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Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Titel: Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fuller
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unserer Ecke, direkt an der Grenze nach Mosambik, wo der Ausblick herrlich, aber fast alles andere umso katastrophaler war.
    Im April 1966, dem Jahr, bevor meine Eltern von Kenia nach Rhodesien zogen, griff die Zimbabwe African National Liberation Army ( ZANLA ) die Regierungstruppen aus Protest gegen Ian Smith’ einseitige Unabhängigkeitserklärung (Unilateral Declaration of Independence, UDI ) von Großbritannien an. Der Aufstand wurde rasch und gründlich niedergeschlagen. Sieben ZANLA -Kämpfer verloren ihr Leben. Kein rhodesischer Soldat starb. Abgesehen von dem einen oder anderen Hinterhalt oder Überfall köchelte der Krieg danach leise vor sich hin, bis 1974 im benachbarten Mosambik der Konflikt zwischen den Rebellen der Marxist Front for the Liberation of Mozambique ( FRELIMO ) und den Kolonialportugiesen nach zehn Jahren endete und ein neuer Konflikt seinen Anfang nahm – diesmal zwischen der FRELIMO -Regierung und den von Rhodesien und Südafrika unterstützten Streitkräften der Mozambican National Resistance ( RENAMO ). Als wäre das Aufflackern der Gewalt im Nachbarland ansteckend, gewann nun auch der Krieg in Rhodesien wieder an Schwung. ZANLA -Verbände, die bei der guerillafreundlichen FRELIMO -Regierung in Mosambik Unterschlupf gefunden hatten, kamen über die Grenze nach Rhodesien, legten Landminen aus und überfielen Farmen. Der Krieg wurde für uns so alltäglich wie das Wetter, etwas, das man als gegeben hinnahm und über das man beiläufige Bemerkungen machte: »Puh, diese Woche geht’s wieder ganz schön heiß her.«
    Wir akzeptierten den Krieg als den Preis, den wir für unsere Freiheit zahlen mussten, auch wenn es eine seltsame Freiheit war, die es einem weder erlaubte, über die rhodesische Regierung eine Meinung zu haben, noch kritische Bücher über ihre Politik zu schreiben. Und die der Mehrheit des Volkes weiterhin den Zugang zu öffentlichen Toiletten, Gehsteigen, den besten Schulen und Krankenhäusern, brauchbarem Agrarland und den Wahlurnen verweigerte. Im Rückblick erscheint es mir mehr als klar: Wenn eine Regierung behauptet, »für die Freiheit« zu kämpfen, dann kann man davon ausgehen, dass sie so ziemlich jede Freiheit für die normalen Leute abschafft, um sie für die wenigen, die an der Macht sind, grenzenlos auszuweiten.
    »Patronen, Lippenstift, Sonnenbrillen. Los geht’s. Komm, Bobo, Laufschritt.«
    Weil meine Füße durch zwei Löcher im Boden der Tonne gesteckt waren, konnte ich nicht richtig laufen. Ich watschelte wie ein Pinguin. Vanessa fand das lustig, ihre Lachsalven hallten im Inneren der Blechtonne wider. Mum – Olivia an der Hüfte – führte mich zur großen Tür hinaus, die groben Steinstufen hinunter auf die Veranda. »Stürz bloß nicht ab«, sagte Vanessa und vermochte die erwartungsvolle Erregung in ihrer Stimme kaum zu unterdrücken. Es war sehr heiß in der Büchse, und Schweiß rann in meine ohnehin brennenden Augen und auf den immer stärker juckenden Ausschlag.
    »Mir ist so heiß«, winselte ich.
    »Ein Wort noch«, drohte Mum.
    Wir schlurften durch den Hof zur Auffahrt, und als wir bei Lucy ankamen, unserem minenfesten Landrover, standen wir plötzlich vor einem Problem: Ich passte durch keine Autotür.
    »Auweia!«, sagte Mum. »Eine unvorhergesehene Komplikation.« Sie musste einen Moment überlegen. Ich sah sie vor mir, wie sie sich auf die Unterlippe biss und die Stirn runzelte. Als sie wieder sprach, klang sie ganz beseligt. »Wir packen sie hintendrauf.« Pause. »Darling«, sagte sie, und sie meinte nicht mich, »holst du bitte July und Violet?«
    Vanessa rief July aus der Küche herbei und holte Violet aus der Waschküche. Für allgemeine Heiterkeit war gesorgt, als July und Violet sich Madams erstaunliche Idee eingehen ließen, ihre kleine Tochter in eine alte Insektizidtonne zu stecken. Mum erklärte, als sie in England mit mir in den Wehen lag, sei im Radio der Song »I Never Promised You a Rose Garden« gespielt worden, und das sei ganz eindeutig ein Omen gewesen, denn als sie mich dann sah, hatte ich beim besten Willen nichts mit einem Rosengarten gemein (eine Geschichte, von der Mum auch nicht abrücken wollte, als ich ermittelt hatte, dass der Song von Lynn Anderson erst anderthalb Jahre nach meiner Geburt in die Hitparaden kam und mit Sicherheit in keinem Radio der Welt gespielt wurde, als sie mich bekam).
    »Sie hatte gelbe Haut und schwarze Haare. Deshalb nennen wir sie ja auch Bobo«, erklärte Mum, »weil sie wie ein

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