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Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Titel: Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fuller
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hatte, auf südafrikanischem Land zu leben.
    Meine Großmutter seufzte und blickte mit leisem Bedauern auf ihr leeres Weinglas. »Ach ja?«, sagte sie. »Die Zeit vergeht im Fluge.«
    Flip räusperte sich noch mal. »Bei den Rennen am Dingaan’s Day will ich meinen Cousin Pieter besiegen«, sagte er.
    Meine Großmutter richtete sich auf. Wenn etwas geeignet war, ihr Interesse zu wecken, auch noch im Dunst selbstgekelterten Feigenweins, dann waren es Pferderennen. »Tatsächlich?«
    »Ja«, sagte Flip.
    »Haben Sie ein gutes Pferd?« Meine Großmutter musste aufstoßen und drohte Flip mit dem Zeigefinger. »Nur so gewinnt man nämlich Rennen«, sagte sie. »Mit einem guten Pferd.«
    »Ich habe ein sehr gutes Pferd«, sagte Flip. »Aber ich brauche jemanden, der es reitet. Meine Söhne … ach …« Er vergrub sein Gesicht in den riesigen Händen. »Sie sind nicht gut.« Verzweifelt blickte er meine Großmutter an. »Ich brauche Ihre Tochter.«
    Meine Großmutter hatte noch einen Hickser.
    »Ich bezahle sie«, bot Flip an.
    Entsetzt winkte meine Großmutter ab. »Nein, nein, reden Sie keinen Unsinn.« Der nächste Hickser. »Sie bekommen sie kostenlos. Gratis für gute Freunde. Nur zu. Nehmen Sie sie mit.«
    Am Nachmittag des nächsten Tages kam Flip Prinsloo angefahren und holte Mum ab, um sie auf seine Farm zu bringen. »Unter dem Sitz hatte er eine Flasche südafrikanischen Brandy«, sagt Mum, »aus der er während der Fahrt hin und wieder einen Schluck trank. Er bot mir auch etwas an, aber ich mochte nicht aus einer Flasche trinken, an der ein schäbiger alter Afrikaander rumgeschlabbert hatte.« Als Ersatz kaufte Flip meiner Mutter bei einem Zwischenstopp in der Venus Bar eine Riesentafel Schokolade. Nebenbei ließ er dort auch seinen Brandyvorrat auffüllen. »Ich hab Pickel davon gekriegt«, sagt Mum. »Eine Lektion fürs Leben: Bietet dir jemand Brandy oder Schokolade an, immer den Brandy nehmen.«
    Auf der Farm setzte man Mum allein in ein trübe beleuchtetes Wohnzimmer, während das Essen gemacht wurde. »Alle Möbelstücke waren dicht an die Fußbodenleisten gerückt, und von den Wänden glotzte einen eine Reihe schauerlicher Vorfahren an«, sagt Mum. Das Essen war eine peinliche Veranstaltung: »Eine strenge Ehefrau, zwei schwerfällige Söhne und eine bedrückt dreinschauende Schwiegertochter.« Abgesehen von gelegentlichen Ausbrüchen auf Afrikaans aß die Familie schweigend. »Ich hab kein Wort verstanden, aber es hat geklungen wie ein Mordkomplott gegen mich«, sagt sie.
    Auf gesottenes Hammelfleisch – »Ein Graus«, sagt Mum – folgten aufgewärmter Kaffee und gebratenes Kalbsbries, bis Flip schließlich nach seinem durchgeschwitzten Hut langte und sich vom Tisch abstieß. »Zeit fürs Rennen«, sagte er. Die Söhne wischten sich die Mäuler ab und standen auf. Auch sie griffen nach ihren Rohlederhüten. »Kom«, sagte Flip zu Mum.
    Die Farm lag am Rand des Plateaus, und obwohl die Prinsloos sie seit fünfzig Jahren bewirtschafteten, wirkten die Gebäude schäbig und provisorisch im Angesicht der Überfülle an Himmel und Erde, über die sie gebieten sollten. Der Ort hatte etwas Unheimliches, als trauerte er um ein früheres Selbst. Aus einem grob zusammengezimmerten Stall führte ein Bursche drei Pferde: zwei gewöhnlich aussehende Wallache und eine rotbraune, am Ende ihres Führstricks trippelnde Stute.
    »Dit is jou Perd«, sagte Flip zu Mum. »Violet.«
    Mum war sprachlos.
    »Ich werde nie vergessen, wie ich sie zum ersten Mal sah«, sagt sie. »Ich glaube nicht, dass sie auch nur einmal zwei Hufe zur gleichen Zeit auf dem Boden hatte. Sie war nicht groß, aber sie hatte diese langen, eleganten Beine und eine kraftvolle Brust. Ein Blick auf sie, und ich wusste, dass sie schnell wie der Wind war.«
    »Also«, sagte Flip. »Op jou merka. Der Erste am Ende des Maisfelds hat gewonnen.«
    Ohne Vorwarnung und natürlich ohne auf meine Mutter zu warten, schwangen sich die Prinsloo-Brüder auf ihre Wallache und galoppierten los, am Rand eines Maisfelds entlang. »Diese Afrikaander hatten keine Ahnung, wie man Pferde trainiert«, sagt Mum. »Sie steckten ihnen besonders scharfe Kandaren ins Maul und ritten drauflos wie die Bekloppten.« Mum hüpfte noch auf einem Bein, versuchte, das andere über den Sattel zu schwingen, als Violet losstürmte, den beiden anderen Pferden nach.
    »Keine Ahnung, wie ich oben geblieben bin«, sagt Mum. »Aber ich hab’s geschafft. Irgendwie hab ich mich in den Sattel

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