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Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Titel: Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fuller
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Felsen angucken, der von Raben und schauerlichen, bösartigen Affen übersät war.« Und schließlich erinnert sich Mum: »Und das andere – das Grauenvollste von allem – war das Kostümfest. Entsetzlich, in diesem albernen Kostüm an Deck zur Schau gestellt zu werden. Für mich war das eine Tortur.«
    »Und warum hast du mitgemacht, wenn es so grauenvoll war?«
    »Wir mussten«, sagt Mum. »Die haben uns da raufgeprügelt.«
    »Mit toten Fischen?«, frage ich.
    Mum schaut mich groß an. »Nein, doch nur wenn wir im selben Moment den Äquator überquert hätten.«
    Und siehe da: Mum, inzwischen Anfang dreißig, hatte aus ihren Erfahrungen offensichtlich nicht das Geringste gelernt, als sie mich und Vanessa für das jährliche Kostümfest bei den Davis’ einkleidete, ein Ereignis, gegen das eigentlich nichts einzuwenden gewesen wäre, hätte Mum sich nicht mit martialischem Erfindungsreichtum Kostüme ausgedacht, die wir nur durch ein Wunder überlebten.
    »Warum darf ich nicht wie Vanessa gehen?«, fragte ich.
    »Darum«, sagte Mum.
    »Aber es kratzt so«, beschwerte ich mich.
    Olivia war erst vier Monate alt, zu klein für Lebensbedrohliches, deshalb hatte Mum sie als »Summer of Love« mit einem selbstgebatikten Strampelanzug in den Farben des Regenbogens ausstaffiert. Vanessa ging als »Rose«, hypoallergen und prächtig in einem rosa Ballettröckchen, rosa Strumpfhose und rosa Ballettschuhen. Ich steckte als »I Never Promised You a Rose Garden« nur mit Unterhemd und Schlüpfer bekleidet in einer alten Insektizidtonne, auf der ein paar Bilder mit Unkraut klebten, die Mum aus dem Farmer’s Weekly ausgeschnitten hatte.
    »Kein Mensch kapiert, was das sein soll«, wandte ich ein.
    »Die Klügeren kapieren es«, sagte Mum. »Und jetzt halt still, sonst stech ich dir noch die Augen aus.«
    Das war der Soundtrack zu Mums Versuch, der Tonne mit einer Schere zu Leibe zu rücken.
    »Ich krieg einen Ausschlag«, klagte ich. »Es juckt schon.«
    Mum fing an zu singen: »I beg your pardon, I never promised you a rose garden. Along with the sunshine, there’s gotta be a little rain some time …« Kurze Pause, gefolgt von weiteren gewaltsamen Anschlägen auf die Blechtonne. Dann sagte Mum zu Vanessa: »Geh mir mal aus der Küche ein Messer holen. July soll dir ein schön spitzes geben.«
    »Ich krieg keine Luft mehr«, sagte ich.
    »Ach, reiß dich zusammen, Bobo.«
    »Geht das nicht leichter, wenn ich rauskomme?«
    »Nein, geht es nicht.«
    »Aber dann stichst du mir wenigstens nicht die Augen aus.«
    »Wer sagt was von Augen ausstechen?«
    »Du.«
    »Übertreib mal nicht.«
    Ich hörte Vanessa, die gesittet ins Zimmer zurückgeraschelt kam. »Danke, darling «, sagte Mum. Darling nannte sie immer nur eine von uns, und zwar dann, wenn sie deutlich machen wollte, dass die andere gerade kein Darling war. »Du bist Mummy eine große Hilfe.«
    Sogar in einer Blechtonne ohne Sehschlitze konnte ich sehen, wie die rosaroten Rüschen von Vanessas Röckchen sich plusterten.
    »Jetzt halt still, Bobo.«
    Eine Messerklinge blitzte ein paarmal, dann erschienen zwei Lichtschlitze.
    »Sind die ungefähr vor deinen Augen?«
    »Nein«, sagte ich, aber dann kam mein knappes Entrinnen mir zu Bewusstsein. »Doch!«, rief ich. »Doch, haargenau!«
    »Na also«, sagte Mum. »Ich hol noch schnell die Uzi, und dann fahren wir.«
    Ich holte tief Luft. »Ich will nicht mit«, platzte ich mit all dem Zorn heraus, den ich mit meinen knapp acht Jahren aufbringen konnte. »Ich seh bescheuert aus.«
    »Nimm dich in Acht«, sagte Mum, »oder es setzt eine gehörige Tracht Prügel.«
    Während Mum ihr Schießeisen holte, wog ich eine gehörige Tracht Prügel gegen den Schaden eines Auftritts in einer Schädlingsbekämpfungsmitteltonne bei einem Kostümfest ab. Unter dem Strich kam ich zu dem Ergebnis, dass ich bei dem Kostümfest immerhin mit Sparletta Creme Soda und Willards Chips rechnen durfte und dass die Davis’ keine Frösche in ihrem Pool hatten – oder nur ein paar. In unserer Algensuppe von einem Swimmingpool tummelten sich Wildenten, Skorpione, Tausende von Fröschen und Kaulquappen, gelegentlich sogar Nilwarane. Außerdem war es die letzte Party, bevor ich für immer und ewig aufs Internat musste.
    »Okay«, sagte Mum. Ich hörte sie das Magazin der Uzi checken. Seit einem Jahr war der Krieg in Rhodesien ungemütlich geworden, und die Hinterhalte und Überfälle auf weiße Farmer hatten in letzter Zeit weiter zugenommen, besonders in

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