Unsterbliche Versuchung 2
zu der Zeit an der Westküste Amerikas lebten, hatte davon Wind bekommen und sich auf die Suche gemacht, um denjenigen, der ihre Existenz in Gefahr brachte, zu eliminieren.
Kaum zwei Jahre zuvor war zwar die Unabhängigkeitserklärung unterschrieben worden, die Sklaverei jedoch, hielt an. Nur wenige Staaten in Amerika hatte begonnen sie nach und nach abzuschaffen. In North Carolina blühte die Sklaverei, zurückhaltend, aber stets existent. Jules, als Dunkelhäutige, war daher wertvolle Beute. Als man das verwahrloste Mädchen am Hafen entdecke, begann die Jagd. Zunächst wurde sie von Sterblichen durch die Hafenstadt gehetzt, denn sie war hübsch und man würde die Männer sicher reichlich entlohnen, doch dank ihrer Kräfte, entkam sie. Die Vampire waren es, die sie zusammengekauert in einer dunklen Ecke entdeckten. Jules hatte keine Chance.
In jener Nacht hatte ich mich auf dem Weg zum Hafen begeben, um herauszufinden wann das nächste Frachtschiff auslaufen sollte. Mir war damals völlig gleich gewesen wohin es fuhr. Ich wäre nach Europa gereist, wenn ich eines gefunden hätte, dass an einer solchen Route festhielt. Ich hätte schwimmen können, doch allein der Gedanke, ließ mich an Ort und Stelle verweilen. Ich mochte das Wasser nicht.
Ich hörte Jules gedämpfte Schreie und als ich sie entdeckte, gefror mir das Blut in den Adern. Vampire hatten sie umzingelt und das junge Ding auf den von Rattenmist übersäten Boden gestoßen, ihr die Kleider vom Leib gerissen. Selbst wenn Jules ihre Kräfte hätte kontrollieren können, gegen vier ausgereifte Unsterbliche war sie machtlos. Ich ebenso wenig. Doch die Wut, die Verachtung, der Hass hatten mir damals unglaubliche Kräfte verliehen. Ich konnte von Glück reden, dass sie einer sehr jungen Generation angehörten. Die Männer waren kaum älter als eine Dekade. Es gelang mir zwei von ihnen zu enthaupten. Die anderen beiden ergriffen die Flucht, da sie erkannten, dass meine Kräfte weitaus stärker waren und ich nicht davor zurückschrecken würde, sie zu töten, nicht, wenn das Leben dieses unschuldigen Wesens auf dem Spiel stand. Nie zuvor hatte ich mich so sehr geschämt, einer solch blutrünstigen, rücksichtslosen Rasse anzugehören. Mitunter einer der Gründe, wieso ich das Land hatte verlassen wollen.
Jules und ich waren einige Jahre zusammengeblieben. Sie hatte die Hoffnung auf eine neue Ära in mir geweckt. In ihr sah ich die Zukunft, die Chance, dass man Vampire formen, sie zur Vernunft bringen könnte, ehe sie zu tief in die verästelten Gefilde ihrer Art abrutschten.
Ich hatte versucht sie auf den richtigen Weg zu bringen, doch die Tortur, die sie auf dem Schiff, das sie nach Amerika gebracht hatte, durchmachen musste, hatte ihr die Kaltherzigkeit eines Vampirs verliehen, der niemals einsehen würde, warum er seinen Blutwirt am Leben lassen sollte, wenn er doch sein gesamtes Blut haben könnte.
Ich hatte mich nie daran gewöhnt von den Menschen oder Meinesgleichen zu trinken. Doch es war ein notdürftiges Übel. Als es Medizinern 1914 endlich gelang, Blut dauerhaft haltbar in Blutkonserven aufzubewahren, hätte ich die ganze Welt umarmen können. Allerdings war der Geschmack grausam und das Blutgerinnungsmittel, dass man hinzufügte, hatte eine dermaßen widerwärtige Note, dass ich Jahrzehnte brauchte, um mich daran zu gewöhnen, ohne mich nach jedem Schluck zu übergeben. Jules hingegen hatte es genossen aus der offenen Vene eines Menschen zu trinken und begonnen das Angenehme mit dem noch viel Angenehmeren, Sex, zu verbinden. Von da an hatten sich unsere Wege getrennt und nur alle Jahrzehnte gekreuzt. Sie war stark geworden, hatte gelernt zu trinken ohne zu töten und begonnen damit Profit zu machen. Ein halbes Jahrhundert lang führte sie in Montana ein verstecktes Bordell, in denen Sterbliche ihre Körper und Lebenssaft anboten und Vampire ein und aus marschierten. Jules war der einzige Vampir, den ich kannte, der sich sein Vermögen selbst erarbeitet hat.
Andere Vampire bereicherten sich an dem Hab und Gut jener, die sie zuvor umgebracht hatten. Allerdings hieß es nicht immer, dass man eine Villa und ein prallgefülltes Bankkonto
erbte
, wenn man seinesgleichen zur Strecke brachte. Mein Erzeuger war von hohem Stand gewesen als ich aus Rache mit einer Heugabel solange seinen Hals bearbeitete, bis der Kopf von den Schultern rollte. Als wohlhabende Kanadierin war es ein leichtes gewesen, in Amerika Fuß zu fassen. Im Gegensatz zu anderen
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