Unter dem Georgskreuz
Wange.
»Wozu denn das?«
Ferguson sah zu Allday rüber.
Sie kamen nach Hause zurück.
Er lächelte. »Weil du die Feuer schon angezündet hast.« Und dann konnte er’s doch nicht sein lassen. »Und für vieles andere auch, Grace.« Er griff nach seinem Mantel. »Du bleibst doch zum Essen, John?«
Aber Allday machte sich zum Aufbruch bereit. »Die wollen nicht von einer Menge begrüßt werden, wenn sie ankommen.« Doch er wurde sofort ernst. »Aber wenn er mich braucht, bin ich sofort da. Das ist alles, und mehr ist nicht nötig.«
Die Tür fiel hinter ihm zu. Die beiden sahen sich an.
»Er nimmt sich das sehr zu Herzen«, sagte sie.
Ferguson dachte an den Duft von Jasmin. »Genau wie sie!«
Die glänzende Kutsche mit dem Wappen der Bolithos auf der Tür entfernte sich klappernd über den Hof. Funken sprühten von den Reifen auf das Pflaster. Matthew hatte sich schon tagelang auf dieses Ereignis vorbereitet und war mit den Pferden in dem Augenblick zur Stelle, als die Postkutsche von Truro ziemlich sicher vor dem King’s Head in Falmouth hielt. Ferguson blieb noch mal an der Tür stehen. »Hol den Wein, den sie immer so gern trinken, Grace!«
Sie sah ihm nach und erinnerte sich wie gestern daran, als ihn die Preßgang geschnappt und auf ein Schiff des Königs geschleppt hatte. Bolithos Schiff. Und sie erinnerte sich, wie er als Invalide zurückgekehrt war. Sie hatte es nie mit Worten gesagt:
Den Mann liebe ich.
Sie lächelte: »Champagner. Ich weiß nicht, was sie daran finden!«
Jetzt, wo alles bald vorbei ist.
Er hätte ihr sagen können, was Allday gemeint hatte. Doch sie war verschwunden, und er war ganz froh, daß es nun wie ein Geheimnis zwischen ihm und Allday blieb.
Er trat nach draußen in die feuchte, kalte Luft und konnte die See riechen. Heimkehr. Plötzlich war es wichtig, daß darum kein Aufhebens gemacht wurde: Allday hatte das schon richtig begriffen, obwohl er natürlich vor Neugier fast platzte, was wohl als nächstes anlag. Es war, als hätten sie Falmouth nur für einen einzigen Tag verlassen.
Er sah zum letzten Stall hinüber. Dort hob die große Stute Tamara immer wieder ihren Kopf und ließ ihn fallen. Im schummrigen Licht erkannte er deutlich den hellen Fleck auf ihrer Stirn.
Es gab keinen Zweifel mehr. Ferguson ging hinüber und streichelte das Maul des Tieres.
»Sie ist wieder da. Und bestimmt nicht zu früh!«
Eine halbe Stunde später ratterte die Kutsche in die Auffahrt. Der Held und seine Dame, die dem Land einige Skandale geliefert hatten und sich weder um das Übliche noch um Überempfindlichkeiten kümmerten, waren nach Hause zurückgekehrt.
Leutnant George Avery musterte sich kritisch im Spiegel des Schneiders. London kannte er kaum, frühere Besuche hatten ihn fast immer nur mit irgendeinem Auftrag in die Admiralität geführt. Der Schneiderladen lag in der Jermyn Street, zwischen gut besuchten Geschäften und eleganten Häusern. Der Lärm von Pferden und Kutschen kam von draußen herein.
Er war viele Meilen zu Fuß gegangen. Das machte ihm Freude nach der Enge auf dem Achterdeck eines Kriegsschiffs. Er lächelte sein Spiegelbild an; er war richtig müde nach dem ungewohnten Wandern.
Es war schon seltsam und neu für ihn, Geld zu haben und es ausgeben zu können. Es war das Prisengeld, das er vor mehr als zehn Jahren erhalten hatte. Er war damals Erster Offizier des Schoners
Jolie
gewesen, selber eine französische Prise. Er hatte daran gar nicht mehr gedacht. Das schien angesichts des späteren Mißgeschicks unbedeutend. Er war verwundet worden, als eine französische Korvette die
Jolie
aufbrachte, und kam als Kriegsgefangener nach Frankreich. Während des kurzen Friedens von Amiens war er ausgetauscht und nach seiner Rückkehr sofort vor ein Kriegsgericht gestellt worden. Er hatte einen schweren Tadel erhalten wegen des Verlustes seines Schiffes, obwohl er so schwer verwundet worden war, daß er andere nicht daran hindern konnte, die Flagge zu streichen. Als Beobachter der Verhandlung Adam Bolithos hatte er jeden Augenblick seiner eigenen Schande wieder neu durchlebt.
Er dachte an das Haus in Chelsea, in dem er noch wohnte. Ob wohl Bolitho und Catherine bereits in Cornwall waren? Er hatte immer noch Schwierigkeiten, sich damit anzufreunden, ja gar zu genießen, daß er ihr Haus in London nach eigenem Belieben nutzen konnte. Doch auch er würde bald nach Falmouth reisen müssen, um dabei zu sein, wenn Sir Richard seine endgültigen Befehle erhielt.
Seine kleine
Weitere Kostenlose Bücher