Unten Am Fluss - Watership Down
sprach die meisten von ihnen an und gab sich Mühe, zu zeigen, daß er einige Kenntnis von ihrem Privatleben hatte. Es schien Bigwig, daß die Antworten, die er bekam, nicht besonders herzlich oder freundlich waren, aber er wußte nicht, ob er das auf Abneigung gegenüber Chervil zurückzuführen hatte oder einfach auf den Mangel an Energie, der im Mannschaftsgrad der Efrafa üblich zu sein schien. Er hielt – wie Blackberry ihm geraten hatte – nach allen Anzeichen von Unzufriedenheit oder Rebellion Ausschau, aber er konnte kaum einen Hinweis auf diese Hoffnung in den ausdruckslosen vorbeiziehenden Gesichtern sehen. Am Schluß kam eine kleine Gruppe von drei oder vier Weibchen, die sich untereinander unterhielten.
»Nun, kommst du gut mit deinen neuen Freundinnen zurecht, Nelthilta?« fragte Chervil die erste, als sie an ihm vorüberging.
Das Weibchen, ein hübsches, langnasiges Kaninchen, knapp drei Monate alt, blieb stehen und sah ihn an.
»Du wirst eines Tages selbst gut zurechtkommen, Hauptmann, wage ich zu behaupten«, erwiderte sie. »Wie Hauptmann Mallow – der hatte auch Erfolg, weißt du? Warum schickst du nicht einige Weibchen auf Weite Patrouille?«
Sie machte eine Pause, um auf die Antwort Chervils zu warten, aber er sagte nichts und sprach nicht mit den Weibchen, die Nelthilta auf die Wiesen hinaus folgten.
»Was meinte sie damit?« fragte Bigwig.
»Nun, es hat Kummer gegeben, verstehst du«, sagte Chervil. »Ein Haufen Weibchen im Kennzeichen ›Linker Vorderlauf‹ hat auf einer Ratsversammlung Krach gemacht. Der General sagte, sie müßten aufgelöst werden, und zwei von ihnen wurden zu uns geschickt. Ich habe sie im Auge behalten. Sie machen an sich keine Schwierigkeiten, aber Nelthilta hat sich mit ihnen eingelassen, und das scheint sie frech und nachtragend gemacht zu haben; so ähnlich, wie du's eben gesehen hast. Ich habe eigentlich nichts dagegen – es zeigt nur, daß sie den Druck der Owsla fühlen. Wenn die jungen Weibchen ruhig und höflich würden, wäre ich viel beunruhigter. Ich würde mich fragen, was sie im Schilde führen. Trotzdem, Thlayli, ich möchte, daß du dein Möglichstes tust, gerade diese Weibchen kennenzulernen und sie auf Vordermann zu bringen.«
»Gut«, sagte Bigwig. »Übrigens, wie sind die Regeln über die Paarung?«
»Paarung?« fragte Chervil. »Nun, wenn du ein Weibchen haben willst, kriegst du eins – das heißt, jedes Weibchen im Kennzeichen. Wir sind schließlich nicht umsonst Offiziere, nicht wahr? Die Weibchen stehen unter Befehl, und keiner der Rammler kann es dir verwehren. Bleiben also du und ich und Avens übrig, und wir werden uns kaum streiten. Schließlich gibt es genug Weibchen hier.«
»Ach so«, sagte Bigwig. »Nun, ich werde jetzt zum silflay gehen. Wenn du keine anderen Pläne hast, geh' ich dann herum und unterhalte mich mit einigen vom Kennzeichen, dann mach' ich die Runde bei den Posten und peile die Lage. Was ist mit Blackavar?«
»Laß ihn«, sagte Chervil. »Er geht uns nichts an. Die Owslafa werden ihn hierlassen, bis das Kennzeichen zurückkommt, und danach bringen sie ihn fort.«
Bigwig brach in die Wiesen hinaus auf, war sich der wachsamen Blicke der Kaninchen bewußt, als er vorbeiging. Er fühlte sich verwirrt und besorgt. Wie sollte er seine gefährliche Aufgabe beginnen? Denn beginnen mußte er, so oder so, weil Kehaar klargemacht hatte, daß er nicht bereit war, länger zu warten. Es half alles nichts, er mußte sein Glück versuchen und jemandem vertrauen. Aber wem? Ein Gehege wie dieses hier mußte voller Spione sein. Und wahrscheinlich kannte nur General Woundwort die Spione. Ob ihn ein Spion in diesem Augenblick beobachtete?
»Ich werde einfach meinem Gefühl folgen müssen«, dachte er. »Ich werde ein bißchen herumgehen und zusehen, ob ich Freundschaft schließen kann. Aber eines weiß ich – wenn es mir gelingt, einige Weibchen hier herauszuholen, werde ich diesen armen, unglücklichen Blackavar auch mitnehmen. Frith auf der Brücke! Es macht mich wütend, wenn ich daran denke, daß er gezwungen wird, so dazusitzen! Zum Teufel mit General Woundwort! Ein Gewehr ist zu gut für ihn.«
Knabbernd und grübelnd bewegte er sich langsam über die freie Wiese in der Abendsonne. Nach einer Weile merkte er, daß er sich einer kleinen Mulde näherte, die sehr derjenigen in Watership Down ähnelte, wo er und Silver Kehaar gefunden hatten. In dieser Mulde befanden sich, mit dem Rücken zu ihm, vier Weibchen. Er erkannte
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