Denn alle Lust will Ewigkeit …
In einem Londoner Luxushotel stößt die New Yorkerin Sasha Hayward auf das Geheimnis einer lang vergangenen Liebe. Durch die alten Hotelräume spukt noch immer der Geist der verstorbenen Amalia. Das Schicksal der unglücklich Liebenden beflügelt Sashas erotische Phantasie, und sie macht sich auf die Suche nach den Nachkommen des Liebespaars, um Amalias Seele endlich Frieden zu schenken.
Doch vorher warten leidenschaftliche Begegnungen und verlockende Ablenkungen auf Sasha, und die Suche wird unversehens auch zu einer Erkundung ihres eigenen Verlangens …
Impressum
Rowohlt Digitalbuch, veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, Oktober 2009
Copyright © 2008 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
Die Originalausgabe erschien 1999 unter dem Titel «Haunted» bei Black Lace, New York
Published by Arrangement with Virgin Publishing Ltd.
«Haunted» Copyright © 1999 by Laura Thornton
«Sasha und die Liebenden» Copyright © der deutschen Übersetzung 2000 by Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages
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