Unsterbliche Versuchung 2
dich auch“, murmelte er.
„Er schläft“, bemerkte Jules sichtlich genervt und verlangte nach meiner Aufmerksamkeit. „Würdest du ihn für ein Sekündchen mal loslassen, damit wir uns unterhalten können?“
Ich schmollte und zerwühlte seine mittlerweile getrockneten Haare. Ich wollte Dan jetzt nicht allein lassen. Die Angst, dass sein Herz wieder stehen bleiben konnte, schmerzte in meiner Brust wie ein brennender Giftpfeil.
„Brandon wird auf ihn Acht geben. Er hat es versprochen.“
„Hast du dich bei ihm entschuldigt?“, murmelte ich und strich mit den Lippen über Dans warme Schläfe. Jules schnaubte.
„Warum? Er hatte es verdient! Seinetwegen wäre dein Schätzchen fast draufgegangen.“
„Das ist Blödsinn! Er hat sein Herz zum Schlagen gebracht, dafür bin ich ihm unendlich dankbar. Davon abgesehen glaube ich nicht, dass Morphium etwas gebracht hätte“, flüsterte ich.
Jules verzog das Gesicht. „Das denke ich auch.“ Brandon tauchte hinter Jules auf und blickte betreten drein. Sein Unterkiefer war stark geschwollen, die Platzwunde an seinem Mund vom Blut verkrustet.
„Wieso heilst du ihn denn nicht?“, rief ich wütend und löste mich so sacht wie möglich aus der wohligen Umarmung, um Dan nicht aufzuwecken. Vorsichtig kletterte ich über die Couch und funkelte Jules zornig an. „Du benimmst dich echt wie ein barbarischer Hinterwäldler“, flüsterte ich, schob sie zur Seite und legte meine Hand an Brandons Unterkiefer. Er zuckte zusammen und stolperte zurück.
„Lass gut sein, Yen. Er sieht es als Selbstbestrafung. Er möchte mit dieser Wunde herumrennen, um sich daran zu erinnern, dass er euch beiden mit seiner Nachlässigkeit in Schwierigkeiten gebracht hat.“
„Du hast ihm das Leben gerettet, Brandon!“
„Pff. Aber nur, weil ich Vorarbeit geleistet habe“, rief Jules brüskiert.
„Du hast ihm die Rippen gebrochen!“, gab Brandon von sich und zog sofort wieder den Kopf ein.
„Er lebt! Das ist das Wichtigste“, versuchte ich die Situation zu retten. Ich war so glücklich wie eine zugedröhnte Biene, die sich in einer prall gefüllten Blüte suhlte. Ich wollte jetzt keinen Streit anfangen. Nicht jetzt, da ich mich so sehr danach sehnte, Dan nach oben in sein Schlafzimmer zu ziehen und ihm zu zeigen wie wichtig er mir war. Gott … mir wurde bei der bloßen Vorstellung schon ganz warm.
„Können wir uns dann jetzt bitte unterhalten?“ Jules sah mich ungeduldig an und nickte Richtung Flur.
Seufzend folgte ich ihr, doch nicht ohne Brandon zu einer Blitzheilung zu zwingen. Sichtlich eingeschüchtert bedankte er sich. „Geh dir das Blut abwaschen, wenn wir wieder zurück sind, okay?“ Er nickte und zu meinem Erstaunen drückte er ganz kurz meine Hand. „Jetzt verstehe ich, was Jules meinte, wenn sie dich als Sterbliche beschimpfte. Du bist so anders.“ Er lächelte aufrichtig, also nahm ich die Bemerkung als Kompliment hin. Immerhin kam sie von einem Menschen. Er war vielleicht doch kein so übler Kerl.
Ich grinste zurück und eilte Jules nach, die sich gegenüber der Küche in dem leeren Zimmer eingefunden hatte und mit vor der Brust verschränkten Armen auf mich wartete.
„Dein Typ“, begann sie sogleich, „Der ist nicht normal.“ Sofort war meine gute Laune dahin und meine Gesichtszüge entglitten. „Hast du seine Augen gesehen? Ich hab gesehen wie er dich angestarrt hat, bevor sein Herz stehen blieb. Yen … was immer er ist, er ist nicht normal. Mir ist ganz kalt geworden, als ich gesehen habe wie er dich anstarrt. Er sah aus wie eine blutrünstige Bestie kurz vor dem Sprung.“
„Nein. Er hatte überhaupt keinen Ausdruck in den Augen“, musste ich mir eingestehen. „Sie waren einfach nur schwarz und emotionslos. Da war … nichts.“
Wir schwiegen. Ich zwang mich, nicht an diesen einen Moment zu denken, in dem ich fast davon überzeugt gewesen war, einen Vampir dort liegen zu sehen. Aber Dan war keiner. Er roch völlig normal, sein Blut war rein, seine Augen funkelten, sein Leben spiegelte sich darin wieder. Der Duft, den sein Körper ausströmte war schlichtweg menschlich.
„Es muss an der Infusion gelegen haben. Vielleicht habt ihr sie vertauscht und ihm etwas völlig Krankes eingeflößt?“
„SEINE AUGEN WAREN SCHWARZ WIE DIE NACHT!“, brüllte Jules und stampfte auf den Boden. „Scheiße, Yen. So etwas habe ich noch nie gesehen. Du solltest ihm einen Fachmann überlassen!“
„Einem Fachmann?“
„Bring ihn zu Chace!“, schlug sie vor. „Er ist der
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