Unter dem Banner von Dorsai
wie ich Herren und Meister, die gleich mir auf den Flügeln des Sturmwinds dahinflogen, der durch das Streben der Massen unserer menschlichen Rasse erzeugt wurde. Dieser Sturm konnte uns für Sekunden zusammenkehren und im nächsten Moment äonenweit auseinandertreiben. Doch ich konnte sie sehen und sie mich. Und ich wurde mir bewußt, daß sie nach mir riefen, daß sie mich aufforderten, nicht für mich allein zu kämpfen, sondern mich mit ihnen im gemeinsamen Streben, im gemeinsamen Kampf zu vereinen, um die Schlacht für uns zu entscheiden und die Menschheit aus dem Chaos herauszuführen.
Doch alles in mir sträubte sich gegen diesen Ruf. Ich war zu lange unterdrückt und mit Füßen getreten worden, man hatte mich viel zu lange herumgestoßen. Jetzt aber hatte ich die wilde Freude erlebt, selbst auf den Wogen zu reiten und nicht geritten zu werden, war mir meiner Macht und meiner Fähigkeiten bewußt. Ich wollte das gemeinsame Streben nicht, ich wollte mich dem nicht fugen, um schließlich die Menschheit zum ersehnten Frieden zu fuhren und diesen mit ihr zu erlangen, ich wollte nichts weiter als diesen berauschenden Wirbel, diesen rauschartigen Sog erleben, auf seinen Wogen dahintreiben und ihn beherrschen. Ich war durch die Finsternis, in der mein Onkel lebte, zu lange gebunden und versklavt worden, um jetzt nicht die Freiheit, die mein eigen war, in vollen Zügen zu genießen. Jetzt war ich frei, war ein Meister dieser Welt, und nichts konnte mich dazu bringen, mich freiwillig wieder in Ketten legen zu lassen. Ich streckte die Hand nach den Blitzen aus, nach dem Licht, und spürte, wie mein Griff immer fester und immer umfassender wurde.
Urplötzlich befand ich mich wieder in Mark Torres Büro.
Mark, das Gesicht wie in Stein gemeißelt, starrte mich an. Auch Lisa schaute mit kalkweißem Gesicht in meine Richtung. Unmittelbar vor mir aber saß Padma, der mich mit ruhigem Blick musterte.
„Nein“, sagte er. „Sie haben recht, Tam. Sie können uns hier in der Enzyklopädie nicht von Nutzen sein.“
Ein leiser Laut kam von Lisas Lippen, ein kleiner Seufzer, der sich fast wie ein Schmerzensschrei anhörte. Doch dieser Laut ging im Röcheln von Mark Torre unter, das sich anhörte wie das Röcheln eines tödlich verwundeten Bären, der immer noch versuchte, sich auf die Hinterbeine zu stellen und seine Feinde anzugreifen.
„Nicht?“ sagte er. Torre hatte sich hinter seinem Schreibtisch aufgerichtet und wandte sich jetzt an Padma. Seine geschwollene Rechte lag zur Faust geballt auf der Tischplatte. „Er muß – er muß unbedingt! Es ist zwanzig Jahre her, seitdem jemand im Indexraum etwas gehört hat – und ich werde alt!“
„Alles, was er gehört hat, waren die Stimmen. Und diese haben in ihm keinen Funken gezündet. Sie haben auch nichts gespürt, als Sie ihn berührten“, sagte Padma. Er sprach leise und wie aus weiter Ferne, stieß die Wörter eins nach dem anderen hervor, wie Soldaten, die auf einen Befehl hin marschierten. „Und das, weil nichts vorhanden ist, keine Identität mit den anderen. Er besitzt den ganzen Mechanismus, jedoch kein Einfühlungsvermögen – keine Kraftquelle, die sich damit verbindet.“
„Sie können ihn auf Vordermann bringen! Verdammt noch mal …“ – die Stimme des alten Mannes klang wie eine Glocke, doch er war den Tränen nahe – „… auf den Exotischen Welten könnten Sie ihn heilen!“
Padma schüttelte den Kopf.
„Nein“, sagte er. „Er kann sich nur selbst helfen. Er ist weder krank noch defekt, sondern lediglich etwas unterentwickelt. Irgendwann in seiner Jugend muß er sich von den Menschen abgewandt und in ein dunkles, einsames Tal zurückgezogen haben, und mit den Jahren wurde dieses Tal immer tiefer, dunkler und schmaler, so
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